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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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Standpunkt. Er hatte sich verändert. Das wusste ich. Die Vergangenheit war nicht mehr wichtig.
    »Nein«, sagte ich. »Soll er’s doch selbst herausfinden, wenn er’s kann.«
    Henry hatte noch immer Zweifel in Bezug auf Guy, aber er hatte zweifellos einen Narren an unserem Unternehmen gefressen. Noch in derselben Woche hielten Guy, Ingrid,
    Gaz und ich vor Henrys Partner eine Präsentation, die gut anzukommen schien. Am nächsten Tag suchten Guy und ich Orchestra erneut auf, um einen Vertrag auszuhandeln.
    Die Verhandlungen waren zäh. Wir stritten darüber, welchen Anteil von Ninetyminutes Orchestra für seine zehn Millionen Pfund bekommen sollte. Nach mehreren Stunden waren wir mit unseren Vorstellungen noch immer ein gutes Stück auseinander, als Henry die Frage aufwarf, was aus Tonys Anteilen würde.
    »Mir gefällt nicht, dass dem Management des Unternehmens nach diesem Deal so wenig bleibt«, sagte er. »Egal, worauf wir uns einigen, es dürfen nicht weniger als zehn Prozent sein. Sonst wäre es nicht gut. Der Anreiz wäre nicht groß genug.«
    »Dagegen habe ich nicht das Geringste«, sagte ich. »Vielleicht solltet ihr mehr zahlen.«
    »Das meine ich nicht, und du weißt es«, sagte Henry. »Es geht um Guys Vater. Sein Anteil muss verringert werden.«
    »Das wird schwierig werden«, sagte Guy.
    »Warum hat er überhaupt ein so fettes Stück vom Kuchen bekommen?«, fragte Henry.
    »Wir waren verzweifelt«, sagte ich.
    »Nun, ich habe nichts dagegen, den Wert seiner Aktien hochzusetzen, aber wir müssen einen Weg finden, euch einen größeren Anteil zu verschaffen.«
    »Damit wird er sicherlich einverstanden sein«, sagte Guy.
    »Ich will ihm die Entscheidung erleichtern«, sagte Henry.
    »Wenn er nicht einverstanden ist, wird nichts aus dem Geschäft.«
    »Am Montag haben wir Vorstandssitzung«, sagte Guy. »Dann reden wir darüber.«
    Guy und ich brachen auf, um abzusprechen, wie wir Tony die Sache am besten verkaufen sollten. Guy hatte Henry gesagt, es würde eine schwierige Diskussion werden. Weder er noch ich hatten eine Vorstellung, wie schwierig.

Juli 1992, Mull
    Das Rollfeld war lediglich ein Streifen gemähten Grases mit einem unbemannten Wohnwagen daneben, der eine Geldkassette für die Landegebühren enthielt. Doch wenige Schritte weiter stand ein Hotel mit einem skandinavisch anmutenden Wintergarten, von dem man einen ausgezeichneten Blick auf meine Landebahn hatte. Keiner von uns verspürte die geringste Lust, an diesem Tag noch weiterzufliegen, daher checkten wir ein. Eine halbe Stunde später saßen wir in der Bar. Zwei Stunden später waren wir alle auf dem besten Weg zu einem Vollrausch.
    Wer sollte uns daraus einen Vorwurf machen? Guy war mit den Nerven völlig am Ende, und der Alkohol war seine natürliche Zuflucht. Ich hatte meine Nerven zwar behalten, aber auch mir fielen ganze Steinlawinen vom Herzen, als wir endlich gelandet waren. Mel hatte Todesangst ausgestanden. Und sogar Ingrid, die so beherrscht gewirkt hatte, war es nicht viel besser gegangen. Sie hatte ihre Furcht nur nicht gezeigt. Uns allen erschien es deshalb als die natürlichste Sache der Welt, uns zuzuschütten, und zwar möglichst schnell.
    Keiner von uns erwähnte, was passiert war. Statt seinen Fehler zuzugeben, erging sich Guy in alkoholisierten Prahlereien. Ich ließ ihn gewähren. Ganz tief in meinem Inneren wusste ich, dass ich Guy schon viel zu lange vertraute und dass uns dieses Vertrauen fast das Leben gekostet hätte. Das war die Wahrheit, der ich mich nicht
    stellen mochte, oder jedenfalls noch nicht. Ich war mir nicht sicher, ob die Mädchen so genau mitbekommen hatten, was sich tatsächlich abgespielt hatte. Ich würde es ihnen jedenfalls nicht erzählen. Wie die anderen überließ ich mich einfach der Freude, noch am Leben zu sein.
    Gefährlich nahe kamen wir dem heiklen Thema, als Mel ihre Cola mit Rum absetzte und sagte: »Morgen.«
    »Was ist morgen?«, fragte Ingrid.
    »Scheiß auf morgen«, sagte Guy.
    »Morgen fahr ich mit dem Zug nach Hause.«
    »Geht nicht«, sagte Guy. »Wir sind auf einer Insel.«
    »Na gut. Ich nehm die Fähre und dann den Zug.«
    Guy sah sie einen Augenblick an, als überlege er, ob er mit ihr streiten solle. Dann sah er ein, dass es sinnlos war. »Okay«, sagte er.
    »Ich komm mit«, sagte Ingrid.
    »Davo?« Nach all der Angeberei wirkte Guy plötzlich klein und verletzlich. Er brauchte meine Unterstützung.
    »Wir sorgen dafür, dass die Mädchen gut wegkommen, und dann flieg

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