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Fatal - Roman

Titel: Fatal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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kümmern.
    »Ich kann’s, Mama. Ich will noch mal.«
    »Es ist zu gefährlich, mein Großer.«
    »Noch mal! Noch mal!«
    Ellen verließ den Valley Forge Park und suchte den richtigen Weg zurück in die Stadt. Die Straßen waren bereits verstopft, denn am Freitag begann der Berufsverkehr früher als sonst. Es schneite wieder. Sie fuhr langsam über eine Kreuzung und versuchte sich an den Straßenschildern zu orientieren, was schwierig war. Route 202 oder 411? Hinter ihr erhob sich wildes Gehupe.
    »Ich will noch mal! Wir sind nur ein Mal gefahren!«
    »Wir fahren jetzt nach Hause, und ich mache uns einen heißen Kakao. Was hältst du davon? Du magst doch heißen Kakao.«
    »Bitte, Mama, bitte, noch mal!«
    »Wenn du größer bist.« Ellen wusste sofort, dass sie gerade das Falsche gesagt hatte.
    »ICH BIN NICHT MEHR KLEIN!«, schrie er. Ellen antwortete nicht. Sie wollte diesem kindlichen Molotowcocktail aus Enttäuschung und Übermüdung nicht noch mehr Zunder geben. Sie bog nach links ab auf der Suche nach einer Highway-Einfahrt, als sie das Heulen einer Sirene hinter sich hörte.
    »Ist das die Feuerwehr, Mama?« Will hörte abrupt auf zu weinen. Ellen sah in den Rückspiegel.

    Ein Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht fuhr direkt hinter ihr. »Heute ist wirklich mein Glückstag.«
    »Was, Mama?«
    »Es ist die Polizei.« Ellen hatte keine Ahnung, was sie falsch gemacht hatte. Sie war die ganze Zeit langsam gefahren. Ihr stechender Kopfschmerz meldete sich wieder. Sie fuhr auf den Seitenstreifen, der Polizeiwagen folgte ihr.
    »Warum hält er uns an?«, fragte Will schniefend.
    »Keine Ahnung, aber alles ist in Ordnung.«
    »Warum macht er diesen Krach?«
    »Damit alle mitkriegen, dass er da ist.«
    »Und warum ist er da?«
    Ellen stöhnte innerlich auf. »Vielleicht bin ich zu schnell gefahren. Wir werden es gleich erfahren.«
    »Warum bist du zu schnell gefahren?«
    »Bleib ruhig, mein Schatz. Es ist alles in Ordnung.« Die Tür des Streifenwagens öffnete sich, und ein großer, kräftiger Polizist mit einem kleinen Klemmbrett in der Hand stieg aus. Sie öffnete das Wagenfenster. Ein Schwall kalter Luft schlug ihr ins Gesicht. »Was gibt es, Officer?«
    »Führerschein und Wagenpapiere, bitte.«
    »O nein.« Sie hatte weder Wagenpapiere noch Führerschein dabei. Die waren in ihrer Handtasche zu Hause. Die Fahrt nach Valley Forge hatte sie ja ursprünglich nicht geplant. Sie nahm die Sonnenbrille ab und rieb sich die Augen. »Das ist heute nicht mein Tag. Ich habe die Papiere zu Hause gelassen.«
    Der Polizist verzog das Gesicht. Er war jung, und unter der Krempe seiner tief ins Gesicht gezogenen Dienstmütze blickten helle Augen hervor. »Haben Sie irgendetwas dabei, mit dem Sie sich ausweisen können?«

    »Leider nicht. Alle Papiere sind zu Hause. Was habe ich getan?«
    »Sie haben ein Stoppschild überfahren.«
    »Das tut mir leid. Ich habe es nicht gesehen. Ich habe die Abzweigung nach Philadelphia gesucht.«
    »Was hast du angestellt, Mama?«, fragte Will. Der Polizist beugte sich vor und sah sich Will durch das offene Fenster hindurch an.
    Plötzlich wurde Ellen von Panik befallen. Was, wenn die Staatspolizei immer eine Liste der gekidnappten Kinder bei sich hatte? Was, wenn Timothy Braverman auf dieser Liste stand? Was, wenn man auch an die Polizisten den Flyer verteilt hatte? Was, wenn der Beamte Will als Timothy identifizierte? Ellen wusste nicht, ob diese Fragen paranoid waren. Jedenfalls konnte sie sich nicht gegen sie wehren.
    »Netter Junge«, sagte der Polizist mit ernster Miene.
    »Danke.« Ellen hielt sich am Lenkrad fest. Ihr Herz begann zu pochen.
    »Er sieht unglücklich aus«, sagte der Polizist und verteilte Atemwölkchen in der eisigen Luft. Er starrte Will weiter an. Ellen befahl sich, ruhig zu bleiben. Sie benahm sich wie eine Kriminelle, dabei hatte sie gar nichts getan.
    »Er ist nur müde.«
    »ICH BIN ÜBERHAUPT NICHT MÜDE, MAMA«, schrie Will dazwischen.
    »Ich habe einen Neffen, der genauso rumbrüllt«, sagte der Polizist mit einem Anflug von Lächeln. »In Ordnung, Miss, Sie haben heute Ihren Glückstag. Ich lasse Sie ohne Papiere weiterfahren, aber machen Sie keine Gewohnheit daraus, verstanden?«

    »Ja, vielen Dank, Officer«, sagte Ellen. Sie spürte ein Beben in ihrer Stimme.
    »Augen immer nach vorn auf die Straße und keine Telefonate.«
    »Das verspreche ich Ihnen. Danke.«
    »Gute Fahrt und Vorsicht beim Einfädeln.« Der Polizist ging zu seinem Wagen zurück, und

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