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Fatal - Roman

Titel: Fatal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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sie nicht hören konnte. »Wenn ich dir sage, dass Will vielleicht gar nicht Will ist, sondern ein Junge mit Namen Timothy Braverman, der vor zwei Jahren in Florida entführt worden ist, was …?«
    »Wie bitte?« Während sie ihm die ganze Geschichte erzählte, wurden seine Augen immer größer. Sie erzählte ihm von dem Flyer, von dem Phantombild und von ihren Besuchen bei Gerry und Cheryl. Zweimal wurde sie von Will unterbrochen. Zweimal schickte sie ihn zu seiner Spielzeugkiste zurück. Zuletzt musste sie ihn mit einer Tüte Kartoffelchips bestechen.
    »Was hältst du von der Sache?«, fragte Ellen.
    »Was ich davon halte?« Ihr Vater sah sie entgeistert an. »Meinst du das ernst?«
    »Ja.«

    »Du bist genau wie deine Mutter.«
    »Und das bedeutet?« Ellen spürte, dass ihr Vater verärgert war. Sein Missmut brannte sich wie ein glühendes Stück Erz in ihre Brust.
    »Das bedeutet, dass du eine notorische Schwarzseherin bist. Du machst dir zu viele Sorgen.«
    »Ich mache mir zu viele Sorgen?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Du hast das geträumt. Du spinnst.«
    »Dad, ich spinne nicht.«
    »Aber du hast keine Fakten. Das sind alles nur Vermutungen.« Er zog die Stirn in Falten und sah sie nachdenklich an. »Du stellst eine Menge Vermutungen an. Das alles kann wahr sein oder auch nicht. Und du willst Journalistin sein?«
    »Vermutungen?«
    »Diese verdammten Flyer behaupten weiß Gott was. Ich bekomme sie auch.«
    »Hast du den mit Timothy Braverman bekommen?«
    »Woher soll ich das wissen? Bei mir landen sie sofort im Müll.«
    »Warum? Da geht es um das Schicksal realer Kinder und realer Eltern.«
    »Die aber nichts mit mir oder dir oder meinem Enkel zu tun haben.«
    Ellen versuchte es auf andere Weise. »Okay, ich habe dir das letzte Mal, als ich hier war, ein Foto gezeigt. Erinnerst du dich?«
    »Nein.«
    »Du sagtest, der Junge auf dem Foto sei Will. Erinnerst du dich?«

    »Ja, und weiter?« Ihr Vater wirkte entnervt.
    »Es war nicht Will, es war Timothy Braverman. Du dachtest aber, es wäre Will.«
    »War wohl ein Trick von dir, oder?«
    »Nein, Dad. Stell dich nicht stur. Du musst das ernst nehmen.«
    »Das kann ich nicht. Mir ist das zu albern.«
    »Dad.« Ellen fasste ihn am Arm, sein Mund entspannte sich ein wenig. »Das war kein Trick. Der Junge auf dem Foto war nicht Will, sondern Timothy. Sie gleichen einander aufs Haar.«
    »Gut, zwei Kinder sehen sich ähnlich. Und weiter?«
    »Vielleicht sind sie ein und dieselbe Person.«
    »Unmöglich.« Ihr Vater lachte beinahe. »Und mit diesen Phantomzeichnungen kannst du alles Mögliche anstellen. Ich kenne sie vom Fernsehen. Wenn Will ein Bild anmalt, sieht es genauso aus. Schau in seine verdammte Kiste, da hinter der Tür. Die ist voll davon.«
    »Nein, das sind Profis, die das machen. Das ist sehr seriös.«
    »Niemand kann mir weismachen, dass ein gezeichnetes Bild hundertprozentig ernst zu nehmen ist.« Ihr Vater lächelte sie an. Es war ein Lächeln, mit dem er sie von dem Wahnsinn, den sie ihm präsentiert hatte, abbringen wollte. Und für einen Augenblick gelang es ihm. »Verdammt noch mal, du hast diesen kleinen Jungen - mein einziges Enkelkind - legal adoptiert. Zusammen mit einer Anwältin.«
    »Die sich umgebracht hat.«
    »Wie bitte? Was erzählst du da?«
    Sie wusste nicht, warum sie das erzählte. »Ein Zufall wahrscheinlich. Trotzdem seltsam.«

    »Bah!« Ihr Vater winkte ab. »Vergiss diesen ganzen Unsinn. Du hast diesen Jungen adoptiert, und er liebt dich. Er war damals halb tot. Niemand wollte ihn außer dir. Niemand kümmerte sich um ihn.«
    Ellen war gerührt, aber das war jetzt nicht der Punkt. »Ist er Timothy oder nicht?«
    »Will ist nicht Timothy. Er sieht ihm nur ähnlich. Er ist Will. Er gehört zu uns.« Ihr Vater hielt inne und lächelte sie verstohlen an. »Zum Beispiel Joshie und Jakie, die Enkelkinder von Barbara. Du könntest sie vertauschen, und es würde niemandem auffallen.«
    »Sind sie Zwillinge?«
    »Nein. Aber sie sehen sich ähnlich. Will sieht ihnen auch ähnlich. Alle kleinen Jungen sehen sich ähnlich.«
    Ellen musste laut lachen, was ihr guttat.
    »Ich habe nur die Wahrheit gesagt.« Ihr Vater ließ nicht locker. »Hat nie jemand zu dir gesagt: ›Hey, du siehst genauso aus wie jemand, den ich kenne?‹ Ist dir das nie passiert, mein schönes Mädchen?«
    »Natürlich.«
    »Natürlich! Mir passiert das andauernd. Ich sehe vielen schönen Männern ähnlich. George Clooney, zum Beispiel.« Ihr Vater grinste. »Mehr

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