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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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gegen einen Stapel von Kisten mit frischen Birnen gestoßen. Der Anblick, der sich ihr bot, fachte ihre Angst noch mehr an: Lilinn saß allein am schartigen Tisch neben dem Herd, die Ellenbogen aufgestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Vor ihr stand ein durchgeweichter, schmutziger Karton. Als sie Jade bemerkte, wischte sie sich hastig über die geröteten Augen. Ein schwarzer Streifen verschmierte Schminke blieb auf ihrem Handrücken zurück. Sogar im Halbdunkel konnte man erkennen, dass sie geweint hatte.
    »Jakub … wo …«, stammelte Jade. »Wo ist er?«
    Lilinn runzelte irritiert die Stirn und vergaß sogar zu schniefen.
    »Draußen beim Abladen? Oder im Keller?«, erwiderte sie unwillig. »Woher soll ich das wissen, ich bin nicht sein Wachhund. Aber ich verstehe, dass du ihm nicht über den Weg laufen willst, nachdem du den ganzen Tag spurlos verschwunden warst.«
    »Es geht ihm also gut? Er ist hier?«
    »Sag mal, geht es dir noch gut?«, fuhr Lilinn sie an. »Wo warst du so lange?«
    Jade beruhigte sich ein wenig. Es gab eine Erklärung für das Chaos und die fremden Leute im Haus, natürlich gab es eine!
    »Öl holen«, erwiderte sie mit schwacher Stimme. »Aber die Flussleute hatten eine so große Ladung angenommen, dass sie ihre eigenen Sachen bei den roten Felsen zurücklassen mussten – ein ganzes Stück hinter der Mündung. Ich bin mitgefahren, als sie sie dort wieder abholten, anders wäre ich nicht an das Öl gekommen.«
    Lilinn schnaubte verächtlich. »Viel Arbeit – für nichts!«
    Sie griff zu der Schnur, die von einer verrosteten Lampe direkt über dem Tisch hing, und zog daran. Jade musste ihre Augen mit der Hand abschirmen, als plötzlich Licht die Küche flutete.
    »Wir haben Strom?«, fragte sie fassungslos. »Sogar in der Küche? Und draußen wird der Fahrstuhl repariert – was zum Henker ist hier eigentlich los?«
    »Anweisung von der Lady«, meinte Lilinn trocken. »Nun, es zahlt sich aus, dass Jakub seine Kontakte zum Hof warmhält.«
    »Die Lady hat das alles veranlasst?« Jade stellte den Kanister ab und ließ sich auf einen der Küchenstühle sinken. Das konnte eine gute Nachricht sein – oder eine sehr schlechte. Je näher man dem Blick der Lady war, desto näher war man auch dem Galgen. »Aber warum tut sie das?«
    Lilinn zuckte mit den Schultern. »Frag Jakub. Ich bin nur die Köchin.« Sie lachte freudlos. »Einen Vorteil hat die Sache. Wir müssen uns nicht mehr auf dem Schwarzmarkt herumdrücken. Der Fahrstuhl bekommt sogar neue Seile. Was sagst du dazu?« Ihre Stimme klang mit jedem Wort bitterer. »Alles wunderbar, nicht wahr?«
    Sie schniefte und wischte sich mit dem Handrücken über die Wange, dann brach sie plötzlich wieder in Tränen aus.
    Jade schämte sich, über ihrer eigenen Erleichterung den Kummer ihrer Freundin völlig übersehen zu haben. Gerne wäre sie aufgesprungen und hätte Lilinn getröstet, aber Lilinn ertrug kein Mitgefühl, das hatte Jade in den Monaten, die ihre Freundin im Hotel arbeitete, schnell gelernt. Sie verabscheute es zu weinen. Wenn sie es aber doch tat, dann konnte es nur mit einer Person zu tun haben.
    »Du hast Yorrik wiedergesehen?«
    Lilinn sprang so schnell auf, dass ihr Stuhl mit Getöse umfiel.
    »Ich würde eher in den Fluss springen, als freiwillig auch nur auf hundert Schritt Entfernung in seine Nähe zu kommen«, schrie sie. »Er ist einfach so hier aufgetaucht. Um mir das hier wiederzugeben.« Mit einem energischen Schlag fegte sie den durchgeweichten Karton vom Tisch. Zwei alte Küchenmesser und eine verbeulte Pfanne fielen scheppernd auf den Boden. »Zum Teufel mit ihm!«, zischte Lilinn. »Der einzige Grund, warum ich für Jakub arbeite, ist, dass ich in diesem verdammten Hotel niemanden zu sehen brauche, den ich nicht sehen will – und dann taucht er ausgerechnet hier auf.«
    Jade stand auf, sammelte die Gegenstände vom Boden auf und legte sie behutsam wieder auf den Tisch. Jetzt gab es nur noch eine Möglichkeit, wie sie Lilinn aufheitern konnte.
    »Ja, zum Teufel mit ihm«, sagte sie. »Wenn er das nächste Mal hier aufkreuzt, stelle ich ihn an die Vordertür und verpasse ihm höchstpersönlich einen Tritt. Dann kann er mit seinem schleimigen Grinsen seinen Brüdern, den Aalen, im Schlamm Gesellschaft leisten.«
    Und Lilinn schluckte und musste schließlich unter Tränen lachen.
    *
    Natürlich fand sie Jakub unter der Erde – er stand bis zu den Knien in einem überschwemmten Gang und verschloss

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