Fast geschenkt
Personal Investment Periodical... und bei Annuities Today...«
»Annuities Today«, wiederholt Michael ungläubig. Als ich sein Gesicht sehe, muss ich unwillkürlich lachen. »Becky -interessieren diese Jobs Sie wirklich? Hätten Sie tatsächlich Spaß daran?«
Ich will gerade mit meiner Standardantwort parieren -»Private Geldangelegenheiten sind interessanter, als Sie glauben!«, als mir klar wird, dass ich keine Lust mehr habe, ihm etwas vorzuspielen. Private Geldangelegenheiten sind nicht interessanter, als man glaubt. Sie sind genauso langweilig und trocken, wie man glaubt. Selbst bei Morning Coffee wurde es für mich immer erst dann richtig interessant, wenn die Anrufer anfingen, über ihre Beziehungen und ihr Familienleben zu sprechen.
»Was glauben Sie denn?«, sage ich stattdessen und trinke noch einen Schluck Wein. Michael lehnt sich zurück und tupft sich mit der Serviette den Mund ab.
»Und warum bewerben Sie sich dann dafür?«
»Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll.« Ich zucke ohnmächtig mit den Schultern. »Private Geldangelegenheiten sind das Einzige, das ich je gemacht habe. Ich bin total festgelegt.«
»Darf ich fragen, wie alt Sie sind, Becky?«
»Sechsundzwanzig.«
»Festgelegt. Mit sechsundzwanzig.« Michael schüttelt den Kopf. »Das glaube ich kaum.« Er trinkt einen Schluck Kaffee und sieht mich prüfend an.
»Wenn sich Ihnen in Amerika ein Job anbieten würde«, sagt er. »Würden Sie den annehmen?«
»Ich würde alles nehmen«, sage ich ehrlich. »Aber wer sollte mir jetzt noch in Amerika einen Job anbieten?«
Schweigen. Dann nimmt sich Michael ganz langsam ein Stück Pfefferminzschokolade, wickelt es aus und legt es auf den Rand seiner Untertasse.
»Becky, ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen«, sagt er und sieht auf. »In meiner Werbeagentur brauchen wir jemanden für die Leitung der Unternehmenskommunikation.«
Ich starre ihn an. Meine Kaffeetasse verharrt auf halbem Weg zu meinem Mund. Ich wage nicht einmal zu hoffen, dass er damit das meint, was ich glaube, das er meint.
»Wir brauchen jemanden mit redaktioneller Erfahrung, der den monatlichen Newsletter betreuen und koordinieren kann. Was das angeht, wären Sie hervorragend geeignet. Wir brauchen aber auch jemanden, der gut mit Menschen umgehen kann. Jemanden, der mitkriegt, was los ist, der sicherstellt, dass die Mitarbeiter happy sind, jemanden, der dem Vorstand über eventuelle Probleme berichtet...« Er zuckt mit den Schultern. »Offen gestanden, kann ich mir niemanden vorstellen, der dafür besser geeignet wäre als Sie.«
»Sie... Sie bieten mir einen Job an«, sage ich fassungslos, während ich gleichzeitig versuche die in mir keimende Hoffnung und die wachsende Aufregung zu unterdrücken. »Aber... aber was ist mit der Daily World? Mit meiner... Einkauferei?«
»Ist mir doch egal.« Michael zuckt mit den Schultern. »Dann gehen Sie eben gern einkaufen. Ich gehe gern essen. Nobody‘s perfect. Solange Sie nicht auf irgendeiner internationalen Fahndungsliste stehen...«
»Nein. Nein«, beeile ich mich zu sagen. »Und außerdem bin ich gerade dabei, das alles in Ordnung zu bringen.«
»Und was ist mit der Einreisegenehmigung?«
»Ich habe einen Anwalt.« Ich beiße mir auf die Lippe. »Ich weiß nur nicht so genau, ob der mich besonders mag.«
!
»Ich habe Verbindungen zur Einwanderungsbehörde«, beruhigt Michael mich. »Das kriegen wir schon hin, da bin ich mir ganz sicher.« Er lehnt sich zurück und trinkt einen Schluck Kaffee. »Washington ist nicht New York. Aber da ist es auch schön. Die Politik ist ein faszinierendes Aufgabenfeld. Ich glaube, Sie würden es auch mögen. Und was die Bezahlung angeht... Na ja. Mit CNN kann ich nicht mithalten. Aber um mal einen ungefähren Rahmen zu nennen...« Er schreibt eine Zahl auf ein Stück Papier und schiebt es über den Tisch.
Das glaube nicht. Das ist ja ungefähr das Doppelte von dem, was ich bei einem dieser Journalistenjobs bekommen würde.
Washington. Werbeagentur. Ein ganz neues Leben.
Amerika. Ohne Luke. Ich ganz allein.
Das ist alles ein bisschen viel für mich.
»Warum bieten Sie mir das an?«, frage ich schließlich.
»Sie haben mich ganz schön beeindruckt, Becky«, sagt Michael sehr ernst. »Sie sind smart. Sie sind intuitiv. Sie tun was.« Ich sehe ihn an und werde rot vor Verlegenheit. »Und jetzt habe ich das Gefühl, dass Sie eine Pause brauchen«, fügt er hinzu. »Sie müssen sich nicht sofort entscheiden. Ich bin noch ein
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