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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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Reise“, sagte Francis. „Ich muss unbedingt
nach l. a.“
    „Tut mir leid, Frank, aber das mache ich nicht. Über
ein Studiendarlehen können wir gern sprechen, aber nicht über eine Reise nach
Los Angeles. Warum musst du denn da so dringend hin?“
    „Wegen meinem Vater.“
    Ryans gebräuntes Gesicht wurde um eine Nuance blasser.
„Woher weißt du etwas über deinen Vater?“
    Es war Zeit, den Trumpf auszuspielen. Francis griff
in die Tasche, holte den Brief seiner Mutter heraus und gab ihn Ryan zu lesen.
    Als dieser fertig war, sah er auf. „Wie viel willst
du?“
     
    Lieber Frankie,
     
    es ist Zeit, dass du die Wahrheit erfährst. Die
Wahrheit über alles. Ich weiß, wer dein Vater ist, ich habe es immer gewusst.
Weil ich auch nach Jahren des Überlegens nicht sicher bin, wie ich es dir sagen
soll, mache ich es wenigstens kurz. Ich habe dir den Namen deines Vaters nicht
verschwiegen, weil er nur eine schnelle, belanglose Affäre gewesen wäre. Im
Gegenteil, ich habe mir deinen Vater damals sogar bewusster ausgesucht, als es
wohl die meisten Mütter getan haben. Allerdings habe ich nie mit ihm
geschlafen und ihn auch nie kennengelernt.
     
    Du warst ein Retortenbaby, Francis.
     
    Ich konnte es dir einfach nicht früher sagen. Aber
du bist kein normales Retortenkind, falls dich das tröstet. Du hast besondere
Gene.
     
    Es war damals eine andere Zeit. Das wirkliche Leben
war nicht meine Stärke. Mit den Männern, die ich kennenlernte, hatte ich kein
Glück, das Studium fühlte sich falsch an, und der Job bei den Cheerleadern
machte mir kaum noch Spaß. Ich hatte das Gefühl, nirgendwo einen Platz zu
haben, langsam abzudriften.
    Damals stieß ich in der Times auf eine
Anzeige des Milliardärs Warren R Monroe. Dir wird der Name nicht viel sagen,
aber zu seiner Zeit war Monroe sehr bekannt. Er suchte nach jungen Frauen und
kinderlosen Ehepaaren für ein Experiment, das die Welt verändern sollte.
    Inklusive guter Bezahlung. Ich hatte nichts zu
verlieren und fuhr hin. Das Treffen fand in Monroes Klinik im Zentrum von L. A. statt.
Außer mir waren noch achtzig Frauen da, aber auch bestimmt hundert Ehepaare. Offenbar
waren gleich mehrere Anzeigen geschaltet worden. Mr. Monroe meinte, dass der
intelligente Mensch auszusterben drohe. Während die Akademiker sich nicht mehr
richtig vermehren, sondern nur noch Karriere machen würden und gerade Genies
oft ohne Nachkommen seien, würden die Dummen ein Kind nach dem anderen in die
Welt setzen. Dem wolle er etwas entgegenstellen. Er habe deshalb Unsummen
ausgegeben, um die Samen von diversen Nobelpreisträgern und genialen Wissenschaftlern
zu kaufen. Wie wir erfuhren, hatte er Anfang der Achtziger die Samenbank der
Genies gegründet, die ersten Kinder waren bereits ein paar Jahre alt. Monroe
hatte vor, eine neue genetische Elite zu züchten, und seitdem war er immer auf
der Suche nach klugen und verschwiegenen Frauen, die ihm diese Kinder zur Welt
bringen sollten.
    Heute kommt es mir wahnsinnig vor, aber Monroe
konnte einfach diese Pionierstimmung entfachen. Nach einem Vortrag von ihm war
man sich sicher, an etwas Großem teilzuhaben. Zudem erhielten alleinerziehende
Mütter eine Art Stipendium und wurden auf Jahre hinaus finanziell abgesichert.
Ich war damals so naiv, ich dachte, ich kann mit dem Geld ein neues Leben anfangen,
ein Leben, das endlich einmal etwas bedeutet, in dem ich ein Kind habe und
Verantwortung trage. Und so kam es, dass ich nach einer längeren Testphase für
geeig net
erklärt wurde und in der Monroe-Klinik den Samen eines genialen Menschen
eingepflanzt bekam. Neun Monate später kamst du zur Welt. Mein kleines Genie.
     
    Normalerweise wussten wir Mütter nicht, von wem der
Samen stammte. Es hieß, dass alle Spender gutaussehend, gesund und athletisch
seien. Sie hatten Decknamen wie Donor Brian oder Donor Oswald, dazu gab es vage
Informationen über den Beruf, den IQ und ihre Interessen. Mehr war nicht bekannt. Monroe sagte
immer: „Stellt euch einfach vor, es ist Einstein persönlich!“ Doch mir reichte
das nicht, ich wollte unbedingt wissen, wer dein Vater ist. Natürlich war das
beinahe unmöglich, schließlich hatte Monroe damals jedem einzelnen Spender
nicht nur viel Geld gezahlt, sondern vor allem garantiert, dass sein Name
niemals genannt würde. Aber es gab da einen Assistenten von Monroe, ein
unscheinbarer Typ namens Andy, der in mich verliebt war. Er stahl die Akte über
deinen Vater aus Monroes Büro. Ich bekam endlich ein Foto und

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