Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fatales Vermächtnis

Fatales Vermächtnis

Titel: Fatales Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Füße scheuerten sich wund, sie schmerzten und waren aufgequollen. Und keine Spur von Zvatochna. Niemand hatte von einer schrecklich entstellten Frau außerhalb eines Totendorfes gehört; es gab ein paar Hinweise auf Totendörfer, doch sie hatten sich als ein Irrtum herausgestellt. »Soscha?«, rief Lodrik und hoffte, dass sich seine gespenstische Begleiterin zeigte. Stattdessen betrat eine Gestalt mit einem Rucksack den Innenhof und marschierte auf den Eingang des Hauptgebäudes zu. Sie klopfte, es wurde ihr geöffnet, und der Knecht zeigte nach einem knappen Wortwechsel auf Lodrik. Die Gestalt nickte und kam auf die Scheune zu. Lodrik wurde neugierig. Ein Bote?
    Die Gestalt war eine Frau. Sie trug lederne Kleidung und einen Lederumhang; unter der Kapuze sah er ein hübsches Gesicht mit hohen Wangenknochen, die ihn an Norina erinnerten. Angesichts des Schmucks in ihren Haaren schloss er darauf, eine Angehörige des Volksstammes der Jengorianer vor sich zu haben.
    Enttäuschung breitete sich in ihm aus.
    Es war keine Botin, sondern eine Ausgestoßene, der es ähnlich
    erging wie ihm. Die wenigsten Menschen wollten etwas mit den
    Jengorianern zu tun haben, die bewusst an ihren uralten Riten
    und Vorstellungen von Geistern festhielten. Ulldrael war für sie zwar ein Gott, aber nicht wichtig für sie.
    Die Frau trat in den Schutz der Scheune und warf den regen getränkten Umhang samt Rucksack ab.
    »Ich grüße dich«, sagte sie zu ihm und schien keine Angst vor ihm zu haben. »Die Menschen dieses Hofs sind nicht sehr zutraulich, wenn sie all ihre Gäste im Stroh schlafen lassen.« Sie fröstelte. »Das wird eine unangenehme Nacht.«
    »Im Stroh ist es warm. Du musst tief genug hineinkriechen«, empfahl er ihr und bot ihr etwas von seinen Vorräten an. »Als Jengorianerin müsstest du Ablehnung gewohnt sein.«
    Sie sah ihn verwundert an und schnitt sich mit ihrem Dolch ein fingerlanges Stück Wurst ab. »Danke sehr. Umso mehr freut es mich, dass du mit mir teilst.«
    Lodrik betrachtete sie genauer. Der Rucksack beulte sich nicht über die Maßen aus, also führte sie kaum etwas mit sich und war auf einen langen Marsch nicht vorbereitet. »Ungewöhnlich«, sagte er dann.
    »Was ist ungewöhnlich?« Sie setzte sich etwas entfernt von ihm ins Stroh.
    »Eine einzelne von euch anzutreffen. Ich frage mich, warum du allein unterwegs bist.«
    »Mein Lager existiert nicht mehr, und so suche ich ein neues«, gab sie zur Antwort. »Eine Krankheit, die ich als Einzige überlebte.«
    Lodrik lauschte auf das Rauschen des Regens, der sich auf dem Dach sammelte und vor dem Tor wie klare, lange Schnüre herabrann. »Bist du viel herumgekommen?«
    Sie nickte. »Ich möchte ganz in den Norden, dort gibt es die meisten von uns. Ich hoffe, dass sie Verwendung für eine Tsagaan haben.«
    Lodrik wusste mit dem Titel nichts anzufangen, es kümmerte ihn auch nicht, was sie war. Er wollte lediglich wissen, was sie unterwegs gesehen hatte. »Ich suche jemanden«, sagte er bedächtig. »Eine Frau, die Zvatochna heißt und von Antlitz und Gestalt uralt wirkt, obwohl sie kaum älter als du sein dürfte. Wenn sie keinen Schleier trägt, hat sie ein furchtbar entstelltes Gesicht und ähnelt einer Toten...« Er bemerkte, dass die Jengorianerin mit dem Kauen innegehalten hatte. Ihr Ausdruck verriet ihm, dass sie wusste, wovon er sprach. »Wo?«, rief er angespannt und richtete sich auf. »Rasch, sage mir, wo ich sie finden kann! Sie muss gefunden und getötet werden!«
    Sie hob abwehrend die Hände. »Ich habe sie nicht selbst gesehen. Aber ich kenne jemanden, der das gleiche Ziel verfolgt wie du«, erwiderte sie vorsichtig. »Nun frage ich mich, ob es gut oder schlecht ist, dich getroffen zu haben. Welche Geister haben uns zusammengeführt?«
    »Von wem sprichst du? Wer hat sie verfolgt?«
    »Und wer bist du?«
    »Das tut nichts zur Sache, Jengorianerin!« Lodrik wollte auf seine nekromantischen Fähigkeiten zurückgreifen und ihr den Mund mit Furcht öffnen, doch es geschah - nichts. Es würde dauern, bis er sich daran gewöhnt hatte, wieder ein wahrer Mensch zu sein. Er entschied sich daher, ihr die Wahrheit zu sagen. »Verzeih mir. Die Nachricht hat mich aufgewühlt. Zvatochna ist meine Tochter, und ich trage Verantwortung an dem, was sie dem Land und den Menschen antut.« Er räusperte sich. »Mein Name ist Lodrik Bardric.«
    Sie atmete tief ein. »Der einstige Kabcar von Tarpol und Unterdrücker von fast ganz Ulldart. Und ich treffe ihn in einer

Weitere Kostenlose Bücher