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Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Farmer, Philip José - Flusswelt 02

Titel: Farmer, Philip José - Flusswelt 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auf dem Zeitstrom
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Zeit wieder jung und kräftig war, behagte es ihm immer noch nicht, an großen Feierlichkeiten teilzunehmen. Statt dessen wälzte er Pläne. Selbst jetzt, wo er sich auf den nächsten Gralstein zubewegte, dachte er an eine kleine Eisenbahnlinie, die man von seinem Haus aus bis an die Ufergestade bauen könnte. Aber das würde sie zu lange von wichtigeren Tätigkeiten abhalten. Warum sollte er nicht ein Automobil konstruieren, dessen Motor Alkohol verbrannte?
    Die ersten Leute begannen sich ihm anzuschließen, und von nun an war Sam hauptsächlich damit beschäftigt »Saluton!« oder »Bonan Matenon!« zu sagen. Als er das Ende seines Weges erreicht hatte, überreichte er seinen Gral einem Mann, der ihn in eine der Vertiefungen auf der Oberfläche des pilzförmigen Steins stellte. Als etwa sechshundert der Metallzylinder ihren Platz gefunden hatten, zogen die Leute sich respektvoll zurück. Fünfzehn Minuten später wurde der Felsen von einem ungeheuren Aufbrüllen erschüttert. Blaue Flammen jagten fünfundzwanzig Fuß hoch in die Luft, während der Donner von den Bergwänden zurückgeworfen wurde. Nachdem sie erloschen waren, wurden die Gräle an ihre Besitzer zurückgegeben. Sam ging auf seine »Brücke« zurück und stellte sich die ernsthafte Frage, wieso er noch nicht auf die Idee gekommen war, jemanden damit zu beauftragen, ihm diese lästige Abholpflicht abzunehmen. Die Antwort darauf war, daß jeder Mensch in einer solchen Abhängigkeit von seinem Gral lebte, daß er es einfach nicht zu riskieren wagte, ihn aus den Augen zu verlieren.
    Nach Haus zurückgekehrt, öffnete Sam den Deckel. Die sechs übereinanderstehenden, am Rand des Zylinders befestigten Behälter enthielten die unterschiedlichsten Dinge.
    Der Gral – jeder Gral – verfügte über einen doppelten Boden, in dem sich ein Energie-Materie-Umwandler befand, der für Abwechslung in der Nahrungsfolge sorgte. Heute morgen gab es Eier mit Speck, Toast mit Butter und Marmelade, ein Glas Milch, eine Scheibe einer Melonenart, zehn Zigaretten, einen Marihuana-Joint, einen Würfel Traumgummi, eine Zigarre und ein Fläschchen mit wohlschmeckendem Likör.
    Sam nahm Platz. Er hatte sich vorgenommen, mit Appetit zu essen, aber bevor er dazu kam, fühlte er plötzlich einen Stich in der Magengrube. Als er aus dem Steuerbordfenster blickte (was er beim Frühstück bevorzugte, damit er nicht gezwungen war, auf Cyranos Hütte zu schauen), entdeckte er einen jungen Mann, der auf den Knien vor seiner Behausung hockte. Der Bursche betete, hatte die Augen geschlossen und die Hände gefaltet. Bekleidet war er lediglich mit einem Kilt und dem Rückgratknochen eines Fisches, der an einem Lederband um seinen Hals hing. Er hatte dunkelblondes Haar, ein breitflächiges Gesicht und einen muskulösen Körper. Allerdings waren seine Rippen deutlich zu erkennen.
    Der betende Mann war kein anderer als Hermann Göring.
    Sam stieß einen Fluch aus und sprang so heftig auf, daß der Stuhl, auf dem er gesessen hatte, nach hinten flog. Dann nahm er sein Frühstück und transportierte es von dem Beistelltischchen, an dem er ansonsten seine schriftlichen Arbeiten zu erledigen pflegte, und wanderte damit an den anderen hinüber, der die Mitte des Raumes einnahm. Görings Gegenwart hatte ihm bereits mehr als einmal den Appetit verschlagen, denn wenn Sam etwas im Leben nicht ausstehen konnte, waren es ehemalige Sünder, die plötzlich zu irgendeinem religiösen Glauben gefunden hatten und allen anderen Menschen mit ihrem Bekehrungsgefasel auf die Nerven gingen. Und ein Sünder war Göring zweifellos gewesen. Jetzt allerdings – das war seine Art der Kompensation – führte er sich auf wie ein Heiliger. Zumindest erschien er Sam so, denn Göring selbst pflegte sich ohne Unterlaß als die niedrigste Kreatur des Universums zu bezeichnen.
    Scher dich zum Henker mit deiner aufgeblasenen, arroganten Art der Bescheidenheit, hatte Sam gesagt. Oder zumindest weiter flußabwärts…
    Wäre die Magna Charta, die Sam erstellt hatte (unter dem Protest König Johns, von dem man nichts anderes hatte erwarten können), nicht gewesen, hätte er Göring und seine Jünger längst des Landes verwiesen. Noch vor einer Woche hätte er das mit Leichtigkeit tun können. Aber jetzt gab die Magna Charta, die Verfassung des Staates Parolando, der demokratischsten Gesellschaft in der Geschichte der Menschheit, jedem Bürger absolute religiöse Freiheit und ebenso das Recht, auszusprechen, was er dachte. Das heißt

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