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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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der Küche trafen, konnte sie der Versuchung nicht widerstehen, legte den Kopf schräg und strich sich wie abwesend das Haar aus dem Nacken. Und sie hatte alle Mühe, sich ein diebisches Lächeln zu verkneifen, wenn sie aus dem Augenwinkel wahrnahm, dass Faun beim Anblick dieser vertrauten Geste fahrig und nervös wurde und einmal sogar ein Messer fallen ließ.
    So gut sie die Arroganz und Gleichgültigkeit am Tage spielte, so glücklich war sie in den gestohlenen Stunden und Minuten bei Nacht. Die Begegnungen mit ihm – manchmal einige Stunden, manchmal auch nur ein flüchtiger Kuss auf der Treppe – fühlten sich an, wie ohne Schmerz in Flammen zu stehen.
    Das Echo war nicht mehr vor dem Fenster aufgetaucht, und Jade gelang es meistens, nicht beim kleinsten Geräusch zusammenzuzucken. Mit wachsender Besorgnis suchte sie nach der anderen Jade im Wasser, aber es war stets nur ein leeres Spiegelbild, das wie eine Marionette ihren Bewegungen folgte. »Bist du schön genug?«, fragte Lilinn einmal lachend, als sie Jade zum wiederholten Mal beim prüfenden Blick in den Fluss ertappte.
    Lilinn und Jakub gaben ihre Beziehung nicht preis, obwohl die Blicke und verstohlenen Berührungen sie deutlicher verrieten als Worte. Jeder hätte bemerkt, wie Jakubs Gesicht zu leuchten begann, sobald Lilinn den Raum betrat. Und Lilinn sprach nicht mehr von Yorrik, sondern summte in der Küche Lieder, die Jade nicht kannte. Es ist eine Affäre, nichts weiter, sagte Jade sich. Sie trösten sich gegenseitig, was ist dabei? Lilinn versucht, über Yorrik hinwegzukommen, und Jakub ist zum ersten Mal seit Jahren weniger einsam. Und wem konnte sie etwas vorwerfen? War Jade nicht selbst diejenige, die am meisten verbarg?
    *
    Ein trügerischer Friede hatte sich über die Stadt gesenkt. Die Lords hatten sich in ihren Palästen verbarrikadiert, noch mehr Wachen standen vor den Toren. Man hörte von Festen im Winterpalast, aber in der Stadt selbst war es so still geworden, dass das Gebrüll der Raubtiere aus den Menagerien gespenstisch laut durch die Straßen hallte. Die Straßenhunde sträubten ihr Fell und drückten sich dicht an den Häuserwänden entlang. Jade wagte sich nur mit einem Messer unter dem Mantel wieder in die Stadt, zaghaft und voller Angst, dass das Echo ihr folgen könnte. Der große Markt war entvölkert und mit ihm war auch Ben verschwunden. Jade wartete einen Vormittag lang im Schutz einer Hecke an der Schädelstätte, das Messer in der Hand und immer mit der Furcht, Tams Blauhäher könnten sie erspähen. Doch sie tauchten nicht auf und die Tür zur Gruft blieb verschlossen. Sorgfältig hielt sie nach Scherben Ausschau, aber sie fand so viele davon auf Straßen und Plätzen verstreut, dass sie sich bald fragte, ob das Erkennungszeichen nicht doch Bens wirren Gedanken entsprungen war.
    Es war während ihrer dritten Suchaktion nach dem Alten, als sie bemerkte, dass sie beobachtet wurde. Sie war bei einem Gebäude angelangt, das früher als Schlachthof gedient hatte, nicht weit entfernt von der Schädelstätte. Viel zu viele Menschen drängten sich in den engen Räumen. Es waren Familien von Bediensteten und Lastenträgern, die hier hausten. Ein Fenster klappte etwas zu eilig zu, als sie den Kopf hob. Und in einem von einem Steinbogen geschützten Durchgang lehnte eine grauhaarige, hagere Frau, die sie zu erwarten schien. Soweit Jade sich erinnerte, hieß sie Leja und gehörte zum Schwarzmarkt. Sowohl im Sommer als auch im Winter trug sie ihren langen grünen Mantel. Jeder wusste, dass im Innenfutter zahllose Taschen eingenäht waren. Sie sah nicht gerade freundlich drein.
    Verstohlen suchte Jade die Straße noch einmal nach Tams Spionen ab, dann schlüpfte sie zu der Frau in den Durchgang.
    »Hat Ben euch meine Botschaft ausgerichtet?«, fragte sie auf gut Glück. Leja musterte sie, als versuche sie abzuschätzen, ob Jade ein echter Schein oder Falschgeld war. »Würde ich sonst in diesem Durchgang herumstehen?«, meinte sie herablassend.
    Jades Herz begann, schneller zu schlagen. Eine von ihnen! Endlich.
    »Wir haben drei der Blauhäher erledigt«, fügte Leja hinzu. »Aber es ist verdammt schwer, sie sich vom Hals zu halten.« Sie grinste. »Bleibt nur der Untergrund. Es sei denn, eure Gäste haben auch Ratten, die uns beobachten.« Das hörte sich eher nach einer Frage als nach einem Scherz an.
    »Antwort gegen Antwort«, raunte Jade der Frau zu. »Wer ist euer Anführer? Ich muss mit ihm sprechen.«
    Ein Schatten huschte

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