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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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ich nicht, Davo. Ich habe ihn in der Vergangenheit zu oft um Geld angehauen. Anfangs hat er es mir gegeben. Ich glaube, ihm gefiel der Gedanke, dass ich mein Leben genoss. Außerdem hatte er ein schlechtes Gewissen wegen der Geschichte in Frankreich. Keiner von uns ist wirklich drüber hinweggekommen. Das weißt du ja.«
    Guy schwieg, in Gedanken versunken. Ich ließ ihn. Frankreich war ein Thema, auf das ich unter keinen Umständen eingehen wollte.
    Dann kam er wieder auf die Gegenwart zu sprechen. »Dad hat meine Wohnung in London bezahlt, die Schauspielschule, meinen Abstecher nach Hollywood. Erinnerst du dich an die Cessna, die ich früher flog? Auch dafür hat er gezahlt. Und für tausend andere Dinge.«
    »Aber das hier ist was anderes.«
    »Genau das ist es. Es ist was anderes. Dieses Mal würde ich wirklich was aus dem Geld machen. Aber ich habe ihm in den letzten Jahren zu viele Storys aufgetischt. Diese Sache hier soll nicht einfach eine weitere von meinen Geschichten sein. Wenn ich ihm erzähle, dass ich ein Internet-Unternehmen aufmache, lacht er mich aus. Schlimmer noch, er würde nicht mal lachen. Er wäre einfach enttäuscht. Und ich könnte ihm keinen Vorwurf daraus machen. Ich weiß, dass ich die letzten Jahre vergeudet habe. Klar, ich hatte viel Spaß, aber ich habe nichts erreicht. Ich dachte immer, Dad sei cool, weil er sein Leben genießt, aber immerhin hat er das Geld, das er ausgibt, vorher verdient. Er hat was auf die Beine gestellt, ich nicht. Bis jetzt. Aber von nun an wird sich alles ändern, du wirst sehen. Kein Alkohol. Keine Frauen. Ich weiß, dass ich aus Ninetyminutes etwas machen kann, Davo. Aber ich muss es ohne meinen Vater schaffen.«
    »Okay«, sagte ich, »wenn du dir da sicher bist.«
    »Ich bin mir sicher.«
    »Hast du es schon bei anderen versucht? Freunden? Kontakten? Beziehungen? Deiner Mutter?«
    »Hab ich. Bei vielen. Es war demütigend. Die Wahrheit ist: Sie glauben, dass ich ein Loser bin. So wie du, als ich dir im Dickens Inn zum ersten Mal davon erzählt habe. Du hast zum Schluss wenigstens zugehört. Die meisten tun noch nicht mal das. Auf jeden Fall hab ich jeden, der bereit sein könnte, mir Geld zu leihen - ohne große Aussichten, es jemals wieder zu sehen -, bereits angepumpt.«
    »Was ist mit Torsten Schollenberger?«
    »Der ist einen Versuch wert. Ich habe ihn schon eine Zeit lang nicht gesehen, aber er ist immer dafür zu haben, mal um die Häuser zu ziehen. Und sein Vater hat ’ne Menge Kohle. Ich fliege nach Hamburg und versuche mein Glück.«
    »Kann nichts schaden.«
    »Was ist mit Venture-Kapitalisten?«, fragte Guy. »Reißen die sich nicht um so ein Geschäft?«
    »Das bezweifle ich. Jedenfalls jetzt noch nicht. Ich glaube, sie denken darüber zunächst wie Gaz: zwei Typen, die heiße Luft verzapfen und nichts vorzuweisen haben.«
    »Aber du hast gesagt, der Unternehmensplan ist gut.«
    »Der Plan ist gut. Und sobald wir wieder in deiner Wohnung sind, mach ich ihn noch besser. Aber es ist noch zu früh, um zu den Risikokapitalgebern zu gehen. Die wollen eine Website sehen, die von realen Menschen besucht wird. Von vielen realen Menschen.«
    »Wir müssen irgendwo Geld herkriegen«, sagte Guy. »In der nächsten Phase, wenn wir uns an die Web-Berater wenden, müssen wir mit echtem Geld zahlen. Und wenn wir Leute einstellen, brauchen wir ein Büro. Außerdem benötigen wir Geld fürs Marketing, für Fernsehwerbung und solche Sachen.«
    »Vielleicht müssen wir erst mal kleinere Brötchen backen, Guy«, sagte ich.
    Er schlug mit der Hand aufs Lenkrad. »Nein! Wir müssen Tempo machen. Wenn wir es zu langsam angehen lassen, kriegen wir gar nichts gebacken. Wir müssen gleich am Anfang an die Spitze und dann zusehen, dass wir dort bleiben.«
    Ich war nicht sehr zuversichtlich. »Schauen wir mal, was wir tun können«, sagte ich.
    Ich hatte noch nie so hart gearbeitet. Mein soziales Leben war zu Ende. Ich hatte keine Zeit mehr fürs Fliegen, was ein richtiges Hobby von mir geworden war. Selbst zum Fernsehen hatte ich kaum noch Gelegenheit. Jeden Morgen tauchte ich vor acht in Guys Wohnung auf. Von der U-Bahn-Station gegenüber dem Tower ging ich an der Tower Bridge und dem St. Katherine’s Dock vorbei in die Wapping High Street und schaute unterwegs in die missmutigen Gesichter der Banker, die in ihren konservativen Anzügen auf dem Weg in die Ausbeutungsbetriebe der City waren. Wenn ich kam, saß Guy schon an der Arbeit. Owen tauchte erst gegen elf aus

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