Fatal Error
stillschweigender Abmachung mit einer hübschen schwarzen Kellnerin getroffen zu haben, die uns ständig mit neuen Weingläsern versorgte.
Tapfer tranken wir sie alle leer.
»He, ist das nicht Mel Dean da drüben?«, flüsterte er.
Ich folgte seinem Blick. Es war tatsächlich Mel, in einem hübschen marineblauen Kostüm. Und neben ihr stand Ingrid Da Cunha.
»Stimmt.«
»Gehen wir hin?«
»Ja, wenn du willst.« Ich war überrascht, dass er tatsächlich mit Mel sprechen wollte, freute mich aber darauf, Ingrid wieder zu sehen.
In diesem Augenblick beendete der Direktor seine Rede. Es wurde geklatscht, und die Menge, die immer unruhiger geworden war, setzte sich wieder in Bewegung. Guy und ich drängten uns zu den beiden Frauen hindurch. Liebevoll legte Guy die Hand auf Mels Hintern. Sie fuhr herum, um den Frechling gebührend zurechtzustutzen, erstarrte aber, als sie sah, wer es war, und blickte ihn fassungslos an.
»Hi, Mel«, sagte Guy. »Du scheinst erstaunt, mich zu sehen. Ich bin in Broadhill zur Schule gegangen, weißt du. Sie mussten mich reinlassen, obwohl sie es eigentlich nicht wollten. Erinnerst du dich an Davo?«
Er küsste Mel und Ingrid auf beide Wangen. Keine hatte sich seit der Schulzeit sonderlich verändert. Mel trug wesentlich weniger Make-up, und die blonde Strähne in ihrem Haar war verschwunden. Aber sie hatte immer noch die schmollende Weichheit, die sie für Guy vermutlich so attraktiv gemacht hatte. Ingrid sah erholt und sonnengebräunt aus, als käme sie gerade aus dem Urlaub. Sie lächelte uns freundlich an.
Mel hatte ihre Fassung wiedergewonnen. »Grapschst du jede Frau im Saal an, oder ist das mein besonderes Privileg?«
»Nur dich, Mel. Obwohl ich auch Ingrid berücksichtigen würde, wenn sie mich sehr nett darum bittet.«
»Keine Chance«, sagte Ingrid.
Nach wenigen Augenblicken unterhielten wir uns wie alte Freunde, die sich vielleicht ein paar Monate nicht gesehen hatten, aber sofort an ihre alte Vertrautheit anknüpften. Begünstigt von seiner Lieblingskellnerin, sorgte Guy dafür, dass wir ständig volle Gläser hatten, und schüttete selbst riesige Mengen Wein in sich hinein. Er schien es ganz gut zu vertragen. Übung, nahm ich an. Inzwischen hatte ich mir selbst einen ganz hübschen Rausch angetrunken.
Die Zeit verging, und plötzlich gehörten wir zu den letzten Leuten im Saal. Guy blickte auf die Uhr. »Hat jemand Lust auf ein gutes Essen?«, fragte er. »Ich kenne ein nettes Lokal hier in der Nähe.«
Mel blickte Ingrid an, die zustimmend nickte. Kurz darauf befanden wir uns auf der Straße und gingen in Richtung Bayswater. Guy führte uns in ein griechisches Restaurant und bestellte Retsina. Die Gruppe schien nun in zwei Hälften zu zerfallen, denn Guy konzentrierte sich ganz auf Mel, die inzwischen ziemlich angetrunken war und hemmungslos über alles kicherte, was er sagte.
»Du arbeitest doch nicht wirklich als Undercover-Agent für die CIA?«, fragte Ingrid.
Ich schüttelte den Kopf. »Viel schlimmer.«
»Wirklich?«
»Na gut, ich sag’s dir, wenn du mir versprichst, dass du den Tisch nicht augenblicklich verlässt.«
»Okay.«
»Ich mache eine Ausbildung zum Wirtschaftsprüfer.«
»Um Gottes willen«, sagte Ingrid. »Und ich muss wirklich am Tisch sitzen bleiben?«
»Du hast es versprochen.«
»Ich habe von solchen Menschen gehört, aber nicht gewusst, dass es sie wirklich gibt.«
»Doch, doch, es gibt uns. Aber man lässt uns selten raus, daher sind wir keine Gefahr für die Gesellschaft.«
»So schlimm wird es schon nicht sein.« »Und ob«, sagte ich und dachte an meinen aufregenden Nachmittag in der Abteilung für Nostro-Abstimmungen.
»Mel ist Referendarin und will Anwältin werden. Das dürfte fast genauso langweilig sein.«
Wir schauten zu Mel hinüber, die mit zerzausten Haaren und glänzenden Augen vor Lachen quiekte.
»Sie wird bestimmt eine perfekte Anwältin. Nüchtern, seriös und zuverlässig.«
»Wir sind jetzt alle erwachsen«, sagte Ingrid.
»Und was machst du, wenn du nicht für Vogue um die Welt fliegst?«
»Genau genommen bin ich Redaktionsassistentin bei Patio World. Ein neues Blatt. Du hast wahrscheinlich noch nie davon gehört.«
»Bis jetzt nicht. Aber von nun an zähle ich zu seinen Abonnenten.«
»Dann beeil dich, denn ich glaube, sie stellen die Zeitschrift bald ein. Es gibt sie zwar erst ein halbes Jahr, aber sie ist eine mittlere Katastrophe.«
»Mein Gott.«
»Keine Sorge. Sie werden mich nicht dafür
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