Farmer, Philip José - Flusswelt 02
den Hügeln arbeiteten im Moment nicht. Abgesehen von den aus weiter Ferne herüberdringenden Geräuschen der anderen Produktionsstätten, herrschte hier eine fast paradiesische Ruhe. Aber die Umgebung war alles andere als hübsch. Man hatte die Erde aufgewühlt, die Bäume gefällt, und der Rauch, den die weiter flußaufwärts befindlichen Fabriken erzeugten, lag schwarz und ätzend zwischen den Hügeln.
Van Boom, der aus dem späten zwanzigsten Jahrhundert stammende Ingenieur, dessen Eltern Holländer und Zulus gewesen waren, kam auf sie zu. Er war ein gutaussehender Mann mit bronzefarbener Haut und lockigem Haar, maß beinahe einen Meter neunzig und wog weit über zwei Zentner. Er war während der Blutigen Jahre in einem Eisenbahnzug zur Welt gekommen. Obwohl er sie freundlich begrüßte (er mochte Sam; John tolerierte er nur), war das sonst übliche Lächeln aus seinem Gesicht verschwunden.
»Sie ist fertig«, sagte er, »aber ich möchte, daß Sie sich dennoch meine Einwände anhören. Es ist ein hübsches Spielzeug, macht eine Menge Lärm, sieht ziemlich beeindruckend aus und wird seinen Zweck – Menschen zu töten – erfüllen. Aber ich bin immer noch der Meinung, an diesem ineffizienten Ding meine Zeit vergeudet zu haben.«
»Sie reden wie ein Kongreßmann«, sagte Sam.
Van Boom führte sie durch ein großes Tor in das Innere des Bambushauses, wo auf einem Tisch eine stählerne Handfeuerwaffe lag. Er nahm sie in die Hand. Selbst in seiner überdimensionalen Hand wirkte die Waffe noch groß. Dann ging van Boom an den anderen Leuten vorbei und in das Sonnenlicht hinaus. Sam war verdutzt. Er hatte die Hand ausgestreckt, aber van Boom hatte sie völlig ignoriert. Wenn er vorgehabt hatte, ihnen die Waffe draußen zu demonstrieren, warum hatte er dies nicht gleich gesagt?
»Ingenieure«, murmelte Sam achselzuckend. Man konnte ebenso gut versuchen, die Gedanken eines Maulesels zu lesen: van Booms Vorhaben waren ebenso unergründlich.
Der Ingenieur hielt die Waffe so, daß sich die Sonnenstrahlen auf ihrer silbergrauen Metallhülle brachen. »Diese Pistole hier trägt die Bezeichnung >Mark I<«, sagte er. »Sie heißt deswegen so, weil der Boß der Meinung ist, daß sie so heißen sollte.«
Sams Ärger schmolz dahin wie ein Eisblock, den man in die warmen Fluten des Mississippi geworfen hatte.
»Es handelt sich um eine von hinten zu ladende, einschüssige, mit einem Steinschloß versehene Handfeuerwaffe mit gezogenem Lauf und einer Sicherung.«
Er nahm die Pistole in die rechte Hand und fuhr fort: »Sie wird folgendermaßen geladen: Zuerst den Sicherungshebel auf der linken Seite des Laufes nach vorne drücken. Dadurch wird die Ladeöffnung freigelegt. Dann den Lauf mit der linken Hand nach unten drücken. Das bewegt den Abzugsbügel in den Griff hinein, von wo aus er wie ein Hebel auf den Hammer einwirkt.«
Van Boom griff in einen Beutel, der an seinem Gürtel hing, und brachte ein großes, braunes, halbkugelförmiges Objekt zum Vorschein. »Dies ist eure Bakelit- oder Phenolformaldehyd-Harz-Kugel vom Kaliber sechzig. Sie wird in den Lauf hineingedrückt, bis sie einrastet.«
Dann entnahm er dem Beutel ein Säckchen mit schwarzem Inhalt.
»Dies hier ist eine Ladung Schießpulver, eingewickelt in Zellulosenitrat, ähnlich der Schießbaumwolle. Irgendwann in der Zukunft werden wir anstelle von Schießpulver Kordit verwenden, natürlich nur dann, wenn wir dann noch Waffen dieser Art benutzen. Ich gebe die Ladung mit dem Zündhütchen jetzt in die Kammer. Das Zündhütchen besteht aus mit Schießpulver getränktem Nitratpapier. Nun hebe ich den Lauf mit der linken Hand wieder an seinen Platz. Jetzt ist die Mark I feuerbereit. Sollte in einem Notfall das Hütchen nicht zünden, so besteht auch die Möglichkeit, weiteres Pulver in das Loch einzufüllen, das Sie hier sehen. Im Falle einer Ladehemmung können Sie den Hammer auch mit dem rechten Daumen spannen. Aber achten Sie darauf, daß der auf der rechten Seite entstehende Feuerblitz nicht Ihr Gesicht trifft.«
Inzwischen hatte einer seiner Mitarbeiter eine hölzerne Zielscheibe herangebracht und stellte sie in einer Entfernung von zehn Metern auf. Sie stand auf vier Beinen. Van Boom wandte sich ihr zu, streckte den Waffenarm aus, umklammerte die Pistole mit beiden Händen und sah sich vorsichtig nach allen Seiten um.
»Sie sollten sich hinter mich stellen, Gentlemen«, sagte er dann. »Der Luftwiderstand, dem das Geschoß ausgesetzt ist, wird dessen
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