Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
hatten. Hinter der Sänfte strahlte das Entsetzen der neu erworbenen Sklaven wie eine spürbare Kraft aus, als sie in Ketten gelegt wurden.
Einige Straßen später ritt ein Mann in dem ausgebleichten Lederwams eines Kuriers zum Beginn der Kolonne; sein gestreifter Zel war aufgrund der angespannten Atmosphäre unruhig. Der Reiter redete kurz mit dem Hauptmann der Akolyten und überreichte ihm ein gefaltetes Papier, bevor er wieder umdrehte und sein Pferd zu einem Galopp antrieb.
Kira las die Nachricht mit wachsender Verwirrung in den Augen.
»Anscheinend hat die Nachricht von unserem Eintreffen mehr als nur Angst in dieser Stadt hervorgerufen. Hör zu, was hier steht: Wenn Ihr Euch heute Abend mit dem Hohepriester Belias trefft, achtet genau auf den Sitz seiner Robe. Darunter werdet Ihr einen Scharlatan finden .«
»Ist es unterschrieben?«, fragte Kirkus, der nicht sonderlich interessiert daran war.
» Ein treuer Untertan von Mhann .«
Kirkus zuckte die Achseln. »Es ist doch überall dasselbe «, bemerkte er herablassend. »Der Hohepriester hat zweifellos Feinde, die sich jetzt, wo du hier bist, um die besten Plätze balgen wollen.«
»Du hast einen klaren Verstand, wenn du ihn einmal einsetzt. Du könntest Recht haben, aber du solltest den
Mann trotzdem ganz genau beobachten. Das ist eine Fähigkeit, die du noch lernen musst – die wahren Gläubigen von den falschen zu unterscheiden. Und du musst lernen, wie du mit denen umzugehen hast, die sich als die falschen erweisen.«
»Wir entledigen uns ihrer. Was sonst soll es da noch zu lernen geben?«, erwiderte er, während er seine Aufmerksamkeit wieder auf die Straßen in der Umgebung richtete. Er suchte noch immer.
»Manchmal verblüfft mich dein Mangel an Fantasie wirklich«, säuselte sie hinter ihrer Maske hervor. »An diesem Mangel müssen wir noch arbeiten.« Sie schnippte mit den Fingern und holte damit den Hauptmann der Akolyten herbei. »Jetzt sollten wir uns zum Haus des Hohepriesters begeben«, befahl sie ihm. »Ich will mich dort eine Weile ausruhen, bevor wir mit dem Mann speisen, der über unsere Stadt herrscht.«
»Wie Ihr wünscht«, erwiderte der Hauptmann und neigte den Kopf.
Die Prozession rumpelte weiter.
»Ich bin gelangweilt «, verkündete Kirkus zu niemand im Besonderen.
Der junge Priester war nur ein Gast bei diesem Festmahl, aber er saß am Kopf des Tisches und stürzte den schweren seratischen Wein wie Wasser herunter.
»Beachtet ihn nicht«, empfahl Kira der Familie, die heute Abend ihr Gastgeber war. »Er ist bloß betrunken.«
Belias, der Hohepriester der Stadt und daher auch ihr Herrscher, nahm diese Bemerkung mit einem kurzen, ein wenig nervösen Lächeln entgegen, während er sich mit einem Taschentuch den Schweiß abtupfte, der sich auf seinem kahlen Kopf gebildet hatte. Heute Abend fühlte er sich seltsam fehl am Platze, obwohl sie im Speisesaal seines eigenen Hauses saßen, in dem er den Gastgeber für diese beiden Personen aus dem fernen Q’os spielte, dem Sitz des Heiligen Reiches von Mhann. Vielleicht lag es an der Art, wie ihn die alte Priesterin ansah. In ihrem Blick lag etwas Unausgesprochenes.
Abermals wünschte er sich, sie würden das Mahl beenden und sich früh zur Nacht in ihre eigenen Zimmer zurückziehen. Belias musste unbedingt mit seinen Bediensteten sprechen und herausfinden, ob die Stadtbevölkerung seine hastig angeordnete Ausgangssperre beachtet hatte. Doch während der letzten beiden Stunden war er mit seinen Gästen an den Esstisch gefesselt gewesen und hatte Interesse am Gerede der alten Frau heucheln müssen, während er andauernd auf die Geschwindigkeit geachtet hatte, mit der sie ihre Speisen zu sich genommen und ihren Wein getrunken hatten, und sie durch einfache Gebete zu größerer Eile anzutreiben versucht hatte. Sie mussten doch inzwischen satt sein, oder?
Neben ihm saß schweigend seine fette Frau. Sie trug feine Farlander-Seide und präsentierte Juwelen, die einer Königin würdig waren – zumindest einer kleineren Provinzkönigin. Erneut warf sie dem schönen jungen Priester einen sittsamen Blick zu, der wie ein König am
Kopfende des langen Tisches saß, und erneut beachtete Kirkus ihre Aufmerksamkeit absichtlich nicht. Auch Belias tat so, als würde er es nicht bemerken. Die Koketterien seiner Frau überraschten ihn nicht. Es hatte sie schon immer zur Macht hingezogen – das war auch der Grund gewesen, warum sie ihn geheiratet hatte.
Er schaute hinüber zu seiner Tochter
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