Farmer, Philip Jose - Flusswelt 03
Zwergen. Und sogar die besten Exemplare ihrer Spezies machten da keine Ausnahme. Frigate kannte keine Heiligen, obwohl er zugab, daß es sicher einige gegeben hatte und noch gab. Er war der Ansicht, daß nur Heiligen die Unsterblichkeit vorbehalten sein sollte, aber auch was diese anging, zweifelte er den Heiligenschein eines manchen noch an.
Der heilige Augustin, zum Beispiel. »Arschloch« war das einzige Wort, das ihn richtig charakterisierte. Ein selbstsüchtiges Ungeheuer.
Der heilige Franziskus kam einer Person dieses Status’ schon ziemlich nahe. Aber er war zweifellos psychisch krank gewesen. Die Wunden eines Leprakranken zu küssen, um Nächstenliebe zu demonstrieren? Na wirklich!
Wie seine Frau schon immer gesagt hatte: Nobody is perfect.
Dann gab es da noch diesen Jesus, bei dem niemand zweifelte, daß er ein Heiliger gewesen war. Das Neue Testament sagte allerdings glasklar aus, daß er sich geweigert hatte, die Juden zu retten. Aber schließlich hatten sie ihm auch ziemlich übel mitgespielt. Und deswegen war Paulus (auch ein Heiliger), als er feststellte, daß die Juden nicht bereit waren, den Glauben, für den sie dermaßen hart gekämpft und wegen dem sie schwer zu leiden gehabt hatten, nicht aufgeben würden, sich den Nichtjuden zugewandt. Er mußte einige Kompromisse machen, aber schließlich gelang es ihm doch, das Christentum (das man besser als Paulismus bezeichnet hätte) zu etablieren. Aber auch Paulus hatte seine Eigenheiten gehabt: Wenn man absolute sexuelle Enthaltsamkeit als Perversion wertete, war auch er sicher nicht normal gewesen.
Das machte auch aus Jesus einen Perversen.
Es gab sicher immer wieder Leute, die keinen sonderlich starken Geschlechtstrieb verspürten. Vielleicht hatten Jesus und Paulus zu dieser Minderheit gehört. Oder sie hatten ihren Trieb in etwas anderes, Wichtigeres umgewandelt: den Drang, in den Menschen das Verlangen zu wecken, die Wahrheit zu sehen.
Buddha war möglicherweise auch ein Heiliger. Der Erbe eines Throns, von Reichtümern und Macht, verheiratet mit einer lieblichen Prinzessin, die ihm Kinder geboren hatte, alles hatte er aufgegeben. Das Elend und die Erbärmlichkeit der Armen hatte ihn dazu gebracht, durch Indien zu wandern und die Wahrheit zu suchen. So hatte er den Buddhismus begründet, der schließlich von genau den Leuten zurückgewiesen wurde, denen er versucht hatte zu helfen: den Hindus. Seine Jünger trugen seine Religion in andere Länder hinaus, wo sie Wurzeln schlug. So wie der heilige Paulus die Lehre Jesu aus seinem eigenen Land mitgenommen und ihre Saat unter Ausländern zum Blühen gebracht hatte.
Die Religionen von Jesus, Paulus und Buddha begannen zu degenerieren, noch ehe ihre Gründer in ihren Gräbern lagen. Ebenso wie der Orden des heiligen Franziskus sich korrumpieren ließ, bevor die Leiche seines Gründers erkaltet war.
48
Eines Nachmittags, als die Razzle Dazzle vor einem guten Wind dahinsegelte, erzählte Frigate Nur el-Musafir von seinen Gedanken. Sie saßen gegen die Reling des Vorderdecks gelehnt, rauchten Zigarren und betrachteten faul die Menschen an den Ufern. Frisco-Kid stand hinter dem Steuerruder. Die anderen unterhielten sich oder spielten Schach.
»Das Ärgerliche an dir, Pete – oder eine der Ärgerlichkeiten –, ist, daß du dir zu viele Gedanken über das Verhalten anderer Leute machst. Du stellst ihnen Idealgestalten gegenüber, deren Größe nicht nur sie, sondern auch du schwerlich wirst erreichen können.«
»Ich weiß, daß ich ihre Größe niemals erreichen werde, deswegen gebe ich aber auch gar nicht erst vor, ihnen nachstreben zu wollen«, erwiderte Frigate. »Aber es stört mich einfach, daß andere behaupten, die gleichen Ideale zu haben und nach ihnen zu leben. Wenn ich dann sage, daß sie gerade das nicht tun, werden sie wütend.«
Der kleine Maure lachte. »Sicher. Deine Kritik bedroht ihr Selbstbewußtsein. Wenn man das zerstört, würden sie automatisch mit vernichtet sein. Zumindest nehme ich das an.«
»Das weiß ich«, sagte Frigate. »Deswegen habe ich auch vor langer Zeit damit aufgehört. Ich habe schon auf der Erde gelernt, über solche Dinge zu schweigen. Nebenbei gesagt sind manche von den Leuten, mit denen ich so sprach, nicht nur wütend geworden. Einige haben mir sogar Prügel angedroht oder sind gewalttätig geworden. Und das sind beides Dinge, die ich nicht ertragen kann.«
»Obwohl du selbst ein ziemlich aufbrausender Mensch bist. Ich glaube, daß deine Aversion
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