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Fast genial

Fast genial

Titel: Fast genial Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedict Wells
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waren alle
bei Mr. Monroe gelagert. Kurz vor seinem Tod hat er die Unterlagen verbrannt,
um die Spender zu schützen. Und von einem Dr. Doble habe ich noch nie gehört.
Ich fürchte, wir können Ihnen da leider nicht weiterhelfen.“
    Francis sah seine ganze Hoffnung binnen Sekunden
schwinden. „Und wissen Sie vielleicht, wer das kann?“
    „Nein, tut mir leid, ich kann Ihnen wirklich
nicht...“
    Ihr Mann hustete. „Zu diskutieren wäre“, begann er
einfach, „wie man das volle Potential des Menschen nutzen kann. In einem
einzelnen Menschen steckt die Energie von dreißig Atombomben, doch es fehlen
die Mittel, um diese Energie freizusetzen. Wenn man doch nur einen Weg finden
könnte, dann wäre das Energieproblem der Welt gelöst. Man könnte einfach die
Minderleister als Batterien verwenden.“
    Er sah die anderen fragend an, doch noch bevor diese
verlegen wegblicken konnten, hatte er alles wieder vergessen. Er tätschelte
seiner Frau das Knie und sagte mit überraschender Liebenswürdigkeit: „Könnte
ich einen Tee haben, Schatz? Ich habe seit Stunden nichts mehr getrunken, bei
diesen Temperaturen trockne ich sonst noch aus.“ In seiner linken Hand
schwankte die halbvolle Tasse von vorhin.
     
    3
     
    Sie waren wieder auf dem Highway, noch hundert
Meilen bis Los Angeles. „Wie ist es gelaufen?“, fragte Grover.
    Francis gestand, dass er noch immer nicht wusste, ob
Doble wirklich der Name seines Vaters war. Dass außerdem alle Unterlagen
verbrannt worden waren, war ein harter Schlag. Nun war er darauf angewiesen,
dass sie ihm in der Monroe-Klinik weiterhalfen. Aber was, wenn sie das nicht
konnten oder wollten?
    Wie immer, wenn die Dinge schwierig waren und er aufgeben
wollte, dachte er an das, was sein Nachbar Toby mal zu ihm gesagt hatte, als er
bekifft gewesen war.
    „Das Wichtigste ist, dass du deine ganzen
beschissenen Träume und Hoffnungen packst und sie nie mehr loslässt“, hatte er
gesagt. „Du kannst schreien, du kannst verzweifeln, du kannst winseln. Doch
selbst wenn du schon kaum mehr an dich glaubst, du darfst sie nicht loslassen. Denn wenn
du's tust, dann ist's aus, Kleiner. Ab dem Zeitpunkt ist dein Leben vorbei.
Dann kannst du zwar noch jahrelang durch die Welt wandeln, aber innerlich bist
du längst tot... so wie die meisten hier.“
     
    Sie erreichten l. a . am Nachmittag. Die Stadt war brutal heiß, grau,
versmogt, der mehrspurige Verkehr kam nur schleppend voran. Grover rammte
einmal fast einen Chrysler. Im Radio lief ein Song von Eric Burdon und den Animals.
Francis horchte auf, es war eines der Lieblingslieder seiner Mutter. Er
erinnerte sich, wie sie in der Küche gestanden und mitgesungen hatte:
     
    When I was young
    it was more important.
    Pain more painful,
    the laughter much louder
    When I was young.
     
    Francis schämte sich,
dass er seine Mutter noch nicht von unterwegs angerufen hatte. Tausendmal hatte
er es sich schon vorgenommen. Er wusste, dass sie viel lieber hier im Westen
leben würde, wo sie geboren war. Doch jetzt, da er das Geld verspielt hatte,
waren das wohl nur noch Hirngespinste.
    Auf der Fahrt beobachtete Francis wieder alle
Männer, die sein Vater hätten sein können. Als sie an einer roten Ampel
standen, entdeckte er schließlich das Profil eines großen, kantigen Mannes Ende
vierzig, das ihm recht ähnlich sah. Er trug einen Anzug und hatte eine
randlose Brille. Das ist er, durchzuckte es Francis. Aber dann wandte ihm der
Mann das Gesicht zu, und er sah, dass er sich getäuscht hatte.
     
    Die Monroe-Klinik befand sich downtown. Als Francis
auf das Gebäude zuging, funkelte die dunkle Außenfassade in der Sonne. An den
Ort seiner Zeugung und Geburt zurückzukehren war ein seltsames Gefühl. Er
versuchte sich seine Mutter vorzustellen, wie sie noch ganz jung war und sich
mit den anderen Frauen einen Vortrag von Monroe anhörte, oder Dr. Doble, wie
er hier vor zwei Jahrzehnten über den Parkplatz lief. Alles, was vor kurzem noch
so beruhigend weit weg schien, war plötzlich ganz nah.
    An der Information erfuhr Francis, dass sich die
Klinik inzwischen auf kosmetische Operationen spezialisiert hatte. Im Foyer
rauschte ein künstlich angelegter Bach, aus Lautsprechern klang Musik, und
überall schien es Flachbildschirme, Wasserspender und Pflanzen zu geben.
Schnell wurde ihm klar, wie aussichtslos sein Plan war. Das Gebäude war wie
ein Labyrinth, er irrte von einer Vorzimmersekretärin zur nächsten. Alles, was
er vorzuweisen hatte, waren ein paar Artikel

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