Farlander - Der Pfad des Kriegers - Buchanan, C: Farlander - Der Pfad des Kriegers - Farlander
Fenster auf das blassblaue Wasser in der Bucht der Winde schaute. Von hier aus waren die Klippen, auf denen das Gebäude des Kongresses stand, nicht zu sehen und erst recht nicht das Elendsviertel namens Untief, das sich um den Fuß der Klippen zog und während der Sturmfluten halb im Meerwasser unterging. Stattdessen war der Blick von hier aus angenehm : Die Luft war heute außerordentlich klar, und alles war deutlich zu sehen, so dass die verschiedenen Landmarken näher erschienen, als sie in Wirklichkeit waren. Ein Geschwader von dreimastigen Kriegsschiffen mit khosischen Flaggen schaukelte auf dem Wasser. Sie befanden sich außer Reichweite der schweren mhannischen Kanonen auf dem gegenüberliegenden Ufer, das von hier aus wie eine Kette aus rostbraunen Bergen aussah, die vom Sonnenlicht gebleicht und mit grauen Befestigungsanlagen gesprenkelt waren. Von hier aus war deutlich zu sehen, dass die Festungen sich vor allem um den dunklen Fleck der pathischen Stadt Nomarl herum drängten, innerhalb deren Hafenanlagen angeblich die Überreste einer mhannischen Flotte verkohlt und verrottet im Wasser dümpelten, nachdem sie bei einem khosischen Überfall vor drei Jahren in Brand gesetzt
worden war. Es war der bisher letzte Angriff gewesen, den die Khosier mit einem gewissen Erfolg durchgeführt hatten.
General Glaub schien das ferne Bild der Festungsstadt zu betrachten. Es wirkte, als wollte er dorthin zurückkehren.
Vermutlich gab er sich einem Tagtraum hin. Bahm stieß mit dem Fuß sanft gegen den des Generals.
»Ja, Erster Minister«, erwiderte Glaub gelassen, als ob er die ganze Zeit hindurch aufmerksam gelauscht hätte. Sein Stuhl schabte über den Boden, als er aufstand und sich an alle Anwesenden wandte. Seine polierte Rüstung spiegelte das Sonnenlicht wider.
»Ich möchte darum bitten, dass wir zu der Frage der Küstenforts zurückkehren. Ihr könnt Euch darüber beschweren, wie Ihr wollt, meine Herren, aber ich will, dass diese Frage hier und heute entschieden wird.«
»General Glaub, das haben wir doch schon so oft durchgesprochen. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass unsere östlichen Forts unterbesetzt sind. Was sollen wir Eurer Meinung denn dagegen unternehmen?«
»Erster Minister, die Forts sind nicht unter besetzt, wie dieser Rat so gern betont. Sie sind so gut wie gar nicht besetzt. Ich möchte betonen, dass sie nur eine Rumpfmannschaft haben, die sie instand hält und nötige Reparaturen durchführt. Keinesfalls reicht das aus, um erfolgreich Widerstand zu leisten. Sie haben nur wenig Schwarzpulver und noch weniger Kanonen, weil alles zur Verteidigung von Bar-Khos und an unsere Südküste abgezogen wurde. Deswegen könnten wir einem Überraschungsangriff
auf unsere Ostküste nichts entgegensetzen. «
»Das setzt voraus, dass ein solcher Überraschungsangriff überhaupt möglich ist, General. Bisher hat uns die dritte Flotte wirksam geschützt. Wir sollten beten, dass es auch weiterhin so sein wird.«
Glaub tat diese Bemerkung mit einer Handbewegung ab. »Erster Minister, die dritte Flotte muss in einem sehr großen Gebiet patrouillieren. Bisher haben wir lediglich Glück gehabt. Da nun der Aufstand in Lagos endlich unterdrückt und der dortige große Hafen gesichert ist, haben die Mhannier eine ausgezeichnete Basis für einen Angriff gegen uns. Wir dürfen uns für unseren Schutz nicht länger auf die Marine verlassen. Erster Minister, wir müssen diese Festungen bemannen!«
Der Erste Minister Chonas, der sowohl Philosoph als auch Politiker war, nahm diese Forderung mit dem ihm eigenen Anstand auf. Er nickte seinem alten Freund und Gegner zu. »Das verstehe ich durchaus, Marsalas. Aber wir haben nun einmal zu wenig Männer. Ihr wisst genauso gut wie ich, dass wir nicht die Mittel haben, weitere Soldaten auszurüsten. Wo sollten wir außerdem diese zusätzlichen Kämpfer finden? Habt Ihr plötzlich dafür eine Lösung?«
»Wir teilen unsere Reserven in zwei gleich große Kontingente und benutzen die eine Hälfte zur Bemannung der Forts.«
Bei diesem Vorschlag kam von überall am Tisch ein Aufschrei des Protestes.
»Das ist wohl kaum eine Lösung, General«, sagte einer
der Anwesenden. Es war Sinese, der Verteidigungsminister und drittmächtigste Mann in ganz Khos. Er hatte die Beine übereinander geschlagen und die in weißen Handschuhen steckenden Hände auf den Elfenbeinknopf seines Spazierstocks gelegt. »Dieses Kabinett wird es nicht erlauben, dass unsere Reserven noch kleiner werden,
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