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Faszination Menschenfresser

Faszination Menschenfresser

Titel: Faszination Menschenfresser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Ludwig
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wegschwemmt.«
    Maßgeblich zum schlechten Image der Piranhas hat auch der James-Bond-Film Man lebt nur zweimal beigetragen, der 1967 in die Kinos kam. Legendär und wohl für viele Zuschauer unvergesslich ist nämlich die Szene im Film, in der der Schurke und ewige Bondwidersacher Blofeld seine Feinde mittels Knopfdruck von einer elektronischen Klappbrücke in ein Becken voller gefräßiger Piranhas stürzen lässt und ihnen so ein grässliches Ende bereitet. Und weil es dem geneigten und vor allem zahlungskräftigen Zuschauer offensichtlich beim Gedanken an eine Horde zähnefletschender, wild gewordener Killerfische so richtig schön eiskalt den Rücken runterlief, mutierten die Piranhas in Hollywood auch bald von Neben- zu Hauptdarstellern: 1978 kam der Horrorfilm Piranha in die Kinos, es folgten 1981 Piranha 2 – Fliegende Killer und 1995 dann Die Rückkehr der Piranhas . 2010 killten die kleinen Mörderfische dann erstmals in 3D.
    Die Legende vom blutrünstigen »Instantskelettierer« Piranha hielt sich, stets befeuert durch eine sensationshungrige Boulevardpresse, überaus hartnäckig. Nach einem alten Zeitungsbericht kam am 14. November 1976 ein von Manaus kommender Reisebus bei einer Nachtfahrt in der Nähe der Kleinstadt Itacoatiara von der Straße ab und stürzte in einen Nebenfluss des Amazonas. Als Hilfskräfte Stunden später bei der Unglücksstelle eintrafen und man die 39 Opfer nur noch tot bergen konnte, waren die Leichen fast alle mehr oder weniger von Piranhas angefressen worden. Eine Leiche war sogar fast vollständig skelettiert worden. Allerdings ließ sich zu diesem Zeitpunkt nicht mehr feststellen, ob die Opfer beim Angriff der Raubfische noch lebten oder bereits tot waren.
    Wenn es darum geht, die Gefährlichkeit von Piranhas unter Beweis zu stellen, wird auch sehr häufig in der Presse ein Zwischenfall zitiert, der sich am 20. September 1981 in Brasilien zugetragen hat. Damals kenterte das hoffnungslos überladene Passagierschiff Sobral Santos auf einem Nebenarm des Amazonas in »Piranha-verseuchtem Wasser«. Alle 300 Passagiere an Bord wurden bei dem Unglück getötet. Später wurden zahlreiche Leichen mit Bisswunden geborgen. Auch in diesem Fall ist unter Experten umstritten, ob die Passagiere von »in Blutrausch geratenen« Piranhas getötet wurden, oder ob sich die Fische »lediglich« an den Leichen der Opfer gütlich getan hatten.
    Neuere Untersuchungen zeigen, dass die Gefährlichkeit von Piranhas für den Menschen jedoch gnadenlos überschätzt wird. Zunächst einmal gibt es ihn gar nicht, »den einen Piranha«, sondern es sind über drei Dutzend Arten, die ausschließlich in Südamerika zu Hause sind. Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich dabei vom Orinoco im Norden des Kontinents bis hin zu den subtropischen Bereichen des Rio Paraguay im Süden. Von den derzeit rund 39 bekannten Arten sind etwa zwei Drittel im Amazonasbecken zu Hause. Einige Arten sind räumlich sehr weit verbreitet, andere dagegen kommen nur lokal vor. Oft leben auch mehrere Arten gleichzeitig im gleichen Gewässer. Rekordhalter ist der Cano Maporal, ein kleiner Fluss in Venezuela mit gleich sieben unterschiedlichen Piranha-Arten. Es ist erwiesen, dass lediglich drei Arten vonPiranhaseinem Menschenzumindest theoretisch gefährlich werden können, denn überraschenderweise sind die meisten Piranha-Arten zumindest Teilzeit-Vegetarier, die sich überwiegend von Früchten oder Samen ernähren.
    Die überwiegend fleischfressenden Piranhas jagen dagegen vor allem Fische, greifen aber mitunter auch größere Wirbeltiere an, da sie aufgrund ihrer äußerst scharfen Zähne in der Lage sind, auch größere Fleischbrocken aus ihrer Beute herauszureißen.
    Menschen dagegen werden nur relativ selten von Piranhas attackiert, wobei es auch meist bei kleineren Verletzungen bleibt. Allen Horrorstorys zum Trotz wurde bisher noch kein einziger Piranha-Angriff auf einen Menschen mit tödlichem Ausgang hieb- und stichfest dokumentiert.
    Wissenschaftlich untermauert wird diese Tatsache auch durch eine groß angelegte Studie des Biologen Dr. Jan Mol von der Universität Surinam, der 2006 in drei unterschiedlichen Regionen Surinams Unfälle zwischen Piranhas und Menschen untersuchte. Dabei stellte sich heraus, dass es meist Kinder waren, die beim Baden von den Fischen in die Füße gebissen wurden. Die meisten Bisswunden waren relativ harmlos. Nur bei ganz wenigen Piranha-Attacken kam es zum Verlust von ganzen Zehen oder zu großen

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