Faszinierend wie der Kuss des Herzogs
schenkte der Gastgeberin noch ein Lächeln, das die Grübchen in seinen Wagen betonte und sogar Mrs. Darby einen Seufzer entlockte.
„Genießen Sie Theateraufführungen, Conte?“
„Wann immer ich eine Gelegenheit finde.“ Auch ihr lächelte er zu. Aber als er dem forschenden Blick ihrer klaren blauen Augen begegnete, bekundete seine Miene leichte Verwirrung.
Wenn sie ihm eine Rolle in ihrer Antigone-Szene zugedacht hat, kann ich ihn nicht retten, entschied Clio. Wer immer in Thalias Fänge geriet, war verloren.
Aber sie fragte sich noch immer, was ihn nach Sizilien geführt hatte. Marco und der Duke an ein und demselben Ort? Wie eigenartig …
Nun drehte sich die Konversation um die gesellschaftlichen Ereignisse von Santa Lucia und die Kunstwerke, die man bisher in der alten griechischen Stadt ausgegraben hatte. Clio nippte an einer Tasse mit frischem Tee. Über den bemalten Porzellanrand hinweg musterte sie Marco, und sie wechselten nur einen einzigen bedeutsamen Blick, der ein späteres Gespräch ankündigte. Ansonsten ließen sie sich nicht anmerken, dass sie einander schon länger kannten. Vielleicht hatte Thalia recht, wenn sie ihm ein gewisses schauspielerisches Talent zutraute.
Auch Clio verließ sich auf eine solche Begabung. Während sie als Liliendiebin agiert hatte, war die Kunst der Täuschung zu ihrer zweiten Natur geworden. Aber an diesem Nachmittag fiel es ihr schwer, lässig zu plaudern, und vom erzwungenen Lächeln schmerzten ihre Wagen.
Eine halbe Stunde später dankten Clio und Thalia der Gastgeberin und verabschiedeten sich. In diesem Moment erschien der Butler mit einer Nachricht auf einem Silbertablett. Lady Riverton überflog sie und brach in triumphierendes Gelächter aus.
Neugierig hielt Clio inne, während sie ihre Handschuhe anzog. Was mochte in Santa Lucia so aufregend sein? Hier glich ein Tag dem anderen.
„Oh, Conte di Fabrizzi, jetzt müssen Sie einfach zu meiner theatralischen Soiree erscheinen!“ Sorgsam faltete sie den Brief zusammen. „Welch eine Freude – ein italienischer Conte und ein englischer Duke, zwei attraktive junge Aristokraten werden meinen Salon beehren!“
„Was, ein Duke ?“, rief Lady Elliott. „Dass sich so vornehme Persönlichkeiten in der Nachbarschaft aufhalten, wusste ich gar nicht.“
„Seit Kurzem wohnt der Duke of Averton im Palazzo Picini. Und soeben hat er meine Einladung angenommen. Ist das nicht fabelhaft?“
Die Augen weit aufgerissen, wandte Thalia sich zu Clio. „Aber – wieso …?“
Blitzschnell griff Clio nach ihrer Hand und drückte sie. „O ja, ganz fantastisch, Lady Riverton. Aber jetzt müssen wir wirklich gehen, bevor unser Vater uns vermisst. Conte di Fabrizzi, es war mir eine Freude, Sie kennenzulernen.“
„Ganz meinerseits, Miss Chase“, erwiderte Marco und verneigte sich formvollendet. Nur ein schwacher, kaum wahrnehmbarer Schatten verdüsterte seine Augen, seit der Name Averton erwähnt worden war. Auch er erinnerte sich an das Verlies in Yorkshire.
Während sie den Palazzo verließen, hielt Clio immer noch Thalias Hand fest und ließ sie erst auf der Straße los.
„Was macht Averton hier?“, fauchte Thalia. „Wie kann er es wagen, dieser elende Freibeuter …“
Unwillkürlich lachte Clio. „Ein Freibeuter ist er wohl kaum.“
„Nein, noch schlimmer. Sicher kam er nur hierher, um alles zu stehlen, was Vater in der Villa findet. Und um dich zu peinigen!“
„Vergiss nicht – und um Lady Rivertons Party zu besuchen“, ergänzte Clio und beschleunigte ihre Schritte, denn sie sehnte sich nach der Stille ihres Zimmers. Dort wollte sie in aller Ruhe nachdenken. Irgendetwas braute sich zusammen, das sie nicht verstand. Zumindest jetzt noch nicht. Der Duke hatte von einer Gefahr gesprochen – zweifellos mit gutem Grund.
„Diese Party werde ich nicht besuchen“, kündigte Thalia an. „Die Gegenwart dieses verwöhnten, arroganten Mannes ertrage ich nicht.“
„Unsinn, Thalia“, entgegnete Clio, „wir müssen hingehen. Das haben wir Lady Riverton versprochen. Und du hast dich darauf gefreut. Bedenk doch, du möchtest deine Antigone-Szene aufführen. Und es werden so viele Gäste anwesend sein, dass wir Averton gar nicht bemerken.“
„Aber er wird dich bemerken Ebenso wie der schöne Conte.“
Geflissentlich wich Clio dem Blick ihrer Schwester aus. „Sei nicht albern. Warum sollte sich ein attraktiver italienischer Graf für mich interessieren, wenn er in den Bann deiner goldblonden
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