Farmer, Philip José - Flusswelt 04
ihre Aussagen hätte widerlegen können.
Während Sam über den Fall nachsann und sich wünschte, Sherlock Holmes wäre an Bord, setzte die Nicht vermietbar ihren Weg fort. Drei Tage nach Monats Verschwinden hielt Cyrano de Bergerac das Schiff mit einem Flaggensignal an. Als Sam ihn erblickte, fluchte er. Er hatte gehofft, daß sie sich während der Nacht an ihm würden vorbeischleichen können. Aber da stand er nun, und mindestens fünfzig Angehörige der Besatzung hatten ihn ebenfalls gesehen.
Der Franzose kam lächelnd an Bord, rümpfte seinen stattlichen Zinken, küßte seine männlichen Freunde auf die Wangen und seine weiblichen nachhaltig auf den Mund und rief, als er den Kontrollraum betrat, aus: »Kapitän! Welch eine Geschichte habe ich Ihnen zu erzählen!«
Etwas säuerlich dachte Clemens, daß man das auch von jedem streunenden Hund behaupten könne.
14
Ein Mann und eine Frau lagen im Bett. Ihre Körper berührten sich, aber ihre Träume waren Lichtjahre voneinander getrennt.
Sam Clemens träumte wieder von dem Tag, an dem er Erik Blutaxt getötet hatte. Das heißt, an sich hatte er lediglich die Männer aufgehetzt, von denen einer schließlich seine Lanze in den Bauch des Nordmannes gestoßen hatte.
Sam hatte den im Boden verborgenen Meteoriten lediglich wegen des darin enthaltenen Nickelstahls haben wollen. Ohne dieses Material hätte er das Boot, von dem er so oft geträumt hatte, niemals bauen können. Und jetzt, in seinem Traum, sprach er mit Lothar von Richthofen über das, was getan werden mußte. Joe Miller war nicht dabei, denn der Mann, der einstmals König von England gewesen war, hatte ihn heimtückischerweise entführt. Und flußaufwärts kam eine Invasionsflotte, die sich des gefallenen Sterns bemächtigen wollte. König John befand sich irgendwo flußaufwärts und sammelte eine Flotte, um den Fundort des Nickelstahl-Schatzes zu besetzen. Die Armee, über die Sam verfügte, befand sich nicht nur zwischen zwei Feuern, sondern war auch die kleinste von den dreien. Man würde ihn und seine Leute wie zwischen zwei Mühlsteinen zermahlen. Es gab keine Chance, den Sieg davonzutragen – außer er verbündete sich mit König John. Und wenn Sam wollte, daß er seinen Freund Joe Miller wieder freibekam, hatte er keine andere Wahl, als mit dessen Überwinder Verhandlungen zu führen.
Aber Erik Blutaxt, Sams Partner, hatte sich geweigert, ein solches Bündnis auch nur in Erwägung zu ziehen. Abgesehen davon haßte Erik Joe Miller, denn er war der einzige Mensch, den er je gefürchtet hatte – soweit man Joe überhaupt einen Menschen nennen konnte. Blutaxt sagte, daß seine und Sams Männer hier bleiben und die beiden Invasionsflotten in einem großartigen Kampf zerschmettern würden. Das war natürlich nichts anderes als großmäulige Prahlerei, aber es war nicht auszuschließen, daß der Nordmann an das, was er sagte, wirklich glaubte.
Erik Blutaxt war der Sohn von Harald Haarfager (Feinhaar), jenem Norweger, der zum erstenmal die nordischen Völker vereint und dessen Eroberungszüge die Massenflucht nach England und Island hervorgerufen hatten. Als Harald etwa im Jahr 918 n. Chr. gestorben war, hatte Erik seine Nachfolge angetreten. Aber Erik war nicht beliebt gewesen und hatte selbst in den Tagen blutiger und grausamer Monarchen als Anführer eines Rudels gegolten. Haakon, sein Halbbruder, damals um die fünfzehn Jahre alt, war seit seinem ersten Lebensjahr am Hofe König Athelstans von England erzogen worden. Unterstützt von englischen Truppen hatte er eine norwegische Armee gegen seinen Bruder geführt. Erik war nach Northumbria geflohen, wo König Athelstan ihm die Herrscherwürde verliehen hatte. Aber Blutaxt war nicht lange König gewesen. Laut den norwegischen Chronisten war er 954 bei einem großen Überfall auf Südengland gestorben. Die englische Geschichte behauptete allerdings, man habe ihn aus Northumbria verbannt, und er sei in einer Schlacht bei Stainmore gefallen.
Erik hatte Clemens erzählt, daß die erste Version seines Todes die richtige sei.
Clemens hatte sich dem Nordmann angeschlossen, weil Erik sich im Besitz einer äußerst selten vorkommenden Stahlaxt befand, denn er wollte herausfinden, wo die Quelle dieses Metalls lag. Er hoffte, dort genügend Erz vorzufinden, um einen großen Schaufelraddampfer zu bauen, der ihn an die Quelle des Russes bringen konnte. Erik hielt zwar nicht viel von Sam, aber dafür um so mehr von einer Verstärkung seiner Mannschaft durch
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