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Fatal - Roman

Titel: Fatal - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blanvalet-Verlag <München>
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steckt hier auch nicht dahinter. Mach dir also keine Sorgen.«
    Ellen fühlte sich etwas erleichtert. »Meinst du wirklich?«
    »Ich weiß das. Die beiden sehen sich nur ähnlich. Will gehört zu uns. Für immer.« Ihr Vater umarmte sie. Er glaubte, die Partie gewonnen zu haben.
    »Dad, du hast mich über den Tisch gezogen.«
    »Das mache ich doch immer, Kleines.« Er grinste wieder.
»Eine leichte Übung, wenn man an das glaubt, was man dem anderen verkaufen will. Und das tue ich. Entspann dich also, mein Schatz. Du regst dich auf wegen nichts. Vergiss den Unsinn.«
    Ellen wollte ihm glauben. Wenn Will nicht Timothy war, dann war alles in Ordnung, und sie konnte wieder glücklich sein.
    »Triffst du dich mit jemandem?«
    »Bitte?« Ellen hatte den Themenwechsel nicht mitbekommen. »Du meinst, mit einem Mann?«
    »Genau das meine ich.« Ihr Vater schmunzelte.
    »Nein.«
    »Niemand seit diesem … wie hieß er noch?«
    »Niemand.«
    »Es gibt niemanden, der dich interessiert?«
    Ellen dachte an Marcelo. »Eigentlich nicht.«
    »Aber warum denn nicht?« Er wollte sie aufmuntern. »Ein heißer Feger wie du! Warum gräbst du dich ein? Du solltest mehr ausgehen. Genieße das Leben. Geh tanzen.«
    »Ich habe Will.«
    »Um den kümmern wir uns beide.« Ihr Vater legte eine Hand auf ihre Hüfte und summte ihr ins Ohr: »Ich führe, Sie folgen.«
    »Okay, ich habe verstanden.« Ellen lachte, und ihr Vater legte den Arm um ihre Taille, sang »Steppin’ out with my baby« und tanzte einen perfekten Foxtrott mit ihr um den Küchentisch herum.
    »Will, schau dir deinen alten Großvater an!«, rief Ellen nach hinten, und im nächsten Augenblick kam Will schon in die Küche gelaufen.
    »Was ist hier los!« Die beiden nahmen ihn bei der Hand
und tanzten zu dritt weiter. Ihr Vater sang dazu, und Will blickte abwechselnd zu seiner Mama und seinem Opa hoch. Seine blauen Augen strahlten.
    Ellen sang nicht mit. Unvermittelt durchzuckte sie ein stechender Schmerz, und sie brach beinahe in Tränen aus. Ach, wäre ihre Mutter doch noch am Leben! Sie könnte Will bei der Hand nehmen, und zu viert würden sie sich als glückliche Familie im Kreis drehen.
    Ein unerfüllbarer Wunsch. Ellen jagte ihn zum Teufel. Mit Tränen in den Augen betrachtete sie ihr Kind.
    Er gehört zu uns.

39
    Es war schon spät, als sie mit Will nach Hause kam. Sie hatten im Club ihres Vaters zu Abend gegessen. Will hatte Serviettenkunststücke gemacht, und Ellen hatte Timothy Braverman vergessen, zumindest zeitweilig. Kinder konnten ihre Eltern aufmuntern, ihnen sogar neuen Lebensmut schenken. Ein schöner Ausgleich für die Sorgen, die sie ihnen bereiteten. Ob hinter diesem Tauschhandel ein Plan Gottes steckte?
    Sie las Will vor dem Einschlafen aus ein paar Büchern vor, dann ging sie nach unten, um die Küche abzuschließen. Die Schachtel mit den Sachen ihrer Mutter stand auf der Ablage. Oreo Figaro schnupperte daran und rieb seine schwarze Schnauze an der Pappe.
    Ellen streichelte seinen Rücken, sie spürte seine Wirbelsäule. Der Anblick der Pappschachtel ließ sie traurig werden.
Sie war kaum einen halben Meter breit. Konnte man eine Mutter so einfach entsorgen? Konnte man eine Mutter so schnell durch eine andere ersetzen?
    Du könntest sie vertauschen, und es würde niemandem auffallen.
    Ellen öffnete die Schachtel. Oreo Figaro erschrak unsinnigerweise und sprang auf den Boden. In dem Karton lag eine Vielzahl gerahmter Fotos, ganz oben ein farbiges Hochzeitsbild ihrer Eltern. Sie nahm es heraus. Ihre Gefühle schob sie beiseite. Das Hochzeitspaar stand unter einem Baum. Ihr Vater trug einen Smoking und hatte sein strahlendstes Siegerlächeln aufgesetzt. Das Lächeln ihrer Mutter war zart und scheu, es passte zu ihren feinen Gesichtszügen. Ihr kurzes braunes Haar hatte sie mir Haarspray gefestigt. Sie hatte runde Augen und eine kleine schmale Nase, die an einen Vogelschnabel erinnerte. Neben ihrem riesigen und selbstbewussten Ehemann sah Mary Gleeson mit ihren eins zweiundfünfzig wie ein Zwerg aus.
    Ellen sah sich auch die anderen Fotos an. Der Trübsinn holte sie ein. Da war ein Foto ihrer Eltern in einem Paddelboot. Ihr Vater stand aufrecht im Boot, ihre Mutter lachte, hielt sich aber ängstlich an den Bootswänden fest. Auf einem anderen Foto, das bei einer Hochzeitsgesellschaft aufgenommen worden war, drehte sich ihre Mutter unter dem Arm ihres Vaters hindurch wie eine Puppe im Kreis.
    Ellen legte das Foto auf den Tisch. Sie kannte es - wie die anderen

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