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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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Münzbeutel, den er an der Seite des Gürtels trug. »Irgendein Lord lässt es sich jedenfalls so einiges kosten, seinen Zeitvertreib in die Stadt liefern zu lassen.«
    »Martyn! Verflucht! Schläfst du?«, donnerte Arif.
    Martyn seufzte, doch er ließ Jade los und kehrte auf das Schiff zurück.
    Eine Traube von Leuten hatte sich vor dem Boot versammelt. Und auch an der Reling der Kogge lehnten Neugierige, begierig darauf, vielleicht einen Unfall zu sehen. Doch Nordländer konnte Jade zu ihrer Enttäuschung nicht entdecken. Es hieß, sie seien klein und kräftig, hätten zu Zöpfen geflochtenes Haar und trügen Rüstungen aus Leder, doch alles, was sie auf den ersten Blick erkannte, waren zwei Jäger ohne Hunde und mehrere Lastenträger und Fuhrleute. Der Anblick der Jäger beunruhigte Jade mehr, als ihr lieb war.
    Gerade begannen die Flussleute, mit dem Flaschenzug eine Kiste abzuseilen. Sie war mehr als mannshoch. Einige Spalten zwischen den Brettern waren verbreitert worden, als sollten sie als Luftlöcher dienen.
    Martyn fing das Führungsseil auf, das sein Bruder ihm zuwarf, und half dabei, die Kiste in die richtige Position zu bringen. Langsam schwang sie über den Graben aus Wasser und verharrte schwebend über der Gruppe von Schaulustigen.
    »Ab!«, rief Martyn, und die Kiste begann, sich ruckartig nach unten zu bewegen. Sofort wichen die Leute zurück, nur eine Gestalt in einem Kapuzenmantel, der vor Nässe ganz dunkel war, zögerte bevor sie einen Schritt zur Seite machte.
    Die Kiste bewegte sich ein wenig, als würde ein Lebewesen darin sein Gewicht verlagern. Ein ziemlich großes Gewicht. Jade versuchte zu erraten, welches Tier sich in der Kiste befinden mochte. War da nicht ein Scharren zu hören, wenn die Seile für eine Sekunde verharrten? Vielleicht war ein Bär darin? Viele Lords besaßen Menagerien. Jade hatte sie noch nie gesehen, aber frühmorgens, wenn der Wind günstig stand, hörte sie manchmal fernes Gebrüll wie von Raubkatzen und die Rufe exotischer Vögel.
    »Vorsicht!«, rief Martyn. Doch es war zu spät. Das Führungsseil, das Arif hielt, verrutschte, und die Kiste senkte sich mit einem scharfen Ruck zur Seite. Die Schaulustigen schrien auf und flüchteten außer Reichweite, nur die Gestalt im Mantel wich keinen Schritt. »Seid ihr wahnsinnig, ihr Idioten! Passt gefälligst auf!«, rief sie. Es war eine junge Stimme, die vor Wut zitterte, und sie gehörte einem Mann. Sein Gesicht konnte Jade nicht erkennen, er wandte ihr den Rücken zu und die Kapuze verhüllte das Haar. Doch unter dem nassen Mantel zeichnete sich eine hoch gewachsene Gestalt ab.
    Arif fuhr herum, als hätte ihn eine Wasserviper gebissen. Wut blitzte in seinen dunklen Augen auf. »Du nennst mich einen Idioten?«, raunzte er den Fremden an und warf das Seil einfach zu Boden. »Dann hol das verdammte Ding selbst runter!« Mit verschränkten Armen trat er zurück. Die Kiste begann, in der Schlinge zu rutschen.
    Einige der Flussleute lachten, und Arifs Gefährtin Elanor, eine kräftige Frau mit kurzem roten Haar, schnalzte spöttisch mit der Zunge. Auch Jade konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Das musste der Gast aus der Fremde sein, schließlich wusste jeder Stadtbewohner, wie stolz und leicht zu beleidigen die Flussleute waren. Der Fremde zögerte nur einen Augenblick vor Verblüffung, doch dann fluchte er in der fremden, harten Sprache der Nordländer, rannte los und sprang an Bord. Einen verstörenden Moment lang glaubte Jade, zwei Bilder zu sehen, die sich überlagerten. Die geschmeidigen, fast fließenden Bewegungen, der federnde Gang …
    Erschrocken schnappte sie nach Luft. Nein, das kann nicht sein , beruhigte sie sich, während sie die Hände ineinanderkrampfte.
    Der Fremde griff nach dem Seil – gerade noch rechtzeitig, bevor die Kiste endgültig in die Seitenlage kippte. Ein Knurren drang gedämpft durch das Holz. Das klang ganz und gar nicht nach einem Bären. Jade lief ein Schauer über den Rücken. Jetzt hörte sie ein von heiseren Tönen begleitetes Röcheln. Verbrecher, die in der Schlinge des Henkers erstickten, mochten so klingen. Die Schaulustigen zogen sich hastig noch einen weiteren Schritt zurück und tuschelten miteinander.
    Hand über Hand holte der Fremde mit aller Kraft das Seil ein. Die gespenstische Ähnlichkeit mit dem Echo war so schnell verschwunden, wie sie aufgeblitzt war. Jetzt stand an Bord der Fähre nur noch ein erstaunlich flinker Mann. Jade atmete insgeheim auf.
    Sobald die Kiste

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