Fauler Zauber
mir, großes Orakel des Kopfsalats.«
»Er erwähnte, daß Raver Styx' Schiff am selben Nachmittag in Leifmold eingelaufen ist, als er selbst nach TunFaire aufgebrochen war. Sie ist auf dem Heimweg, Garrett. In ein paar Tagen wird sie hier sein. Vielleicht ändert das ja deine Pläne.«
»Könnte sein. Ich denke, Junior verdient eine besondere Behandlung wegen Eierkopf und Amiranda. Wenn Mom hier rumlungert, gibt es vielleicht Probleme.«
»Das war alles. Jetzt verschwinde, damit ich mich in Selbstmitleid suhlen kann.«
»Gern. Nächstes Mal, wenn du auf Insekten setzt, laß es mich wissen. Dann halte ich dagegen und kann abstauben.«
»Es wird kein nächstes Mal geben, Garrett.«
»Gut für dich, Morpheus.« Als ich ging, kam es mir vor, als hätte ich das schon mal gehört. Er würde sich eine Weile enthalten, aber früher oder später steckte ihm sicher wieder jemand eine todsichere Wette. Dann packte das Fieber ihn erneut.
»Schick ihm zwei Rübenfilets in Zwiebeln und einen Doppelten von deinem hochprozentigen Selleriesaft. Pur. Auf meine Rechnung.«
Der Barmann zuckte nicht mal mit dem Mundwinkel.
Ich ging nach Hause und stellte mir ein Steak vor, so halbroh, daß Morpheus schon beim bloßen Anblick seinen letzten Seufzer tun würde.
23. Kapitel
Dean hatte die Bude verrammelt. Sein Glück. Manchmal vergißt er es nämlich. Fast hätte ich die Tür eingeschlagen. Er kam angeschlichen und linste durch das Guckloch. Umständlich vergewisserte er sich, ob ich wieder betrunken sei. Dann löste er klirrend und klappernd die Riegel und öffnete die Tür.
»Bin ich froh, daß Sie endlich kommen, Mr. Garrett.« Er klang tatsächlich erfreut und trat zurück. Ich folgte ihm und wollte die Tür schließen.
»Was soll …? Was ist das denn?«
Wir hatten einen weiteren Flurschmuck. Dieser hier hieß Courter Slauce, falls er nicht eine Kommode aus dem Kleinmöbelmarkt war.
»Dean!«
Aber er war bereits in die Küche gefegt, sofern man sein Schlurfen mit Geschwindigkeit in Zusammenhang bringen konnte. Er wagte nicht, dieses Tempo zu unterbrechen. Er antwortete mir zwar über die Schulter hinweg, aber es steckte nicht genug Saft dahinter. Bevor der Schall bei mir ankam, fiel er runter.
Ich blieb kurz neben Slauce stehen. »Geht's deinen Finanzen so schlecht? Mit Einbrüchen kommst du jedenfalls auf keinen grünen Zweig.«
Komisch, er antwortete ja gar nicht.
Aber er verstand mich sehr gut. Und ich konnte fast die miesen, fiesen, gemeinen Gedanken hören, die in seinem Schädel rotierten. »Du bist genau die passende Gesellschaft für Bruno. Er sehnt sich so nach einer Schulter, an der er sich ausheulen kann.«
Ich ging an Bruno vorbei. Was für eine Zwickmühle! Sollte ich beim Toten Mann vorbeischauen und ihm sagen, daß ich einen Weg gefunden hatte, ihm Junior in die Hände zu spielen? Oder sollte ich hinter Dean her und rausfinden, warum wir einen zweiten Ölgötzen im Flur stehen hatten?
Dean zog den längeren. Er war näher am Bier.
Als ich die Küche betrat, hörte ich Deans Stimme: »Ja. Ja, alles wird gut. Ich höre Mr. Garrett. Er ist da. Er wird alles richten.«
Und ob er das würde. Er trat gerade auf die Bühne, um sich einen Überblick zu verschaffen, wo er anfangen sollte.
Dean hatte Amber im Arm. Sie zitterte am ganzen Körper und sah eher aus wie eine auf achtzehn getrimmte Zehnjährige. Dean strich ihr tröstend über den Rücken und versuchte, ihren Tränenfluß einzudämmen. Es war derselbe Dean, der sie noch vor kurzen so vernichtend abgestempelt hatte.
Irgendwas hatte sie furchtbar erschüttert. Und die harte Schale um das weiche Herz des alten Knurrhahns war angesichts ihres Entsetzens wie Bratfett geschmolzen.
»Also?« Ich schlenderte auf den Kühlschacht zu. »Flüstert mir vielleicht mal jemand, was los ist?«
Amber schrie dumpf auf, riß sich von Dean los, stürzte sich auf mich und öffnete die Schleusen, nachdem sie gelandet war. Das war's wohl mit dem Bier.
Dean wirkte doch tatsächlich verlegen, als er für mich zum Kühlschacht ging.
Ich ließ Amber ausheulen. Es ist sinnlos, eine Frau beim Weinen zu unterbrechen. Wenn man es nicht in einem großen Guß über sich ergehen läßt, muß man viele kleine Schauer ertragen, die unerwartet und meist auch sehr ungelegen kommen. Inzwischen hatte Dean mir einen Humpen gereicht.
Als Amber nur noch schluchzte und schniefte, setzte ich sie behutsam auf einen Stuhl und bat Dean, den Brandy rauszuholen, den wir
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