Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03
erwiderte Burton. »Aber wieso sollten sie mehr wissen als du oder ich?«
»Sie sagen, daß einer der Geister, die diese Welt hier machten, dem Manne erschien, der ihre Kirche gründete. Und dieser Geist habe dem Manne gesagt, es sei so und nicht anders.«
»Vielleicht war der Mann, der dies behauptete, aber auch ein Verrückter oder ein Lügner«, sagte Burton. »In jedem Fall würde ich es vorziehen, mit diesem Großen Geist einmal selbst zu sprechen. Und er würde mir beweisen müssen, daß er wirklich der ist, für den er sich ausgibt.«
»Ich zerbreche mir nicht den Kopf über solche Dinge«, erwiderte der Häuptling. »Es ist besser, sich nicht um die Großen Geister zu kümmern, sondern das Leben zu nehmen, wie es ist, und seinem Stamm nützlich zu sein.«
»Das ist unter Umständen der weiseste Kurs«, sagte Burton.
Aber er glaubte seinen eigenen Worten nicht. Hätte er es getan, hätte dies genau im Widerspruch zu seinem Drang gestanden, der ihn dazu trieb, zu den Quellen des Flusses und jenem legendären Polarsee vorzustoßen, in dessen Zentrum sich ein mächtiger Turm erhob, in dem die geheimnisvollen Schöpfer und Herren dieser Welt lebten.
Der Häuptling sagte:
»Ich will dich nicht beleidigen, Burton, aber ich bin einer jener Menschen, die die Fähigkeit haben, in andere hineinzusehen. Du lächelst zwar und erzählst uns lustige Geschichten, aber in Wirklichkeit quälen dich große Sorgen. Du bist ungehalten. Warum gibst du deinen Plan, mit einem kleinen Schiff stromaufwärts zu segeln, nicht auf und läßt dich irgendwo nieder? Du hast eine gute Frau, und das ist doch im Grunde alles, was ein Mann braucht. Dies hier ist ein guter Platz. Hier herrscht Frieden, es gibt keine Diebe, und es kommt nur ab und zu einmal jemand vorbei. Es ist nicht einmal so, daß die Männer hier sich gegenseitig beweisen müssen, welch großartige Kerle sie sind, wenn sie eine Frau beeindrucken wollen. Jeder Mensch, der einen sensiblen Geist besitzt, müßte sich in dieser Umgebung wohl fühlen.«
»Ich fühle mich nicht beleidigt«, sagte Burton. »Allerdings würdest du dir, um mich voll und ganz verstehen zu können, meine gesamte Lebensgeschichte anhören müssen. Und du würdest es vielleicht noch nicht einmal dann verstehen. Wie solltest du auch, wenn ich mich manchmal selbst nicht begreife?«
Darauf verfiel Burton in Schweigen. Er dachte an den Häuptling eines anderen Stammes, der ihm einst das gleiche erzählt hatte. Es war 1863 gewesen, als Burton, Konsul im Dienste Ihrer Majestät für die westafrikanische Insel Fernando Po und die Bucht von Biafra, den König von Dahomey, Gelele, besucht hatte. Sein Auftrag war damals gewesen, mit dem König dahingehend zu verhandeln, daß er die blutigen Menschenopfer und den Sklavenhandel einstellte. Obwohl es ihm nicht gelungen war, hatte er während dieser Zeit genügend Informationen gesammelt, um darüber ein zweibändiges Werk zu schreiben.
Der trunksüchtige, blutdürstige und lüsterne König hatte ihn ebenso von oben herab behandelt wie der König von Benin, der sogar zu seinen »Ehren« einen Mann hatte während seiner Anwesenheit kreuzigen lassen. Aber wenn man die Umstände berücksichtigte, war er einigermaßen passabel mit ihm ausgekommen. Tatsächlich hatte er Burton bei einem späteren Besuch zum Ehrenhauptmann seiner Amazonengarde gemacht.
Auch Gelele hatte gesagt, daß er zwar ein guter Mann sei – aber zu jähzornig.
Primitive Völker besaßen allgemein eine gute Menschenkenntnis. Und das mußten sie haben, wenn sie überleben wollten.
Monat, der Arkturier, begann, als er sah, daß Burtons Konzentration allmählich nachließ, Geschichten seines Heimatplaneten zu erzählen. Er hatte die Insulaner anfangs etwas verschreckt, denn es war offensichtlich, daß er nichtmenschlicher Abstammung war. Allerdings fiel es ihm nicht schwer, jedem menschlichen Wesen binnen kurzer Zeit klarzumachen, daß er keine Bedrohung darstellte. Ihm blieb auch gar nichts anderes übrig, denn in Situationen wie diese geriet er nahezu jeden Tag, seit er auf der Flußwelt lebte.
Nach einer Weile stand Burton auf und riet seiner Mannschaft, ihre Nachtlager aufzusuchen. Er dankte den Ganopo für ihre Gastfreundschaft und teilte ihnen mit, daß er seinen Plan, einige Tage bei ihnen zu verbringen, geändert habe. An sich hatte er vorgehabt, eine Weile hier zubleiben und die Indianer zu studieren.
»Es würde uns wirklich freuen, wenn ihr eine Weile bei uns bliebet«, sagte der
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