Faszination Menschenfresser
menschliche Organismus, um die Giftkonzentration im Körper um die Hälfte abzubauen. Außerdem sind sich Toxikologen sicher, dass eine einmalig hohe Dosis Methylquecksilber größere irreversible Schäden verursacht als längerfristig niedere Dosen.
Aber wie kommt das giftige Methylquecksilber eigentlich in die Haie? Über die Nahrungskette: Natürliches Quecksilber kommt in der Erdkruste nämlich recht häufig vor und ist damit auch im Sediment unserer Flüsse und Meere enthalten. Zusätzlich wird Quecksilber aber auch durch den Menschen z. B. in Form von industriellen Abfällen in die Umwelt gebracht. In den Gewässern wird dann das anorganische Quecksilber von Mikroorganismen zu organischem Methylquecksilber verstoffwechselt. Diese jetzt erheblich giftigere Substanz wird dann vom Plankton aufgenommen, gelangt dadurch natürlich auch in die Nahrungskette und reichert sich dort umso mehr an, je höher ein Tier in dieser Kette positioniert ist. Will heißen: Mit jeder höheren Stufe in der Nahrungskette summiert sich das giftige Methylquecksilber in räuberisch lebenden Organismen zu immer höheren Konzentrationen. Haie, als mit die größten Raubfische unserer Ozeane, stehen im marinen Ökosystem am Ende der Nahrungskette – das heißt, sie sind praktisch die Endlagerstätten des gefährlichen Gifts. Dazu kommt noch die sogenannte Altersakkumulation: Je älter ein Tier wird, desto mehr Methylquecksilber enthält sein Fleisch. Beim Schillerlocken-Lieferanten Dornhai fällt die Altersakkumulation besonders ins Gewicht. Dornhaie können bis zu 65 Jahre alt werden.
Welche verheerenden Schädigungen Methylquecksilber bei Menschen anrichten kann, diese leidvolle Erfahrung machten 1956 die Bewohner der japanischen Minamata-Bucht. Durch die Einleitung von Methylquecksilberiodid in die Bucht durch den Chemiekonzern Chisso kam es damals zu einer dramatischen Anreicherung von Quecksilberverbindungen in den Meeresalgen und damit auch letztendlich in den Fischen, dem Hauptlebensmittel der Einwohner dieses Küstenabschnitts. Nach vorsichtigen Schätzungen wurden insgesamt wohl mehr als 17 000 Menschen durch die heute entsprechend als »Minamata-Krankheit« bezeichneten Vergiftungen zum Teil irreversibel geschädigt. Rund 3000 Menschen sind bis heute an den Folgen gestorben.
Die »Killerfische« des Amazonas
oder Der ekstatische Fressrausch der Piranhas
Sie sind klein, blutrünstig und bösartig: Kein Süßwasserfisch hat so einen schlechten Ruf wie der Piranha. Die kleinen Fische mit den bekanntermaßen rasiermesserscharfen Zähnen gelten als die ultimativen Killerfische überhaupt. Fische, die alles, aber auch wirklich alles, was ihnen zwischen die Zähne gerät, bis auf die Knochen abnagen. Nicht nur trinkendes Vieh, sondern auch badende Menschen sollen die »Hyänen des Wassers« am Amazonas und seinen Nebenflüssen blitzartig überfallen und anschließend in Minutenschnelle skelettieren. Bei Piranha-Attacken wird, so will es zumindest die Legende, die Anzahl der durch den Blutgeruch alarmierten und im ekstatischen Fressrausch hemmungslos zuschnappenden Raubfische immer größer, bis letztendlich das Wasser um das beklagenswerte Opfer herum regelrecht zu kochen scheint.
Doch ist diese in Südamerika weitverbreitete Fischart wirklich so gefährlich wie ihr Ruf? Die Ursprünge der Piranha-Hysterie muss man wahrscheinlich bei den frühen Entdeckern und Forschern suchen, die den südamerikanischen Kontinent bereist haben. Schon die spanischen Konquistadoren berichteten von Piranha-Attacken, die angeblich immer wieder im Laufe der Auseinandersetzungen mit den indianischen Ureinwohnern stattfanden. Bei den Kämpfen sollen die bissigen kleinen Fische nicht nur vom Blut der getöteten Menschen, sondern auch durch die rote Beinbekleidung der europäischen Eroberer angelockt worden sein. Ins gleiche Horn blies der berühmte Naturforscher Alexander von Humboldt, als er 1821 den kleinen Amazonasfisch wie folgt beschrieb: »Am Morgen fingen unsere Indianer mit der Angel den Fisch, der hierzulande Caribe oder Caribitoheißt. Er fällt die Menschen beim Baden und Schwimmen an und beißt ihnen oft ansehnliche Stücke Fleisch ab. Ist man anfangs auch nur unbedeutend verletzt, so kommt man doch nur schwer aus dem Wasser, ohne schwere Wunden davonzutragen. Gießt man ein paar Tropfen Blut ins Wasser, so kommen sie zu Tausenden herauf.«
Die eigentliche Legende von der blutrünstigen Fressmaschine haben wir aber wahrscheinlich Theodore
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