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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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von Guy.«
    Tony blickte seinen Sohn an. Es war ein guter Plan, und Tony wusste es.
    Dann begann er, uns Fragen zu stellen. Knallhart und schnell. Henry Broughton-Jones hatte einige ziemlich gute allgemeine Fragen gestellt, doch die waren nichts im Vergleich zu diesem Verhör. Obwohl Tony den Plan erst einen Tag lang hatte, kannte er ihn praktisch auswendig. Er forderte mich auf, die Basis einer bestimmten Finanzprognose zu erläutern, womit er mich in einige Verlegenheit brachte. Sogar mehrere Fußball-Websites hatte er sich angesehen und wollte von uns wissen, was wir von ihnen hielten. Dann sollten wir ihm erläutern, welche Absichten Champion Starsat, der große Privatsender, unserer Meinung nach in Bezug auf das Web hege.
    Nach anderthalb Stunden brachte Miguel das Mittagessen, doch die Fragestunde ging weiter. Wir schlugen uns wacker. Besonders Guy machte seine Sache gut. Er hatte seine Hausarbeiten gemacht. Das konnte Tony beim besten Willen nicht leugnen.
    »Okay, Dad«, sagte Guy schließlich. »Was hältst du davon?«
    Tony blickte von Guy zu mir und wieder auf seinen Sohn. Er grinste. »Es ist eine gute Idee. Ich steige ein.«
    Guy konnte es kaum glauben. Ihm blieb der Mund offen stehen.
    »Ich kann gut mal wieder richtiges Geld verdienen«, sagte Tony.
    »Das alles hier muss schließlich finanziert werden.« Er deutete auf das Haus und den Garten und schien mit der großzügigen Geste auch Frau und Sohn einzuschließen. »Der Immobilienmarkt ist seit Jahren tot. Jetzt ist das Internet angesagt. Die Herausforderung wird mir gut tun. Aber«, er blickte mich an, »David hat vollkommen Recht. Ich handle aus rein kommerziellen Gründen. Mit anderen Worten, ich will eine Beteiligung für meine zwei Millionen Pfund. Eine große Beteiligung.«
    Guy und ich sahen uns an. »Das ist nur fair.«
    Tony hielt seinem Sohn die Hand hin, der einschlug.
    »Danke, Dad«, sagte er.
    »Gut, ich komme nächste Woche nach England, dann können wir mit euren Anwälten alles unter Dach und Fach bringen.« Guy machte ein betroffenes Gesicht. Tony bemerkte es. »Ihr habt doch Anwälte, oder?« »Ja«, sagte Guy. »Wir haben eine sehr gute Anwältin.«
    »Nun, ich freue mich auf die Verhandlung mit ihr.«
    Ich war mir nicht sicher, ob sich auch Mel auf die Verhandlung mit Tony freuen würde. Guy zweifelte daran ebenfalls, nach seiner Miene zu urteilen.
    Wir bestellten ein Taxi, das uns zum Flughafen bringen sollte, und fuhren nach einem kurzen Blick auf Guys sechs Monate alten Bruder ab.
    Wir wollten beide nicht länger in diesem Haus bleiben als unbedingt nötig.
    Guy schüttelte den Kopf. »Ich kann es einfach nicht glauben.«
    »Ich habe dir gesagt, dass es einen Versuch wert ist«, sagte ich.
    »Mach ein anderes Gesicht. Wir haben das Unternehmen gerade wieder gerettet, und du machst ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter.«
    »Irgendwas stimmt da nicht«, sagte er.
    »Hör schon auf. Was willst du machen? Sein Geld ablehnen?«
    »Nein.«
    »Was dann? Egal, wie du es betrachtest, es ist eine gute Nachricht.«
    »Warten wir ab«, sagte Guy. »Ich traue ihm nicht.«

Juni 1992, The City, London
    Der lange, heiße Nachmittag begann, und ich würde ihn zur Gänze in der Abteilung für Nostro-Abstimmungen damit verbringen, Nostro-Konten abzustimmen. Beim bloßen Gedanken daran spürte ich, wie meine Glieder schwer und mein Kopf leer wurden, entsetzlich leer. Computerausdrucke durchgehen, Felder abhaken - mit einem Wort: geisttötender Schwachsinn. Ich war Assistent im Wirtschaftsprüfungsteam für die United Arab International Bank. Meine gegenwärtige Aufgabe bestand darin festzustellen, ob die Guthaben, welche die Bank in den verschiedenen Währungen bei anderen Banken hatte -so genannte Nostro-Konten -, mit der eigenen Buchhaltung der Bank übereinstimmten. Theoretisch konnte ich jeden Augenblick auf eine Millionen-Pfund-Geldwäsche stoßen. In der Praxis deckten sich die Beträge mit stumpfsinniger Regelmäßigkeit. Ich blickte zu dem verantwortlichen Abteilungsleiter hinüber. Ein kleiner, etwas schmuddeliger Mann, dem es ständig unter dem Kragen zu jucken schien. Er war viel zu nervös, um sich mit mir unterhalten zu können. Ich malte mir aus, dies komme daher, dass er ein Schwerverbrecher sei, der Angst habe, dass ich ihn jeden Augenblick entlarven könnte. Natürlich wusste ich, dass er nur besorgt war, mein Chef könne seine Abteilung kritisieren. Doch selbst diese Aussicht schien mir gering zu sein, während ich ein

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