Faulspiel (German Edition)
Super-GAU von Tschernobyl erfuhr Gas als Energieträger eine immense Bedeutung.
Zu dieser Zeit lernte er Menschen kennen, für die das Leben eine einzige Spielwiese darstellte, auf der sie ihre Profilneurosen und ihren Hunger nach Erfolg, Macht und Einfluss ausleben konnten. Dabei spielten die allgemeinen Wertvorstellungen unserer Gesellschaft wie Ehre, Moral und Menschlichkeit keine Rolle mehr und wurden immer wieder ausgehebelt oder völlig missachtet.
Schneider fühlte sich wohl in dieser Umgebung, und es gab ihm immer wieder einen besonderen Kick, wenn er seine Ziele erreichen konnte. Er sog den Erfolg auf wie eine Droge, nach der er von Jahr zu Jahr immer süchtiger wurde.
Im Laufe der Zeit erkannten er und seine Auftraggeber die Macht des Sportes, um ihre verwerflichen Visionen zu verwirklichen. Sport als Mittel, um Massen zu manipulieren und unvorstellbare Mengen an Geld zu verdienen. Insbesondere die Breitensportarten, die global die Menschen elektrisierten, waren für sie vorrangig interessant.
Fußball bekam nach dem Zweiten Weltkrieg einen immer höheren Stellenwert und Zulauf an Anhängern. In den sechziger und siebziger Jahren wurden die Strukturen zunehmend professioneller, und die jeweiligen Organisationen und Funktionäre erhielten einen Zuwachs an Macht und Einfluss.
Spätestens nach der Weltmeisterschaft in Argentinien 1978 war der politische Stellenwert dieses einfachen Spiels nicht mehr zu leugnen. Der alte Panem et Circenses Gedanke zeigte sich immer deutlicher. Die Menschen vergaßen ihre persönlichen und sozialen Probleme, während sie in Massen in die Stadien strömten und verloren – wenn auch nur für einen kurzen Zeitraum – den Blick für das Wesentliche. Die Präsenz der Medien wurde immer wichtiger, und damit war der Manipulation Tür und Tor geöffnet.
Im Laufe der letzten zwanzig Jahre war der Fußball zu einem wirtschaftlichen Monster mutiert, an dessen Gesäuge sich nicht nur Wirtschaftsbosse und Politiker labten, sondern auch jede Menge krimineller Elemente und Organisationen hingen, die sich die Macht dieses einfachen Spiels zu Nutze machten.
Brot und Spiele! Gib den Menschen Brot und Zerstreuung und ihre Probleme treten in den Hintergrund! Gib ihnen Idoleund Träume, denen sie nacheifern können! Diesen Effekt hatten bereits die alten Römer erkannt und sich im Altertum zu Nutze gemacht, doch in der modernen Neuzeit sind diese einfachen Zusammenhänge perfektioniert worden.
Fußball hatte sich zu einem finanziellen Koloss entwickelt, der weltweit Milliarden-Umsätze machte, und dessen politischer Einfluss immer deutlicher wurde.
Vereine, die einst aus sozialen und erzieherischen Gründen entstanden waren, entwickelten sich zu Aktiengesellschaften und Organisationen, in denen sich Investoren tummelten, deren einziges Ziel der wirtschaftliche Erfolg war. Die ehemaligen Ziele des Sports verblassten immer mehr und waren irgendwann völlig verschwunden.
Schneider steuerte seinen Aston Martin auf den bewachten Parkplatz des Kempinski Hotels am Kurfürstendamm in Berlin. Irgendwann hatte er sich teure und schnelle Autos zum Steckenpferd gemacht, und seine Sammlung dieser Boliden vergrößerte sich von Jahr zu Jahr.
Seine Junior Suite lag im vierten Stock; von hier aus hatte er einen Ausblick auf die Fasanenstraße und das Savoy Hotel. Bis zu seinem Besprechungstermin hatte er noch genügend Zeit.
Der Manager war extra einen Tag früher angereist, denn er wollte sich noch einen Abend in netter, frivoler Gesellschaft entspannen, so wie er es sich bei jedem seiner Besuche der Hauptstadt zur Gewohnheit gemacht hatte. Er ließ sich in dem edel ausgestatteten Badezimmer ein heißes Bad ein, um sich von der langen Fahrt zu erholen. Anschließend bestellte er sich beim Room-Service noch einen kleinen Imbiss. Er orderte Cantaloupe-Melone mit Krebsschwänzen, eine Flasche Grauburgunder sowie Kaffee. Schneider liebte und genoss diese feudale Umgebung und hatte sich ihm Laufe der Jahre so daran gewöhnt, dass es für ihn zur Selbstverständlichkeitwurde, in den teuersten Hotels abzusteigen und in den besten Lokalen zu speisen.
Das Kempinski Hotel hatte seinen Erfolg in den Zwanzigerjahren gegründet, mit einer einfachen aber ebenso genialen Geschäftsidee. Man bot halbe Portionen zum halben Preis an, und das entwickelte sich in einer Stadt, in der überwiegend Wurst und Buletten die Speisenkarten zierten, zu einem Renner, der seinesgleichen suchte. Ausschlaggebend waren dabei nicht
Weitere Kostenlose Bücher