Fast geschenkt
schön beeindruckt.«
»Wirklich?«, sage ich - und ärgere mich dann darüber, so überrascht geklungen zu haben. »Wirklich«, wiederhole ich darum und bemühe mich, dieses Mai ganz cool zu klingen. »Nun ja, ich bin natürlich auch stolz auf die Show...«
»Wie Sie wissen, Rebecca, produzieren wir eine Show, die Consumer Today heißt«, sagt Kent. »Im Moment machen wir noch gar nichts zum Thema private Geldangelegenheiten, aber wir würden sehr gern so eine Art von Beratungstelefon einführen, wie Sie es in England machen.« Sie sieht zu Judd, der zustimmend nickt.
»Man merkt Ihnen an, dass Sie mit Begeisterung bei der Sache sind, wenn es um private Geldangelegenheiten geht«, merkt er an.
»Oh«, sage ich verdutzt. »Nun ja...«
»Doch, doch. Sie machen Ihre Arbeit ganz hervorragend«, versichert er mir. »Ich bewundere die Zielsicherheit, mit der Sie Ihr Spezialthema anpacken.«
Zielsicherheit? Spezialthema?
»Wissen Sie, Rebecca, Sie sind ziemlich einzigartig«, sagt Kent. »Sie sind eine junge, umgängliche, charmante Frau mit einem so hohen Sachverstand, und alles, was Sie sagen, klingt so überzeugend...«
»Sie sind ein Segen für jeden, der ein finanzielles Problem hat«, stimmt Judd zu.
»Am meisten bewundern wir ja die Engelsgeduld, mit der Sie mit diesen Leuten umgehen.«
»Und Ihr Einfühlungsvermögen...«
»...Ihre Fähigkeit zu vereinfachen!«, sagt Kent und sieht mich durchdringend an. »Wie kriegen Sie das bloß hin?«
»Ahm... Ach, wissen Sie... Das kommt... ganz von selbst, glaube ich...« Der Kellner stellt einen Drink vor mir ab und ich schnappe mir dankbar das Glas. »Prost!«, sage ich.
»Prost!«, erwidert Kent. »Können Sie schon bestellen, Rebecca?«
»Ja, natürlich!«, sage ich und überfliege endlich die Karte. »Ich nehme den... ahm, Barsch, bitte. Und einen grünen Salat.« Ich sehe die anderen an. »Wollen wir uns etwas Knoblauchbrot teilen?«
»Ich esse keine Weizenprodukte«, lehnt Judd höflich ab.
»Ach so«, sage ich. »Und... Kent?«
»Ich esse unter der Woche keine Kohlenhydrate«, klärt sie mich freundlich auf. »Aber das muss Sie ja nicht davon abhalten. Schmeckt sicher ausgezeichnet.«
»Nein, schon gut«, sage ich schnell. »Ich nehme einfach nur den Barsch.«
Mann, wie konnte ich bloß so blöd sein? Ist doch klar, dass Manhattanianer kein Knoblauchbrot essen!
»Und zu trinken?«, fragt der Kellner.
»Ahm...« Ich sehe mich auf dem Tisch um. »Ich weiß nicht. Einen Sauvignon Blanc vielleicht? Was nehmen Sie denn?«
»Hört sich gut an«, sagt Kent und lächelt so einnehmend, dass ich erleichtert aufatme. »Ich nehme einfach noch etwas Pellegrino«, fügt sie hinzu und zeigt auf ihr Glas.
»Ich auch«, sagt Judd.
Pellegrino? Die trinken Pellegrino?
»Dann nehme ich auch nur ein Wasser«, sage ich schnell. »Ich muss keinen Wein trinken! Das war nur so eine Idee. Wissen Sie -«
»Nein!«, unterbricht Kent mich. »Ich bestehe darauf, dass Sie das trinken, was Sie möchten.« Sie lächelt den Kellner an. »Eine Flasche Sauvignon Blanc, bitte. Für unseren Gast.«
»Nein, wirklich...«, sage ich und laufe rot an.
»Rebecca«, sagt Kent und hebt lächelnd die Hand. »Sie sind unser Gast. Und Sie sollen sich wohl fühlen.«
Na toll. Jetzt denkt sie bestimmt, dass ich eine hoffnungslose Alkoholikerin bin. Und dass ich kein Kennenlern-Lunch überlebe, ohne mir die nötigen Umdrehungen einzuflößen.
Aber gut, egal. Passiert ist passiert. Wird schon schiefgehen. Ich trinke einfach nur ein Glas. Ein Glas, und das war‘s.
Und das habe ich auch wirklich vor. Ein Glas trinken und dann Schluss.
Das Problem ist nur, dass jedes Mal, wenn ich mein Glas austrinke, ein Kellner vorbeikommt und es wieder auffüllt. Und ich es wieder austrinke. Denn es wäre doch reichlich undankbar, eine ganze Flasche Wein zu bestellen und dann nur ein Glas davon zu trinken, oder?
Und siehe da - am Ende unseres Lunches bin ich ziemlich... Nun ja. Man könnte es »beschwipst« nennen. Oder auch »besoffen«. Aber das ist nicht weiter schlimm, weil wir uns nämlich richtig gut verstehen und ich wahnsinnig geistreich bin (in jeglicher Hinsicht, hihi). Ich habe mich also inzwischen entspannt. Ich habe jede Menge lustiger Geschichten aus dem Leben hinter den Kulissen von Morning Coffee zum Besten gegeben, und Kent und Judd haben aufmerksam zugehört und gesagt, das höre sich alles »faszinierend« an.
»Die Briten sind natürlich ganz anders als wir«, sagt Kent
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