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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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mein
Stiefvater einen für ihn sehr guten Ehevertrag hatte, das war bei der Scheidung
natürlich schlecht für uns.“ Francis kratzte sich am Kinn. „Wie's aussieht, hat
er meine Mutter eben einfach nicht mehr geliebt, allerdings war sie damals auch
schon ein bisschen depressiv, das wussten wir aber noch nicht. Sie hatte
Phasen, in denen sie sich von uns zurückgezogen hatte und nur in ihrem Zimmer
war. Damit konnte mein Stiefvater wahrscheinlich nicht umgehen.“
    „Und was war mit dir?“
    Francis spielte mit seinen Fingern. „Du weißt nicht,
wie meine Mom früher war. Sie war liebevoll und auch sehr lustig. Sie konnte
alle möglichen Leute parodieren, und in Risiko oder Monopoly war sie unschlagbar.“ Er dachte daran, wie seine Mutter
und er zusammen gegen Nicky und Ryan gespielt hatten. Sie hatten die beiden
heimlich das „Team Liliput“ genannt, weil sie so klein gewesen waren. „Komm,
wir machen die beiden Zwerge fertig“, hatte seine Mom ihm zugeflüstert und
gelacht.
    „Ich hab keine Ahnung, warum sie in den letzten
Jahren so geworden ist“, sagte er. „Vielleicht hat sie die Krankheit ja wirklich
geerbt, vielleicht hat sie bloß bereut, dass sie ihr Studium abgebrochen hat,
oder was ganz anderes. Es ist nur einfach alles...“ Er schloss die Augen und
sah seine Mom regungslos auf dem Boden liegen und ihr benebeltes Gesicht, als
sie wieder zu sich gekommen war. Francis spürte, dass seine Sicht verschwamm.
Es war ihm peinlich, er sah zum Fenster.
    Um etwas zu sagen, weihte er Anne-May in den Abschiedsbrief
seiner Mutter ein und dass er morgen nach l .a. aufbrechen würde, um diesen Donor James zu finden.
    Anne-May ließ von ihm ab. Francis musterte sie.
Irgendetwas stimmte nicht mit ihr. Sie schien nachzudenken, und wie so oft,
wenn sie nervös oder unsicher war, bewegten sich ihre dunkelgrünen Augen hin
und her. Immer wieder, rastlos.
    Dann fixierten sie ihn. „Und wenn du mich
mitnimmst?“
     
    Nein, das konnte er nicht machen! Er hatte genug Probleme,
und überhaupt - wie sollte das gehen? Aus ihrer Station kam man nicht so
einfach raus. Die Türen waren gesichert, und sie hatte nur eine halbe Stunde
am Tag, in der sie in Begleitung eines Pflegers im angrenzenden Park spazieren
gehen durfte.
    „Du musst mich aber mitnehmen!“, sagte sie. Sie
hatte Tränen in den Augen, ihr schwarzer Lidstrich begann zu verlaufen. „Wenn
ich noch länger hier drinbleibe, dann dreh ich durch, dann bring ich mich
wirklich um. Ich kann diese kaputten Leute hier nicht mehr sehen, ich kann dieses
Essen hier nicht mehr ausstehen, ich will nicht von meinem Vater besucht
werden, und ich ertrage diese Tabletten und Therapiesitzungen nicht mehr. Ich
bin neunzehn, und die behandeln mich hier wie ein Kind!“
    Neunzehn war sie also. „Tut mir leid“, sagte
Francis. „Das geht einfach nicht. Wenn ich dir hier zur Flucht verhelfe, dann
suchen sie wahrscheinlich nach uns!“
    „Ach, so ein Unsinn, Dean ... Die suchen nicht nach
uns. Außerdem lebt in San Francisco meine Nana, die möchte ich unbedingt
sehen.“
    „Trotzdem, es geht wirklich nicht“, sagte er noch
einmal und rückte von ihr weg. Er schloss die Augen und versuchte sich zu
beruhigen. Sein Atem wurde trotzdem schneller. Das lag an Anne-Mays Hand, die
gerade an seinem Gürtel vorbei in seine Hose geglitten war. Er hielt die Augen
noch immer geschlossen, während er steif wurde. Sie umfasste ihn mit der einen
Hand, mit der anderen fuhr sie an Francis' Wange entlang und drehte sein
Gesicht zu sich rüber.
    „Schau mich an!“, sagte sie leise.
    Er öffnete die Augen. „Was machst du da?“, fragte
er, aber es klang armselig und unbeholfen. Anne-May hatte vielleicht nur eine
Waffe, aber was für eine.
    Es war das erste Mal seit langem, dass Francis einer
Frau wieder so nahe kam, und er fühlte sich, als habe er alles vergessen. Dabei
hatte er bereits als Zehnjähriger die ersten Mädchen geküsst und auch danach
ständig Freundinnen gehabt. Vor zwei Jahren hatte er beinahe mit Jenny Meyer
aus seiner Klasse geschlafen. Allerdings hatte sie im letzten Moment einen
Rückzieher gemacht und ihn auf ein anderes Mal vertröstet, zu dem es dann
jedoch nicht mehr gekommen war. Damals hätte er nie im Leben gedacht, dass er
mit fast achtzehn noch immer Jungfrau sein könnte.
    Anne-May lächelte. „Du hast es noch nie getan,
oder?“
    „Ich hab ... Es gab da ...“
    „Das können wir ändern!“ Die Hand in seiner Hose
fing an, an seinem Schwanz zu reiben.

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