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Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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solcher Brachialgewalt über die Ulldarter her, wie sie selbst die Tzulandrier nicht an den Tag gelegt hatten.
    Überall glommen die giftgelben Augen, ein lautes Fauchen und Knurren lag in der Luft. Doch bei aller Wildheit lag eine Taktik ihrem Angriff zugrunde. Die schwer gepanzerten Einheiten rannten durch die erste Linie des Geeinten Heeres, bis sie tief in die Reihen eingedrungen waren und die Bogenschützen erreicht hatten; weitere Abteilungen hetzten auf die kensustrianischen Katapulte zu, um sie zum Verstummen zu bringen.
    Leichter gerüstete Nicti kümmerten sich um die hustrabanische Kavallerie. Wegen der Wendigkeit der Fremden war es für die Reiter fast nicht möglich, den Gegner zu treffen. Die Nicti huschten zwischen und sogar unter den Pferden entlang, stachen den Kavalleristen immer wieder von hinten in die Beine oder trennten
    ihnen die Füße ab, bis sich die Hustrabaner in die Flucht retteten. Perdor verfolgte die Schlacht von der Plattform herab mit Entsetzen. Neben ihm lag die ohnmächtige Alsa, die Anstrengung war zu viel für sie gewesen; Brahim kauerte neben ihr und hielt sich nach wie vor die Hände vors Gesicht, und auch das gute Zureden des Hofnarren brachte ihn nicht dazu, sie wegzunehmen. Diese Verbündeten taugten in der Schlacht nichts mehr.
    »Was tun wir?«, fragte er Tuandor. »Rückzug?«
    »Wohin, Majestät? In unsere brennenden Gräben?«, meinte der Prinz. »Wir müssen siegen oder untergehen.«
    Perdor sah mit an, wie sich das Geeinte Heer aufbäumte und einen letzten Ausfall unternahm. Es waren zwanzigtausend Mann geblieben, und dennoch drängten sie die beinahe doppelte Anzahl von Feinden rückwärts. Es war die Macht der Verzweiflung und das Wissen, dass sie siegen mussten. Oder Kalkül der Nicti.
    Das Geeinte Heer marschierte vorwärts, die Kensustrianer mähten die anstürmenden Nicti mit ihren Katapultmaschinen nieder und richteten sie dann gegen die Einheiten, welche die ulldartischen Bogenschützen in Bedrängnis brachten.
    »Gerechter, bist du dieses Mal auf unserer Seite?«, fragte Perdor und zwang sich, nicht zu früh zu jubeln.
    Da flammte hinter der Front eine Glocke aus schimmerndem Licht auf, und der König vermutete, dass es das Heer aus Seelen war. Dass sie sich den Menschen offen zeigten, machte ihn unruhig, und er rief Brahim zu sich. Aber der Nekromant schüttelte Fiorells Hand ab und regte sich nicht weiter. Er wippte vor und zurück und wimmerte.
    Das Geeinte Heer verstand das Erscheinen der Geister als Drohung und verlangsamte seine Anstrengungen.
    »Nein, nicht nachlassen!«, schrie Perdor und fuchtelte mit dem freien Arm, weil er mit dem anderen das Fernrohr hielt. »Macht schon!«
    Plötzlich lösten sich die Nicti von den Ulldartern und rannten
    Los, gleichzeitig tat sich der Boden der Ebene auf, und sieben
    Hausgroße, gepanzerte Türme aus Holz schoben sich in die Höhe.
    Dem König wurde schlecht, als er erkannte, was sie trugen: Sie waren von oben bis unten mit Katapulten besetzt, die ihre tödliche Fracht gegen die Ulldarter schleuderten. Speer um Speer ging auf das Geeinte Heer nieder, und ein Ende war nicht abzusehen.
    Perdor sah die endlosen Regale voller Geschosse, die von den
    Bedienmannschaften eingelegt wurden. Er vermochte sich nicht vorzustellen, welcher Schrecken bei den Soldaten angesichts dieser Überlegenheit herrschte. Kein Schild, keine Rüstung taugte etwas gegen den Beschuss. Wo ein Speer niederging, tötete er.
    Die Soldaten der Nicti warteten zwischen den Türmen und ließen die Katapulte die Arbeit verrichten, während sie die Feinde mit lautem Rufen und Lachen verhöhnten.
    Einen Befehl zum Rückzug benötigten die Ulldarter nicht mehr. Sie warfen Ballast von sich und rannten davon, weg von den Türmen; jetzt nahmen die Nicti die Verfolgung auf und setzten dem letzten Häuflein aus rund achttausend Mann nach, um es gänzlich aufzureiben. Vahidin sah Zvatochnas Seele vor sich. Sie hatte die Form eines dunkelrot leuchtenden Bluttropfens, und in ihrem Inneren lag eine tiefe Schwärze, wie ein Brunnenloch, das ins Nirgendwo zu führen schien. Man konnte vor ihr Angst haben. Er nicht.
    Es war ihm einmal widerfahren, als er die Wolke zum ersten Mal gesehen und sich sein Verstand schutzlos außerhalb seines Körpers befunden hatte. Doch heute standen die Dinge günstiger für ihn.
    Er richtete das Schwert auf sie und murmelte jengorianische Beschwörungsformeln, wie Sainaa sie ihn gelehrt hatte, um einen bösen Geist zu bannen,

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