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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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konnte.
    Ich haderte nicht mit dem Umstand, dass ich so bald fortmusste. Die Aussicht, noch sechs weitere Tage bleiben zu müssen, hatte mir ziemlich zu schaffen gemacht. Jetzt hatte Tony Jourdan mir einen perfekten Ausweg eröffnet. Ich würde den Mann nicht vermissen.
    Sobald wir wieder auf Les Sarrasins waren, entschuldigte ich mich und sagte, ich wolle mich ein bisschen hinlegen. Guy kam mit zum Gästehaus.
    »Was haben die bloß alle, Davo?«
    »Keine Ahnung«, sagte ich.
    »Sie sind so komisch. Mel zeigt mir die kalte Schulter. Irgendwas ist da los.«
    Ich gab ihm keine Antwort.
    »Dad wenigstens scheint gut drauf zu sein. Du solltest dich mehr mit ihm unterhalten. Er ist schwer in Ordnung. Es ist cool, wenn du mit deinen Eltern ganz normal reden kannst, findest du nicht? Man kann kaum glauben, dass er sechsundvierzig ist. Ich wünschte mir, ich hätte ihn in den letzten Jahren öfter gesehen.«
    »Aha.«
    »Ich weiß nur nicht, was er an der französischen Schlampe findet. Klar, sie ist ’ne heiße Nummer, aber ich finde, Dad hat was Besseres verdient. Was meinst du? Du hast dich länger mit ihr unterhalten als ich.«
    »Weiß nicht«, murmelte ich.
    »Himmel, Davo, nicht auch noch du! Sei nicht so sauertöpfisch. Was hast du? Und warum seid ihr so spät zum Mittagessen gekommen, Dominique und du?«
    Nun musste ich doch lügen. Ich fixierte meine  Fußspitzen. »Sie hat gemerkt, dass ich einen Kater hatte, und hat mir Wodka gegeben. Eine Zeit lang half das ganz gut, aber nun fühle ich mich noch schlimmer als zuvor.«
    »Du Blödmann. Ich dachte, du wolltest nie wieder einen Tropfen Alkohol anrühren.«
    »Werde ich auch nicht«, sagte ich und blickte ihn zum ersten Mal an. »Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Und jetzt muss ich in die Kiste.«
    Guy überließ mich meinem Elend.
    Ich konnte mich nicht für immer im Bett verkriechen, also zeigte ich mich zum Abendessen wieder. Auf der Terrasse wurden Wein und Bier ausgeschenkt, aber ich wollte nichts. Genauso wenig wie Ingrid und Owen, der ebenfalls aufgetaucht war, nachdem er den ganzen Tag an seinem Laptop verbracht hatte. Guy und Tony tranken wieder Bier, Ersterer mit einer gewissen Entschlossenheit.
    »Wie geht’s dir?«, fragte ich Mel, die ein fast leeres Weinglas in der Hand hielt.
    Sie blickte überrascht auf, als hätte sie nicht mit der ehrlichen Anteilnahme in meiner Stimme gerechnet. 
    »Noch ein bisschen angeschlagen«, sagte sie.
    »Ich auch.«
    »Kopf hoch, Mel!«, sagte Guy, legte ihr den Arm um die Schultern und füllte ihr Glas auf. »Hier lässt sich’s doch aushalten, oder?«
    »Aber ja doch«, sagte sie und zwang sich zu einem Lächeln. »Es ist herrlich.«
    »Morgen fahren wir wieder nach Monte und suchen uns ein Kasino.«
    »Hört sich super an«, sagte Mel ohne große Begeisterung.
    Ich ging weiter und ließ sie mit Guy zurück, der sich mächtig ins Zeug legte. Ich schlenderte zur  Marmorbrüstung und starrte aufs Meer, das sich weit unter mir ausbreitete. Es war so weit unter mir, dass sich das Geräusch der Wellen, die sich an den Klippen brachen, nicht mit dem Rhythmus der Wellen deckte, den ich beobachten konnte. Ein langer Weg hinab.
    Neben mir hörte ich eine Stimme. »Ist es nicht schrecklich?«
    Es war Ingrid.
    »Mel sieht schlecht aus«, sagte ich. »Hat sie mit dir darüber gesprochen?«
    »Ein bisschen.«
    »Wie ist es dazu gekommen?« Ich hatte zwar gesehen, dass Mel den ganzen Abend über Tonys Scherze gelacht hatte, aber ich hätte nie gedacht, dass das Ganze so enden würde.
    »Alle verzogen sich ins Bett. Dominique war schon gegangen. Offenbar hatte Tony Mel von den Römern und dem Wachturm erzählt. Jedenfalls ging er im Mondlicht mit ihr hinüber, um ihn ihr zu zeigen. Dann küsste er sie und ...«
    Ich schüttelte mich. »Warum hat sie das getan? Er ist über vierzig, mein Gott!«
    »Er ist ein charmanter Typ. Auch wenn er über vierzig ist, ist er sexy, und er weiß das. Für manche Frauen sind Männer wie er ungeheuer anziehend. Mel ist sehr romantisch, und Tony hat sie in die romantischste Situation manövriert, die man sich vorstellen kann. Er ist ein Profi, sie eine blutige Anfängerin. Sie hatte keine Chance.«
    »Aber es war doch keine Vergewaltigung, oder?« »Nein, Mel war durchaus einverstanden, zumindest gestern Nacht.«
    »Meinst du, sie bedauert es?« Ich hatte bei Mel den ganzen Tag über kein Anzeichen dafür entdeckt, dass es sie zu ihrem Liebhaber zog.
    »Aber ja. Sie bedauert es

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