Fatal Error
sind. Das lässt sich auch im Web machen, obwohl die meisten Leute es nicht tun. Wenn ihr euch eine gut gemachte Zeitungs-Site anschaut, könnt ihr erkennen, dass sie mit großer redaktioneller Sorgfalt aufbereitet wird. Wenn man weiß, was man sucht, findet man es auch. Will man nur browsen, stößt man auch auf die interessanten Inhalte.«
»Das ist es!«, sagte Guy und blickte mich triumphierend an.
»Das ist genau das, was ich sage. Also, wie können wir das in den Griff bekommen?«
»Ihr braucht jemanden, der alles koordiniert. Einen Redakteur, einen Herausgeber, egal, wie ihr ihn nennt.«
»Und? Kennst du jemanden, der uns helfen könnte? Und auch dazu bereit wäre?«
Ingrid schwieg einen Augenblick, als brauche sie Zeit, um das Adressbuch in ihrem Kopf durchzublättern.
»Vielleicht.«
»Und? Wer ist es?«
Aber sie nannte uns keinen Namen. Noch nicht. »Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ihr beiden euch zusammengetan habt. Trotz meiner Sticheleien über Wirtschaftsprüfer bin ich bei David nicht sonderlich überrascht. Aber du, Guy? Was ist mit den langen Nächten? Den Frauen? Dem Alkohol?«
Guy trank einen Schluck von dem sprudelnden Wasser, das vor ihm stand. »Gehört alles der Vergangenheit an«, sagte er grinsend.
»Frag Davo.«
Ingrid blickte mich an. Ich nickte.
»Ehrlich«, sagte Guy. »Ich habe mich verändert, seit du mich das letzte Mal gesehen hast. Irgendwann hatte ich in meinem Leben einen Punkt erreicht, wo ich mir beweisen musste, dass ich kein Loser bin, dass ich was auf die Beine stellen kann. Für diese Sache habe ich wirklich hart gearbeitet. Vierzehn Stunden, sieben Tage die Woche, keinen Urlaub, seit wir mit der Site begonnen haben. Und das ist erst der Anfang. Aber das macht mir nicht das Geringste aus. Ich will unbedingt, dass die Sache ein Erfolg wird, Ingrid. Und wenn ich etwas haben möchte, dann kriege ich es im Allgemeinen auch.«
Ingrid hob die Augenbrauen.
»Also, an wen denkst du?«, fragte ich sie. »Und glaubst du, er kommt zu uns?«
»Ich glaube, ich kenne jemanden, der in Frage kommt«, antwortete sie. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob dieser Jemand bereit ist.«
»Sag ihm, er soll einen Tag bei uns verbringen«, schlug Guy vor.
»Wenn er aus beruflichen Gründen wochentags nicht kann, bleibt der Samstag. Wir sind den ganzen Tag im Büro: Chelsea spielt auswärts.«
»In Ordnung.«
»Wer ist es?«, fragte Guy.
Ingrid lächelte. »Ich.«
Guy gab ihr Lächeln zurück. »In dem Fall sehen wir uns am Samstag.«
Ingrid kam am Wochenende. Sie war die Idealbesetzung. Gaz mochte sie. Neil mochte sie. Sogar Owen mochte sie. Mittags sprachen Guy und ich es durch. Nach dem Mittagessen mit ihr hatten wir beide einen Blick auf das Online-Magazin geworfen, das sie entwickelt hatte. Es wendete sich an berufstätige Frauen zwischen dreißig und vierzig, nicht ganz unsere Zielgruppe. Aber das Magazin war gefällig, raffiniert, interessant und professionell. Es sprach an.
Beim Mittagessen am Samstag boten wir ihr die Stellung an. Am Sonntag sagte sie zu. Den Montag brauchte sie, um ihren alten Job zu kündigen, und am Dienstagmorgen war sie bei uns im Büro.
Sie erwies sich als das missing link, das ninetyminutes.com endgültig zum Leben erweckte. Aufmerksam lauschte sie Gaz, lobte ihn und brachte ihn unmerklich dazu, seine Ideen nach ihrer Bedeutung zu organisieren. Mit Owen sprach sie über Hyperlinks und Upload-Zeiten und pflichtete ihm bei, was seine Bedenken hinsichtlich der Skalierbarkeit betraf. Und sie sagte Mandrill, was er zu tun hatte. Es stellte sich nämlich heraus, dass man undurchschaubaren jungen Männern mit Kinnbärten durchaus sagen kann, was sie zu tun haben, wenn man es ihnen auf die richtige Weise sagt.
Unter Ingrids Einfluss wurde unsere Site besser und besser. Weit besser als die anderen aufgemotzten, aber plumpen Fußball-Sites. Unsere wirkte professionell. Sie war der Star.
»Wir müssen schneller vorankommen.«
Ich verschluckte mich fast an meinem Bier. Guys Augen hatten schon wieder den missionarischen Glanz, den sie immer annahmen, wenn er über die Zukunft von Ninetyminutes sprach.
»Schneller vorankommen? Du bist verrückt. Wir haben die Dinge bei dem Tempo, mit dem sie sich augenblicklich entwickeln, kaum noch im Griff.«
Wir waren in der Jerusalem Tavern, dem Pub gegenüber von unserem Büro. Es war halb neun abends, das Ende eines weiteren langen Tages, doch Guy steckte noch voller Energie.
»Spielt keine Rolle. Da ist
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