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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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flussaufwärts. Dass er nicht zu Fuß kam, konnte zweierlei bedeuten: Entweder waren die Straßen gesperrt – oder er hatte es sehr eilig. Jade erwiderte seinen Pfiff und bedeutete Martyn mit einem Wink, auf sie zu warten.
    Als sie wenig später zum Fluss rannte, saß er an der Uferböschung und beobachtete einen Trauerschwan, der mitten im Fluss trieb und mit den Flügeln schlug. Jade hatte noch keinen Laut von sich gegeben, als Martyn sich schon zu ihr umwandte und aufsprang.
    »Wurde auch Zeit«, rief er und kam auf sie zu. Doch beim Anblick ihrer nassen Haare lachte er. »Ich habe dich aus dem Bad gejagt, was?«, sagte er, zupfte an einer Locke und legte ihr dann den Arm um die Schultern. Sie schämte sich, dass diese Berührung sie sofort wieder an Faun denken ließ. In aller Eile hatte sie sich Wasser ins Gesicht und über die Haare gegossen. Wie eine Ehebrecherin, die sich reinwaschen will , dachte sie halb verärgert, halb belustigt.
    »Wir sind erst heute aus dem Delta zurückgekommen«, fuhr Martyn fort. »Ich habe dein Kreidezeichen auf dem Steg gefunden und dachte, ich schau mal, ob alles in Ordnung ist.«
    Jade kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass diese leicht dahingesagten Worte Martyns Übersetzung für: »Ich konnte vor Sorge um dich kaum schlafen« waren. Vorsichtig machte sie sich aus seiner Umarmung los. Ihre Wangen brannten, und das schlechte Gewissen wog so schwer, als hätte sie ihren Freund tatsächlich betrogen. Mach dich nicht lächerlich , sagte sie sich. Du bist Martyn keine Rechenschaft mehr schuldig.
    »Ist denn alles in Ordnung?«, fragte er.
    Nein. Alles hat sich verändert, Martyn.
    »Klar«, erwiderte sie. »Das heißt … es ist viel passiert.«
    Er seufzte und sah nervös zur toten Stadt hinüber. »Das kannst du laut sagen. Kommst du mit bis zum Hafen? Dann können wir wenigstens auf dem Wasser reden.«
    »Musst du so schnell zurück auf die Fähre?«
    Er nickte bekümmert. »Wir müssen noch Turbinen überprüfen. Arif und die anderen laden gerade im Hafen Proviant und neue Teile für die Reparatur ein.«
    Jade überlegte, ob sie Lilinn Bescheid geben sollte, doch dann sprang sie einfach ins Boot.
    Die schwarze Farbe war schon vor Jahren abgeblättert. Als sie noch Kinder gewesen waren, war ihnen das Boot groß wie ein Handelsschiff erschienen, aber nun bot es kaum genug Platz für drei Passagiere.
    Flussabwärts würden sie den Motor nicht benötigen, also schob Martyn das Boot in den Strom, sprang auf und nahm das Ruder. Energisch stieß er das Boot vom Kiesgrund ab.
    Wie ein Hund, der seinen Weg nach Hause kannte, trieb das Boot zur Mitte des Flusses, wo die Strömung es ergriff und mit sich zog. Jade, die vorne am Bug saß, spürte die Beschleunigung als sanftes Ziehen. Der Wind kühlte ihre nasse Kopfhaut. Sie schloss die Augen und atmete tief ein: Duft nach Wasser, Algen und das würzige Zimtaroma der rosenfarbenen Flussblüten, die am Ufer in den letzten Tagen, gleichgültig gegen die Schüsse und die Explosionen, erblüht waren.
    »Was hast du denn dem Nordländer getan?«, fragte Martyn verwundert. Jade öffnete die Augen und blickte über die Schulter zurück. Das Boot schwankte. Schräg hinter ihnen erhob sich das Larimar. Vom Fluss aus gesehen, wirkte das Gebäude, als würde es wie ein gewaltiges blaues Schiff direkt auf dem Wasser treiben. Die Flügeltüren des Haupteingangs waren weit geöffnet. Und auf der Wassertreppe saß Faun, immer noch in seinem Festgewand, und blickte dem Boot hinterher. Seine Miene war düster und die schwarzen Augen glommen unheilvoll in dem blassen Gesicht. Er lächelte nicht, als Jade ihn ansah, sondern sprang auf und verschwand im Bankettsaal.
    Martyn lachte. »Du scheinst dich bei ihm ja schon sehr beliebt gemacht zu haben«, sagte er mit einem ironischen Zwinkern. Jade biss sich auf die Unterlippe. Der Fluss machte an dieser Stelle einen leichten Bogen, Faun musste gesehen haben, wie Martyn und sie sich umarmt hatten. Und was ist dabei? Dennoch blieb ein ungutes Gefühl zurück.
    »Fee?« Martyn musterte sie irritiert, und Jade wandte sich schnell wieder dem Fluss zu, bevor er in ihrem Gesicht lesen konnte. Die Wila zog sie um die Biegung, dem Flussdelta und dem Meer entgegen.
    »Was ist mit den Turbinen?«, fragte sie schnell.
    Martyn räusperte sich. »Es gab Probleme. Drei Turbinen standen still. Ausgerechnet die im Felskanal, wo die Unterströmung am stärksten ist.«
    Jade wusste, was das bedeutete. Auf den oberen Ufertreppen

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