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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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verantwortlich machen. Da finden sie schon jemand anders.«
    »Ich wundere mich, dass du noch in England bist. Ich hatte gedacht, du würdest längst in viel exotischeren Gefilden weilen.«
    »Aber London ist doch exotisch. Dieser Himmel mit seinen faszinierenden Grauschattierungen. Die Menschen, die ihre Herzlichkeit und Freundlichkeit so bescheiden verstecken, so ausgezeichnet verstecken. Und dieser dunkle, kalte Winter ist sehr romantisch.«
    »Ein echter Fan.« »Tatsächlich ist es sehr angenehm, endlich an einem Ort bleiben zu können. Meine Mutter ist mit ihrem neuen Mann nach New York gezogen, und ich bin unendlich froh, dass ich ihr nicht mehr durch die Welt folgen muss. London hat etwas angenehm Beständiges. Und beruflich bin ich hier bestens aufgehoben.«
    »Eine ideale Gegend für Patios und Terrassen.«
    »Wenn ich mal ein Zeitungsimperium leite, weiß ich wenigstens, wer meine Taxigebühren addieren kann.«
    »Jederzeit zu Diensten«, sagte ich. »Vergiss nicht, die Quittungen aufzubewahren.«
    »Ab heute lege ich eine Sammlung für dich an.«
    Ich goss uns noch ein Glas Wein ein. »Schön, dich wieder zu sehen«, sagte ich. »Du warst sehr nett zu mir in Frankreich. Und ich weiß nicht, was ich ohne die zweihundert Franc von dir gemacht hätte.«
    »Ich war heilfroh, da rauszukommen«, sagte Ingrid und schüttelte sich. »Das war eine der eher unerfreulichen Erfahrungen meines Lebens.«
    Eine Zeit lang schwiegen wir und beobachteten Guy und Mel.
    Guy bemerkte es und schien nüchtern zu werden. »Worüber zerbrecht ihr beiden euch den Kopf?«
    Ingrid antwortete nicht, und ich sagte: »Über gar nichts.«
    Guy beugte sich vor. »Über Frankreich, stimmt’s?«
    Ich nickte. Mel saß plötzlich wie versteinert da.
    Guy goss den Rest der zweiten Flasche Retsina ein. »Dazu kann ich nur eines sagen: Das war vor fünf Jahren, da waren wir alle noch Kinder. Ich habe Frankreich aus meinem Gedächtnis gestrichen. Vollkommen und endgültig. Und ich finde, ihr solltet das auch tun. Abgemacht?«
    »Abgemacht«, sagte ich und hob mein Glas. Ingrid und Mel folgten unserem Beispiel. So tranken wir alle auf ausgelöschte Erinnerungen.
    Als wir das Restaurant verließen, war ich ziemlich betrunken. Ingrid nahm das erste Taxi, ich das nächste. Mel und Guy, der den Arm um sie gelegt hatte, blieben zurück. Sie wollten die nächsten beiden Taxis nehmen.
    Die nächsten beiden? Ich wusste zwar nicht, in wessen Wohnung sie fuhren, doch auf jeden Fall stand für mich fest, dass sie dort gemeinsam landen würden.
    Nach diesem Abend sah ich Guy ziemlich häufig. Er schien froh zu sein, mich wieder zu seinen Freunden zählen zu können, und mein Leben wurde durch ihn zweifellos interessanter. Wie sich herausstellte, war er tatsächlich Schauspieler, wenn auch einer von der Sorte, die noch um Anerkennung kämpft. Nach drei Jahren Universität, in denen er nur knapp einem Rausschmiss entgangen war, hatte er es irgendwie geschafft, von einer renommierten Schauspielschule angenommen zu werden, wo er sich nach eigenen Angaben wacker geschlagen hatte. Seither war es schwierig. Er hatte ein paar Nebenrollen an Repertoiretheatern bekommen und zwei oder drei winzige Auftritte im Fernsehen gehabt. In dem Film Morty’s Fall hatte er als Statist mitgewirkt. Er hatte einen Agenten, der ihn nicht zur Kenntnis nahm. Seinen Mangel an Erfolg schrieb er dem Überangebot an jungen Schauspielern zu und einem unsichtbaren Netzwerk von Beziehungen und Beziehungen von Beziehungen, von dem er ausgeschlossen blieb. Zum Teil mochte das stimmen. Doch weit mehr lag es, wie ich vermutete, daran, dass er es nicht ernsthaft genug versuchte. Er ging ins Fitnessstudio oder saß vor der Glotze, statt Briefe zu schreiben und Klinken zu putzen. Von jungen Schauspielern erwartet man, dass sie hungrig sind. Guy war durstig. Und diesen Durst stillte er jeden Abend und manchmal auch schon mittags.
    Ich leistete ihm dabei gern Gesellschaft. Der Nachmittag war sehr viel leichter zu überstehen, wenn ich wusste, dass ich mich nach der Arbeit mit Guy zu einem Bier traf, oder zu fünfen. Natürlich hatte ich dann morgens so meine Schwierigkeiten, natürlich litten meine Vorbereitungen auf das Examen, das meine Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer abschließen sollte, doch wenigstens passierte etwas in meinem Leben. Guy hatte eine kleine Wohnung in der Nähe der Gloucester Road, und wir waren häufige Gäste in mehreren Pubs und Bars dort. Gelegentlich kamen andere Freunde

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