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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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Unzulänglichkeit des Instruments waren seine Züge zwar nicht einwandfrei auszumachen, aber die breitschultrige Gestalt mit dem finsteren Gesicht kam ihm irgendwie bekannt vor. Wo hatte er diesen Mann schon einmal gesehen?
    Plötzlich fiel es ihm ein. Das Gesicht des Mannes erinnerte ihn an die Fotografien, die er einst von dem berühmten englischen Forscher Sir Richard Burton gesehen hatte. Irgend etwas stimmte ihn nachdenklich. Clemens seufzte. Während das Schiff weiterzog, richtete er das Objektiv des Fernrohres auf die übrigen Gesichter. Er würde sowieso niemals etwas über die wahre Identität dieses Burschen herausfinden.
    Er wäre gerne an Land gegangen und hätte sich mit ihm unterhalten. Es interessierte ihn, ob der Mann wirklich Burton war. Obwohl er sich jetzt schon seit zwanzig Jahren auf dieser Flußwelt herumtrieb und er unzählige Gesichter gesehen hatte, war ihm niemals vergönnt gewesen, auf jemanden zu stoßen, den er von der Erde her persönlich kannte. Er kannte auch Burton nicht persönlich, zweifelte jedoch nicht daran, daß dieser zumindest von ihm gehört hatte. Dieser Mann – vorausgesetzt, er war der, für den Clemens ihn hielt – könnte zumindest eine, wenn auch dünne Verbindung zur nicht mehr existierenden Erde darstellen.
    Und dann, als eine weit entfernte Gestalt in seinen Gesichtskreis trat, schrie Clemens außer sich vor Freude auf.
    »Livy! Mein Gott, Livy!«
    Es konnte keinen Zweifel geben, obwohl ihr Gesicht nicht deutlich zu erkennen war, ihre überwältigende Figur war unverkennbar. Sie mußte es sein. Der Kopf, die Frisur, ihre Art zu gehen, die ganze Gestalt (die so einmalig war, wie ein Fingerabdruck) – all das stürmte auf ihn ein und rief ihm zu, daß es sich in ihr um seine Frau handelte.
    »Livy!« schluchzte Clemens. Das Schiff kreuzte gegen den Wind, und er verlor sie wieder. Hektisch riß er das Fernrohr wieder ans Auge und suchte sie.
    Mit weitaufgerissenen Augen stampfte Clemens mit einem Fuß auf das Deck und brüllte: »Blutaxt! Blutaxt! Komm rauf, aber schnell!«
    Dann wirbelte er herum und schrie dem Steuermann zu, er solle das Schiff ans Ufer lenken. Grimolfsson zuckte zwar zunächst unter der Stimmkraft, mit der Clemens seine Anweisungen gab, zurück; schließlich aber kniff er die Augen zusammen, schüttelte den Kopf und verneinte.
    »Ich befehle es dir!« donnerte Clemens, der jetzt völlig vergaß, daß der Steuermann keine Silbe Englisch verstand. »Das ist meine Frau! Livy! Meine Livy, wie sie aussah, als sie fünfundzwanzig war! Auferstanden von den Toten!«
    Als Clemens hinter sich ein tiefes Grollen vernahm, wandte er sich um und sah auf Deckhöhe einen blondhaarigen Kopf, dem das linke Ohr fehlte, auftauchen. Dann schoben sich Erik Blutaxts breite Schultern, sein gigantischer Oberkörper und sein gewaltiger Bizeps in sein Blickfeld. Er stand auf zwei säulenähnlichen Beinen und machte nun Anstalten, die zu Clemens hinaufführende Leiter zu erklimmen. Erik Blutaxt war mit einem schwarz und grün gemusterten Umhang und einem breiten Gürtel, an dem mehrere Wurfmesser und die Halterung seiner Streitaxt hingen, bekleidet. Die Axt selbst war aus Stahl, ein breites Blatt, ein tödliches Hiebwerkzeug, das auf einem Planeten wie diesem, wo Stein und Holz die einzigen Werkstoffe darstellten, aus denen man Waffen machen konnte, eine Einmaligkeit darstellte.
    Der Wikinger warf einen stirnrunzelnden Blick über den Fluß. Dann wandte er sich Clemens zu und sagte: »Was ist denn los, Smaskitligr? Du hast geschrieen wie Thors Braut in der Hochzeitsnacht, und mir ist dabei vor Schreck der Queue aus der Hand gerutscht. Ich habe an Toki Njalsson eine Zigarre verloren.«
    Er zog die Axt aus dem Gürtel und schwang sie über dem Kopf. Die Sonnenstrahlen warfen Reflexe auf dem blauen Stahl. »Ich nehme an, daß du einen wichtigen Grund hattest, mich beim Spiel zu stören. Ich habe schon Leuten aus geringerem Anlaß den Schädel gespalten.«
    Clemens’ Gesicht erblaßte unter der Sonnenbräune, aber diesmal lag es nicht an der durch Erik ausgesprochenen Drohung. Er warf dem anderen einen wütenden Blick zu und bewegte dabei den Kopf so aggressiv zur Seite, daß er einen Moment lang aussah wie ein zu allem entschlossener Raubvogel.
    »Zum Teufel mit dir und deiner Axt!« brüllte Clemens. »Ich habe gerade meine Frau gesehen, meine Livy; hier am rechten Ufer! Ich muß… Ich verlange, daß du mich an Land gehen läßt, damit ich wieder mit ihr zusammen sein kann!

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