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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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ich durchaus selbst hätte regeln können. Bei Besprechungen beobachtete ich sie. Und wenn ich am Abend allein oder wenn ich auf Reisen war, ertappte ich mich dabei, dass ich an sie dachte.
    Das alles geschah unmerklich. Als ich schließlich bemerkte, was mit mir geschah, war ich beunruhigt. Ich wusste nicht, was ich tun sollte oder ob ich überhaupt etwas tun sollte.
    Ich hatte gehofft, mein Gespräch mit Mel über Guy würde die Situation mit ihm klären, aber das war nicht geschehen. Die Dinge waren eher noch undurchsichtiger geworden. Ich war mir nicht sicher, wie Mel tatsächlich über Guy und Dominique dachte. Und obwohl ich der festen Meinung war, dass zwischen Guy und Ingrid nichts sei, hatte sich Mels Verdacht in mir festgesetzt. Er nagte an mir und ließ eine andere Frage wieder akut werden, auf die ich schon lange eine Antwort suchte.
    Ingrid und ich saßen im Taxi, um zu unserer Werbeagentur in Soho zu fahren. Aber wir kamen nicht voran. Sie hatten High Holborn in eine einzige Baustelle verwandelt. Und so bewegte sich nur noch das Taxameter voran. Durch das Fenster beobachtete Ingrid die Fußgänger, die uns in gemächlichem Tempo überholten. Nach einem Blick auf die Uhr meinte sie: »Wir sollten lieber die U-Bahn nehmen.«
    »Zu spät. Du hast gesagt, wir haben es eilig.«
    »Siehst du den Mann dort? In der Barbour-Jacke? Ich wette um fünf Pfund, dass er vor uns an der nächsten Ampel ist.«
    »Top.«
    Drei Minuten später reichte ich ihr eine Fünf-PfundNote. Das Taxi rückte einige Meter vor.
    Wir saßen hinten, die Scheibe zum Fahrer war geschlossen. Der Lärm der Druckluftbohrer schirmte uns von der Außenwelt ab.
    »Ingrid?«
    »Ja?«
    »Erinnerst du dich an Mull?«
    »Mull?«, fragte sie erstaunt.
    »Ja, Mull.«
    Sie war jetzt hellwach. »Was ist damit?«
    Ich schluckte. Ich hatte Angst vor der Frage, aber ich wusste, dass ich sie irgendwann stellen musste, und dieser Augenblick war so gut oder schlecht wie jeder andere. »Warum ist das passiert?«
    Ingrid blickte mich an. »Du hast mich das schon damals gefragt, aber ich habe dir nie eine Antwort darauf gegeben, nicht wahr?«
    »Nein.«
    »Ich glaube, ich bin dir eine schuldig.« Sie seufzte. »Ich könnte mich damit rausreden, dass ich betrunken war und dass Guy mich verführt hat. Und das würde auch stimmen.
    Wäre ich nüchtern gewesen, wäre ich bestimmt nicht mit ihm auf sein Zimmer gegangen. Aber ich wollte auch, dass er mich verführt. Und ich hatte nicht die Absicht, nein zu sagen.«
    »Warum nicht? Vor allem nach seinem miesen Auftritt gegenüber Mel.«
    »Wahrscheinlich wollte ich einfach sehen, wie es ist. Ich muss gestehen, ich fand ihn attraktiv. Die Gewissheit, dass sich daraus nichts entwickeln würde, machte die Sache noch aufregender. Eine Nacht lang sündigen und hinterher alles vergessen. Ich bin nicht stolz darauf, überhaupt nicht. Es war dumm. Ich habe eine Freundin verloren. Und ich habe dich verloren.«
    Jetzt wusste ich es also. Aber die Gewissheit war eine Enttäuschung. Ich hatte gedacht, Ingrid wäre anders, aber sie war wie alle, die um Guys Gunst buhlten.
    »Falls das irgendeine Rolle spielt«, sagte Ingrid, »es ging nicht weiter. Er ist am nächsten Tag zurückgeflogen, und ich habe die Fähre zum Festland genommen und einen späteren Zug, um dir und Mel nicht zu begegnen. Ich fühlte mich ziemlich beschissen.«
    Ich blickte sie nicht an. Aber es spielte tatsächlich eine Rolle.
    Zweiundzwanzig Uhr. Ich war müde. Zeit, nach Hause zu gehen. Ich ordnete die Papiere auf meinem Schreibtisch für den nächsten Tag, als mir ein juristisches Dokument in die Hände fiel. Verdammt! Guy flog gleich am nächsten Morgen nach Paris, um die Verhandlungen mit dem Mann, der dort unsere Filiale eröffnen sollte, unter Dach und Fach zu bringen. Und ich hatte vergessen, ihm den Vertrag zu geben.
    Ich griff zum Telefon. Zu Hause meldete er sich nicht.
    Das Handy. Abgeschaltet. Verdammt, verdammt, verdammt. Hastig stopfte ich den Vertrag in einen Umschlag, ging ein Stück die Clerkenwell Road entlang, rief ein Taxi und ließ mich nach Wapping fahren.
    Der Wagen wartete mit laufendem Taxameter, während ich hinüberging. Ich folgte einer Frau durch die Haustür in das Gebäude und fuhr mit dem Lift in den zweiten Stock zu Guys Wohnung. Ich klingelte.
    Keine Antwort. Zum Teufel! Wie lautete Plan B? Sollte ich hier warten oder versuchen, Guy am folgenden Morgen in Heathrow zu erwischen? Was war, wenn er vom City Airport abflog? Ich

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