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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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Detektivfilm. Anfangs habe ich mich nicht getraut, zu
ihnen rüberzusehen. Mein Vater schien ein lustiger, liebevoller Mann zu sein,
ich sah, wie er seine Frau küsste und mit seinen Kindern herumalberte. Meinen
Halbgeschwistern, wenn man so will. Die ältere Tochter sah mir tatsächlich zum
Verwechseln ähnlich, die gleiche Nase, der gleiche Mund. Ich hörte, wie sie
über einen Kinofilm sprach, den ich auch gesehen hatte. Es war ein surrealer
Moment. Sie wirkten alle so glücklich da drüben. Je länger ich neben dieser
Familie saß, desto größer wurde mein Wunsch, zu ihnen zu gehen und mich mit
ihnen zu unterhalten. Aber ich konnte einfach nicht, ich gehörte nicht dazu.
Schließlich zahlten sie. Ich sah ihnen nach, war noch völlig überwältigt von
diesem Abend. Da kam plötzlich mein Vater zurück, er hatte seine Brille
liegenlassen. Als er sie aufsetzte, blickte er direkt zu mir. Ich konnte kaum
atmen, war wie paralysiert. Ich dachte, er muss doch erkennen, wie ähnlich ich
seiner Tochter sehe, er muss doch begreifen, dass da sein Kind vor ihm sitzt.
Aber er sah nur kurz her und ging dann wieder raus.“
     
    Der Artikel endete damit, dass Laura nach dieser
Begegnung ihr Leben geändert habe. Sie sei von Minneapolis nach Oregon
gezogen, um ihrer Schattenfamilie näher zu sein. Sie habe ihrem leiblichen
Vater einen Brief geschrieben und warte jetzt voller Hoffnung auf eine Antwort
von ihm.
    „Er hat sich nie bei ihr gemeldet“, sagte Alistair.
    Francis schreckte hoch. Er hatte nicht bemerkt, dass
er beim Lesen beobachtet wurde. „Kennst du diese Laura?“, fragte er.
    „Ja, ganz gut sogar. Sie war zweimal bei mir.“
    „Und wie ist sie so?“
    Alistair nahm den Basketball, der auf dem Boden lag,
und dribbelte damit herum. „Liebenswürdig“, sagte er. „Ein wirklich nettes
Mädchen, aber die Sache mit ihrem Vater hat sie verändert. Laura ist dadurch
irgendwie ... gebrochen worden. Sie wird bis an ihr Lebensende darauf hoffen, dass
ihr richtiger Vater sich meldet, aber er wird es niemals tun. Manchmal glaube
ich, dass sie daran zugrunde gehen wird.“
    Alistair warf ihm den Basketball zu.
    „Kann man da nichts machen?“ Francis warf den Ball
wieder zurück.
    „Nein, wie denn? Ihr Leben ist einfach schlecht
gelaufen, von Anfang an. Sie hat sich zu sehr an diese Sache mit ihrem Vater
geklammert. Wirklich schade, denn ich mag sie sehr. Sie schreibt mir manchmal
Mails, immer mit so komischen Links zu spielenden Katzen oder Songs, die sie
gerade gern hört.“
    Alistair dribbelte noch ein paarmal mit dem
Basketball durchs Zimmer, dann setzte er sich aufs Bett und klappte einen
Laptop auf.
    Francis dagegen konnte sich einige Momente lang
nicht rühren. In dem Artikel stand, dass man Samenbankkinder auch Frozen Angels nannte.
Er starrte auf diese beiden Wörter, bis sie vor seinen Augen verschwammen und
er das Gefühl hatte, sich hinlegen zu müssen. Da klingelte es an der Tür.
    Alistair, der eine Schachpartie gegen einen
Großmeister aus Tschechien spielte und nebenher im Netz surfte, stand auf und
öffnete. „Scheint für dich zu sein“, rief er Francis vom Gang aus zu.
     
    3
     
    Die erste Begegnung zwischen Alistair Haley und
Grover Chedwick brachte Francis zum Lachen. Sie hatten beinahe das gleiche
Brillenmodell, waren gleich schlecht angezogen und begannen bizarrerweise
sofort eine Art kurze Abfrage über mathematische Probleme. Wie zwei Hunde, die
sich beschnüffelten. Francis hörte nur noch Wortfetzen wie „Collatz-Problem“
oder „Hasse-Algorithmus“. Er hatte dabei allerdings den Eindruck, als könne
sich Grover nur mit Mühe im Spiel halten, während Alistair nebenher noch
seine Schachpartie weiterführte und, wie es aussah, gewann.
    Anne-May machte mit Grovers Kamera ein Foto von den
beiden, wie sie diskutierten; Grover konzentriert, Alistair lässig rauchend,
mit dem Laptop auf dem Schoß. In vierzig Jahren, wenn beide den Nobelpreis
gewonnen hätten, wäre es vermutlich mal sehr viel wert.
    „Einen interessanten Freund habt ihr da“, sagte
Alistair in die Runde, als sie ihr Gespräch endlich unterbrachen. Er wandte
sich wieder Grover zu. „Wo studierst du?“
    „Ich hab noch nicht angefangen. Aber wahrscheinlich
werde ich in Yale studieren.“
    „Ach, ist ganz nett da, die haben mir ein Stipendium
angeboten.“
    „Und wann warst du dort, Alistair?“
    „Ich war nicht da.“
    „Wo dann, in Harvard?“
    „Ich hab auf dem Mills College studiert!“
    „Nie gehört“, sagte

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