Fatales Vermächtnis
nur ein Wort, und ich lasse dich wieder gehen.«
»Ja, Herr.« Sie schluckte. »Man sagte mir, dass Ihr meine Familie töten lassen würdet, wenn ich nicht zu Euch komme.«
»Nun, du bist ja zu mir gekommen, also wird ihr nichts geschehen.« Vahidin stellte sich vor sie, drückte ihr Kinn mit dem Zeigefinger nach oben, dann nach rechts und links. Das Mädchen war nicht hübsch, die Nase war schief und die Ohren standen für seinen Geschmack zu weit vom Kopf ab, aber das zählte nicht. Sie musste eine Frau sein, mehr brauchte er nicht von ihr. Sogar ihr Name hatte keine Bedeutung für ihn. »Schenkst du mir ein Lächeln?«
Sie sah ihm in die Augen und wollte etwas erwidern, was keinesfalls freundlich war, doch sobald sich ihre Blicke trafen 1 war es um sie geschehen.
Vahidin setzte eine Prise Magie ein und benebelte ihren Verstand. Von nun an war er in ihrer Vorstellung genau der Mann, nach dem sie sich immer verzehrt hatte. Sie würde es nicht erwarten können, sich ihm hinzugeben. Nur darauf kam es ihm an.
Das Mädchen lächelte, nein, es strahlte ihn an und streckte die Hand sehnsüchtig nach seinem Gesicht aus. »Wie sehr ich mich nach dir gesehnt habe, Liebster«, raunte sie verlangend. Vahidin führte sie ans Bett und zog sie mit sich nach unten auf das Lager. »Zeige mir, wie sehr«, antwortete er und küsste sie auf den Mund.
Nicht lange danach verließ die junge Frau sein Gemach, und Vahidin nahm die Liste vom Nachttisch, die er mit der beschrifteten Seite nach unten abgelegt hatte.
Es dauerte etwas, bis er ihren Namen zwischen den einundfünfzig anderen fand und dahinter einen Haken setzte. Ein Samen mehr war eingepflanzt worden, siebenundzwanzig weitere müssten folgen, während die übrigen hoffentlich bereits keimten und ihm die Art von Verbündeten brachten, die er gegen Zvatochna benötigte. Mächtige Verbündete, versierte Verbündete, halbgöttliche Verbündete. Vahidin schenkte sich Wein ein, stand auf und warf sich den Morgenmantel über seinen perfekten Körper. Er sah aus dem Fenster und verfolgte, wie sie zurück zu ihrem Haus ging. Immerhin war es keine Jungfrau gewesen.
»Es war bisher eine einzige Unbefleckte darunter«, murmelte er belustigt und nippte an seinem Getränk. »Da sage mir einer, dass es ein züchtiges Leben auf dem Land gebe.« Lachend trat er zum Schrank, aus dem er sämtliche Kleider des Bürgermeisters geworfen hatte, und sperrte ihn auf. Darin befanden sich vier Waffen, denen man die Besonderheit
auf den ersten Blick nicht ansah: die zwei Schwerter, das Beil sowie der Morgenstern wirkten wie gewöhnliche Instrumente des
Todes. Doch bei Zugabe von Magie verwandelten sie sich in überirdische Waffen, die alles, was sie berührten, vernichteten. Aus den ehemaligen aldoreelischen Klingen, die sein Vater Mortva hatte stehlen und einschmelzen lassen, waren neue Artefakte geworden, die lediglich Kriegern dienten, die ein magisches Talent besaßen.
Vahidin berührte sie der Reihe nach. »Bald«, flüsterte er ihnen
zu, als verstünden sie ihn, dann schloss er die Türen.
Im gleichen Augenblick wurde der Eingang geöffnet, und Sainaa eilte wutentbrannt ins Schlafzimmer. Die Federn, die in ihr dunkelbraunes Haar eingearbeitet waren, wehten. Sie trug ein dickes, beigefarbenes Winterkleid, darüber eine lederne Jacke und flache Schuhe an den Füßen; an ihrem breiten Gürtel baumelten kleine Lederbeutelchen.
Sie sah sich um, bemerkte die zerwühlten Laken und warf Vahidin einen empörten Blick aus ihren Mandelaugen zu. »Du hast es schon wieder getan!«, rief sie ihm vorwurfsvoll entgegen, dann stellte sie sich vor ihn hin und holte zu einer Ohrfeige aus.
Vahidin hielt ihren Arm fest. »Ich kann dir. nicht versprechen, es nicht mehr zu tun«, erwiderte er freundlich, aber bestimmt. »Du weißt, dass mir eine Frau nicht ausreicht, Sainaa.« Er ließ sie los und sank vor ihr auf die Knie. »Doch danach überkommt mich die Reue, Liebste. Ich fühle mich widerlich und verabscheue mich aus tiefstem Herzen, weil ich unsere Liebe damit jedes Mal mit Füßen trete.« Er klammerte sich an ihre Oberschenkel. »Es bleibt mir nur, dich um Verzeihung zu bitten.«
»Das ist sehr bequem...«
»Es ist wie eine fremde Macht, die mich überkommt. Deswegen möchte ich so sehr die Welt der Geister verstehen, Sainaa! Sie sollen mich auf den Pfad der Rechtschaffenheit bringen, mir Einsicht geben und beistehen, dir allein die Treue zu halten.« Vahidin hob den Kopf und sah ihr in die
Weitere Kostenlose Bücher