Fatal Error
wissen, während er weiter auf dem Laptop herumtippte.
»Die Pressereaktionen waren ausgezeichnet.« Guy gab ein Bündel Presseberichte herum. »Und unsere Site hat online hervorragende Kritiken bekommen. In den nächsten Wochen erwarten wir noch mehr.«
Tony sah die Kritiken durch. »>Um Längen die beste Fußball-Site im Netz.< Nicht schlecht für eure erste Woche.«
»Es bleibt noch viel zu tun«, sagte Guy. »Wir sind wegen der Online-Wetten mit einem OffshoreBuchmacher im Gespräch. Das könnte eine Goldgrube werden. Laufend werben wir neue Leute an. Neue Autoren, zwei Programmierer, die Owen und Sanjay helfen sollen, und einige Mitarbeiter für die Verwaltung. Außerdem hat unsere Werbeagentur angefragt, ob sie Werbeflächen der Site verkaufen kann. Überleg mal, eigentlich wollten wir das erst versuchen, wenn wir mehr vorzuweisen hätten.«
»Wär ja ganz schön, wenn auch ein bisschen Geld hereinkäme«, sagte Tony.
»Natürlich. Wir machen Fortschritte im Verkaufsbereich.«
Tony schob Kritiken und Laptop beiseite und nahm die Finanzberichte in die Hand, die den Vorstandsunterlagen beigeheftet waren. Er verzog das Gesicht.
»Amy lässt ein Team von Designern an einer Sportkollektion arbeiten«, fuhr Guy fort. »Sie hat Lieferanten in Großbritannien und Portugal aufgetrieben.«
»Wäre Fernost nicht kostensparender?«
»Wir brauchen die Flexibilität, die die rasche Umsetzung von Anweisungen und neuen Entwürfen bringt. Egal, was geschieht, wenn wir anfangen, das Zeug unter unserem eigenen Label zu verkaufen, wird es sehr schnell gehen, deshalb müssen wir auch schnell reagieren können. Außerdem steht Amy in Verhandlung mit den Lieferfirmen von Vereins- und Nationaltrikots und den Herstellern von Fanartikeln.«
»Ist das nicht ein bisschen früh dafür?«
»Die Vorlaufzeit ist lang. Wir müssen vorbereitet sein.«
»Das klingt ja alles sehr viel versprechend«, sagte Tony. »Erzählen Sie uns, was wir dafür zahlen müssen, David.«
Ich erläuterte die Zahlen, die in den Unterlagen der Vorstandssitzung aufgeführt waren. Mit großer Sorgfalt hatte ich sie zusammengestellt und war zufrieden mit dem Ergebnis.
Als ich fertig war, herrschte Schweigen. Tony blickte mich an und tippte sich geistesabwesend mit dem Kugelschreiber gegen das Kinn. Ich versuchte, seinen Blick festzuhalten, und lächelte. Seine Miene blieb steinern. Aufmerksam beobachtete Hoyle seinen Mandanten. Er kannte ihn besser als ich, und er wusste, dass etwas im Busch war.
Ich versuchte, ruhig zu bleiben, doch in meinem Kopf läuteten die Alarmglocken Sturm. Hatte ich etwas Falsches gesagt? Was hatte ich vergessen? Warum begegnete Tony seinem Sohn so freundlich und mir so ablehnend? Hatte das noch immer etwas mit Dominique zu tun?
Schließlich griff Guy ein. »Vielen Dank, David. Wie du siehst, gehen wir vorsichtig mit unserem Geld um und halten uns an die Budgetplanung.«
»Mag sein, dass wir uns an die Budgetplanung halten, aber wir verdienen kein Geld. Stimmt’s, David?« Jetzt war eine gewisse Schärfe in Tonys Stimme.
»Nein, noch nicht«, gab ich zu. »Doch in dieser Phase muss Ninetyminutes erst einmal in das Unternehmen investieren.«
»Wir machen Verluste, ohne dass eine Änderung in Sicht ist. Für mich ist das nicht >ins Geschäft investieren<, sondern >mehr ausgeben, als wir verdienen<.«
Ich wurde sauer. Mein Berufsehre war gekränkt. Ich war der Buchhalter, was fiel ihm ein, mich zu belehren? »Das ist ein Startup. Was erwarten Sie?«
Tony hob die Brauen. Langsam wanderte sein Blick zu Guy und dann wieder zurück zu mir.
»Na gut«, sagte er. »Also dann bis zum nächsten Monat. Ich freue mich, dass die Site so gute Fortschritte macht. Meinen Glückwunsch.« Das galt mehr Guy als mir. »Vielleicht können wir bei unserer nächsten Besprechung etwas genauer auf unsere Finanzstrategie eingehen.«
Das klang Unheil verkündend, trotzdem war ich nicht so besorgt, wie ich hätte sein sollen. Es war ein unangenehmes Treffen gewesen, und ich hatte mich kurzzeitig von Tony beeindrucken lassen. Aber ich würde drüber hinwegkommen. Er hatte mich nicht geröstet, sondern mir eher eine kalte Dusche verpasst. Damit konnte ich leben. Es war eine Frage der Einstellung.
Bald hatten wir unseren Vorsitzenden wieder vergessen. Ninetyminutes entwickelte sich prächtig, und für die größte Schubkraft sorgte Guy. Er war überall. Wenn er die Ideen nicht selber hatte, brachte er die anderen Teammitglieder dazu, sie zu
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