Fatales Vermächtnis
Vahidin legte all seinen Hass und seinen Zorn in die Worte, um ihnen noch mehr Kraft zu verleihen.
Zvatochna bemerkte sein Tun und schrie auf. Halt ein!, dem Leib!
»Ich fürchte mich nicht mehr vor dir«, entgegnete er behäbig
und mit rauschschwerer Zunge. Die Kräuter machten seinen Mund taub, doch ohne sie vermochte er es nicht, derart tief in die Geisterwelt einzutauchen. »Du wirst sterben. Für immer!« Er setzte seine Energien frei und griff nach ihrer Seele.
Zvatochna wich aus! Dann prallte sie gegen ihn und zerfloss, hüllte ihn ein. Ich werde dich ersticken, Mensch! Du bist ein hübscher Jüngling und wirst mir als... Sie brach ab. Nein, du bist kein Mensch. Was...
Vahidin bekam tatsächlich keine Luft und langte nach ihr, um sie von sich wegzuziehen, doch seine Hände griffen ins Leere. Weil sie ihm Mund und Nase verschloss, konnte er die Sprache der Zweiten Götter nicht benutzen, um sich damit gegen sie zu wehren. Er schwankte. Du bist kein Mensch, wiederholte sie entzückt. Etwas verbirgt sich in dir, Jüngling. Ich kenne es irgendwoher... Du erinnerst mich an Mortva! Zvatochna ließ unvermittelt von ihm ab und umkreiste ihn. Bist du ein Kind von ihm? Dann höre mein Angebot ...
Vahidin atmete tief ein. »Du kennst mich, Mörderin!«, schrie er sie an. »Du hast Aljascha getötet, deine eigene Mutter, und mich zum Waisen gemacht!«
Vahidin? Zvatochna lachte. In dieser kurzen Zeit bist du zum Mann gereift? Mehr als beeindruckend. Nun, jetzt wo ich weiß, dass wir Geschwister sind, sollten wir uns vertragen. Wir könnten Ulldart gemeinsam ...
Vahidin hatte genug Kraft gesammelt, um einen zweiten Angriff zu wagen 1 und er traf! Dunkelrote Fäden schössen aus seinem Schwert und legten sich um die Seele, schnürten sie zusammen und zerteilten sie in viele kleine Fetzen.
Zvatochna schrie gellend, aber es half ihr nichts, Vahidin unternahm einen zweiten Angriff, um sicherzugehen, dass er ihre Seele vollkommen zerstört hatte. Die Fäden peitschen umher, zerschnitten die einzelnen flirrenden Überbleibsel unbarmherzig, mitleidslos, bis sie kleiner als Staubkörner waren und an eine Nebelwolke erinnerten. Das Leuchten verblasste, und die Seele erlosch, verschwand restlos.
»Für dich, Mutter«, sagte er leise und schluckte schwer. »Dein
Tod ist gerächt!« Er hob sein Schwert gegen die Wände aus Seelen. »Vernehmt mich, ihr Geister der Verstorbenen! Eure Meisterin ist vernichtet, und ihr gehorcht nun mir!« Ein leises Summen erklang, die Kugeln flackerten und schienen
sich zu unterhalten.
»Ich befehle euch: Vernichtet die...«
Neben sich gewahrte er unvermittelt eine schnelle Bewegung und tauchte hastig unter dem Hieb gegen seinen Kopf weg.
Die aldoreelische Klinge trennte ihm ein fingernageldünnes Stückchen Schädel mitsamt der Kopfhaut oberhalb des rechten Ohres ab. Sofort lief Blut aus der Wunde; es schmerzte grausam. Tokaro fluchte, sprang vorwärts und schlug erneut zu. »Auf ihn, Gän!« Der Nimmersatte schwang seine Waffe und holte zum Schlag aus, dem Vahidin nicht mehr ausweichen konnte; dafür war er zu sehr von den Rauschmitteln benebelt.
Sein Gesicht verzerrte sich, und er öffnete die Lippen. Es war weise gewesen, Reserven für den Notfall aufzusparen.
Tokaro schlug ein zweites Mal zu.
Vahidin hatte seinen Zweck erfüllt und durfte nicht länger am Leben bleiben. Dafür war der Sohn von Mortva Nesreca einfach
zu mächtig.
Die Klinge sirrte auf den Hals zu und hatte ihn fast erreicht -da gab Vahidin einen Laut von sich. Man konnte ihn nicht beschreiben, er war dunkel und hell zugleich, tat in den Ohren weh und verhinderte das Luftholen.
Tokaro wurde vom Wind gepackt und weggeschleudert, die Erde fiel tief unter ihm zurück, dann prallte er gegen etwas Hartes und klammerte sich instinktiv daran fest. Einen Sturz aus acht Schritt Höhe hätte er nicht überstanden.
Er hing an einem der Katapulttürme, beinahe ganz oben. Von
dort aus sah er, wie der Boden um Vahidin wich, als sei der Kahlköpfige ein fassschwerer Brocken, der in einen ruhigen See fällt und eine kreisförmige Woge auslöst.
Der Durchmesser wuchs und wuchs mit jedem Wimpernschlag,
drei Schritte, sieben Schritte, dreizehn Schritte! Zelte, Nicti, Erde, alles wurde zu einem Wall aufgetürmt, der sich höher und höher
drückte; die Ebene erbebte unter der Gewalt, und sogar der Turm
schwankte leicht.
»Estra!«, schrie Tokaro entsetzt. Sie und Lodrik mussten sich
irgendwo dazwischen befinden. Hastig
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