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Fatal Error

Titel: Fatal Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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ruhig, gefährlich ruhig.
    »Was soll das heißen?«
    »Dass du mich mit meinem Vater vergleichen kannst.«
    »Wie kannst du so etwas sagen?«
    »Wie ich das sagen kann?« Guy wurde nun auch wütend. »Du sagst, dir gefällt es nicht, wie ich dich behandle. Aber ich hab deine Mutter nicht verführt. Du verlangst, dass ich dich mit Achtung behandle, aber wie soll ich dich achten nach dem, was du mit meinem Vater gemacht hast?« »Das ist unfair«, sagte Mel. »Ich hab dir gesagt, wie Leid mir das tut.«
    Guy zuckte mit den Achseln und griff nach seinem Glas.
    »Apropos Frankreich, wie steht es mit dem, was du dort getan hast? Deine kleinen schmutzigen Geheimnisse? Deine Vertuschungsmanöver?«
    Er starrte sie an. Sein Glas blieb zwei Zentimeter vor seinen Lippen in der Luft hängen.
    »Tu nicht so unschuldig, Guy, ich weiß Bescheid.«
    Er sah ganz und gar nicht unschuldig aus, sondern betroffen. Und besorgt. Er stellte sein Glas hin, ohne zu trinken.
    »Wie gesagt, du bist schlimmer als dein Vater.« Eine Spur grausamen Triumphes klang in ihrer Stimme mit. Sie wusste, dass sie einen wunden Punkt erwischt hatte.
    »Mel«, sagte Ingrid und streckte beunruhigt die Hand nach ihr aus.
    »Du hältst dich da raus. Du hast dich eben ja richtig an ihn rangeschmissen. War ja kaum zu übersehen.«
    »Wir haben doch nur rumgealbert«, sagte Ingrid.
    »Du gierst ihn doch schon die ganze Zeit an, du Schlampe«, giftete Mel.
    Ingrid zog ihre Hand zurück. Sie sah ehrlich verletzt aus.
    »Das war nicht fair«, sagte ich zu Mel.
    »Das ist mir scheißegal.« Sie stand auf. »Ich pack meine Sachen und schlaf heute Nacht woanders. Und morgen reise ich allein nach London zurück.«
    Sie stürmte aus der Bar hinaus und die Treppe hoch.
    Wir wechselten erstaunte Blicke. Ingrid schwankte auf ihrem Stuhl etwas hin und her und sah so aus, als würde sie gleich in Tränen ausbrechen. Guy grinste schief. Ich stand auf und folgte Mel.
    Guy und Mel teilten sich ein Zimmer. Durch die offene Tür sah ich sie, wie sie den Reißverschluss ihrer Reisetasche zuzog.
    »Wohin willst du?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht. Irgendwohin.«
    »Aber hier gibt es weit und breit nichts.«
    »Ist mir egal. Wenn es sein muss, gehe ich die ganze Nackt spazieren. Auf jeden Fall muss ich weg von den beiden.«
    »Du bildest dir da was ein«, sagte ich. »Zwischen Guy und Ingrid ist nichts.«
    »Die einzigen Frauen, die nicht hinter Guy her sind, sind Lesben«, murmelte Mel.
    »Das stimmt nicht.«
    Sie richtete sich auf, eine einsame Träne lief über ihr Gesicht.
    »Ich hatte doch Recht, oder? Wegen letztem Freitag?«
    Ihre Augen waren voller Schmerz und blickten mich unverwandt an. Ich konnte sie einfach nicht anlügen und nickte.
    »Und all die anderen Male?«
    Ich zuckte mit den Achseln. Es war nicht nötig, die Frage zu bejahen.
    Sie packte ihre Tasche und schob sich an mir vorbei zur Treppe. Als sie an der Rezeption vorbeiging, rief ich hinter ihr her: »Warte einen Augenblick, Mel.«
    Sie blieb stehen.
    »Sie brauchen deinen Schlüssel.«
    Sie gab ihn mir. Ich fragte den Mann an der Rezeption, ob es für Mel ein Bed and Breakfast in der Nähe gebe. Sie habe Streit mit ihrem Freund gehabt, aber das Zimmer würde trotzdem bezahlt. Er verstand und griff zum Telefon. Nach einem kurzen Gespräch mit einer gewissen Mrs. Campbell beschrieb er mir den Weg zu einem Haus etwa achthundert Meter die Straße hinunter.
    »Ich begleite dich«, sagte ich zu Mel.
    Ich drückte dem Hotelmanager den Schlüssel in die Hand, nahm ihre Reisetasche und ging mit ihr in die Dämmerung. Trotz der fortgeschrittenen Stunde war es in diesen Breiten noch nicht richtig dunkel. Lärmend bereiteten sich die Vögel auf ihren kurzen Schlaf vor. Auf der Straße fuhren keine Autos. Auf der einen Seite lag das Meer - jenseits des Sunds konnte man das schottische Festland deutlich erkennen -, auf der anderen ein Berg. Schweigend trotteten wir die Straße entlang, ein Schweigen, das nur gelegentlich von Mels Schluchzern unterbrochen wurde.
    Sie murmelte etwas.
    »Was?«
    »Ich sagte, wahrscheinlich hab ich es verdient.«
    »Ach, Quatsch«, sagte ich.
    »Wegen Frankreich. Und seinem verdammten Vater, Wahrscheinlich verdiene ich es.«
    Ich legte meinen Arm um sie und drückte sie. Sie brauchte Trost. »Deswegen bestimmt nicht«, sagte ich. »Deshalb auf keinen Fall. Das solltest du endlich einmal vergessen.«
    »Ich versuche es ja aus meinem Gedächtnis zu streichen. Eine Zeit lang geht das auch. Aber

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