Fast geschenkt
nicht ganz wohl in meiner Haut. Irgendwie glauben die Leute von Morning Coffee alle, ich wäre wahnsinnig gut organisiert, was Geld angeht - und ich habe sie ganz unwillkürlich in diesem Glauben bestärkt. Na ja, macht auch nichts.
»Ein Sparkonto ist natürlich ein gute Idee...«, höre ich mich sagen. »Aber wie ich auch immer sage: Ein bisschen Shopping in Ehren kann niemand verwehren - solange man sich an sein Budget hält.«
»So machen Sie das?«, fragt Emma interessiert. »Sie teilen sich ein festes Budget zu?«
»Ja natürlich«, behaupte ich. »Anders geht das gar nicht.«
Und das stimmt. Ich meine, selbstverständlich werde ich mir für New York ein Shopping-Budget zuteilen. Ich werde mir realistische Grenzen setzen und mich daran halten. Ist doch ganz einfach.
Obwohl... ich glaube, ich werde die Grenzen doch einigermaßen weit und flexibel setzen. Es muss immer etwas Spielraum für Notfälle oder einmalige Gelegenheiten bleiben.
»Das nenne ich vorbildlich!« Emma schüttelt den Kopf. »Aber gut, darum sind Sie ja auch die Finanzexpertin und nicht ich!« Sie sieht auf, als sich der Sandwichmann mit einem Tablett nähert. »Aaah, super, ich bin kurz davor, zu verhungern! Ich nehme ... Bacon und Avocado.«
»Ich nehme Tunfisch und Mais«, sagt Zelda. »Und du, Becky?«
»Pastrami auf Roggenbrot«, sage ich lässig. »Und ohne Mayo.«
»Ich glaube nicht, dass er das hat.« Zelda runzelt die Stirn. »Es gibt Schinkensalat...«
»Dann eben einen Bagel. Mit Frischkäse und Lox. Und ein Sodawasser.«
»Du meinst Mineralwasser?«, sagt Zelda.
»Was ist Lox?«, fragt Emma verwirrt, aber ich tue so, als hätte ich sie nicht gehört. Ich weiß nämlich selber nicht, was Lox ist - aber in New York isst man das, also muss es doch lecker sein, oder?
»Ganz egal, was das ist«, sagt der Sandwichmann, »ich hab‘s nicht. Sie können Käse und Tomate haben und eine Tüte Hula Hoops.«
»Na gut«, stimme ich widerwillig zu und krame nach meinem Portemonnaie. Dabei fällt mir doch glatt der Stapel Post aus der Handtasche, den ich heute Morgen beim Verlassen der Wohnung aufgehoben habe. Mist. Ich sammle die Briefe ganz schnell wieder auf, damit sie niemand sieht, und stopfe sie in meine Conran-Shop-Tüte. Aber der blöde Rory hat gute Augen.
»Hey Becky«, lacht er. »Habe ich da eben eine letzte Mahnung gesehen?«
»Nein!«, gebe ich sofort zurück. »Natürlich nicht. Das ist eine... Geburtstagskarte. Eine von diesen Scherzgeburtstagskarten. Für meinen Steuerberater. So, und jetzt muss ich aber wirklich los. Ciao!«
Gut, das war nicht ganz die Wahrheit. Es war wirklich eine letzte Mahnung. Ehrlich gesagt, habe ich in den letzten Tagen ziemlich viele von der Sorte bekommen, und ich habe selbstverständlich fest vor, alle angemahnten Rechnungen zu begleichen, wenn ich das Geld habe. Aber darüber kann ich mich jetzt gerade wirklich nicht aufregen. Ich meine, in meinem Leben passieren gerade wichtigere Dinge, als dass ich mich mit irgendwelchen bescheuerten letzten Mahnungen abgeben könnte. In ein paar Monaten lebe ich auf der anderen Seite des Atlantiks! Ich werde ein amerikanischer Fernsehstar!
Luke hat gesagt, in den USA werde ich wahrscheinlich doppelt so viel verdienen wie hier. Wenn nicht mehr! Das heißt, so ein paar lächerliche Rechnungen fallen im Grunde überhaupt nicht ins Gewicht. Die paar Pfund werden mir nun wirklich nicht den Schlaf rauben, wenn ich im amerikanischen Showbiz erst mal ein Begriff bin und in einem Penthouse an der Park Avenue wohne.
Dann wird dieses Ekel von John Gavin vielleicht Augen machen! Der wird völlig fertig sein. Stellen Sie sich doch bloß mal sein Gesicht vor, wenn ich in sein Büro marschiere und ihm erzähle, dass ich die neue Anchorwoman bei CNN werde und sechsmal so viel verdiene wie er. Dann wird er schon sehen, was er davon hat, so gemein zu sein. Heute Morgen bin ich endlich dazu gekommen, seinen letzten Brief zu öffnen, und den fand ich doch reichlich unverschämt. Ich meine, »exzessive Anhäufung von Schulden« -was soll das denn? Und »Sonderstatus«? Derek Smeath wäre mir gegenüber niemals so grob gewesen. Nie.
Luke ist noch in einer Besprechung, als ich komme, aber das macht nichts, weil ich nämlich nichts dagegen habe, ein bisschen herumzuhängen. Ich bin total gerne bei Brandon Communications - ich komme manchmal sogar nur wegen der tollen Atmosphäre her! Es ist echt klasse hier - überall heller Holzfußboden, Halogenspots und trendige
Weitere Kostenlose Bücher