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Faunblut

Faunblut

Titel: Faunblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Blazon
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sie hätte ihn um Schmuckgold betrogen. Natürlich brauchte er einer Verschollenen keinen Lohn für ihre Arbeit zu zahlen. Weißt du, was ein Menschenleben in dieser Stadt zählt?«
    Nicht mehr als ein zufälliger Fingerdruck auf einem Abzug , dachte Jade.
    »Also was ist, Prinzessin Larimar?«, rief die Frau. »Bist du dabei? Oder wir verbinden dir die Augen und bringen dich zurück in deine sichere, kleine Welt am Fluss?«
    Jade wunderte sich selbst, wie ruhig sie war. Die Anführerin schien hitzig und unbeherrscht zu sein, aber sie brannte auf eine Weise für ihre Sache, die Jade nur respektieren konnte. Immerhin , dachte sie. Sie ist direkt. Aber sie meint, was sie sagt.
    »Welche Rolle spielt Ben?«, fragte sie. »Kann ich ihm vertrauen?«
    »Ben ist unser Gedächtnis«, erklärte Nell. »Er weiß alles über die Könige, auch wenn er sich nur bruchstückhaft erinnert. Und er ist unser Bote. Bei den meisten Wächtern hat er Narrenfreiheit, niemand fragt ihn, wohin er geht und warum.«
    Jade wusste nicht, warum, aber mit dem Gedanken an Ben fühlte die Entscheidung sich richtiger an.
    »Ich bin keine Mörderin«, erklärte sie mit fester Stimme. »Und eine Waffe nehme ich nicht in die Hand. Aber ich helfe euch, den Prinzen zu finden und mehr über die Echos zu erfahren.«
    Sie hatte erwartet, dass die Stimmung nun umschlagen würde, aber die Rebellen lachten. »Na, wenn dir die Echos mehr am Herzen liegen als die Menschen, soll es mir recht sein«, sagte die Frau mit funkelnden Augen. »Wir sind nicht die Armee eines Lords. Keiner muss ein Krieger sein. Jeder tut das, was er will und kann.«
    »Und die Nordländer?«, rief ein Mann von hinten. »Mit ihrer Hilfe könnten wir sie doch leicht außer Gefecht setzen.«
    Von einer Sekunde auf die andere brach Jade der Schweiß aus. Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie hatte es befürchtet, aber die Gefahr für Fauns Leben so unmittelbar zu spüren, brachte sie völlig aus der Fassung.
    »Nein«, rief sie mit harter Stimme. »Die Nordländer lasst ihr in Ruhe.«
    Eine gefährliche Stille trat ein. Nell sah sie verständnislos an. Jade schluckte und versuchte, ruhig zu atmen, während hinter ihrer Stirn die Gedanken rasten.
    »Was soll das bedeuten?«, fragte der Taucher. »Befiehlst du uns?«
    Alles oder nichts , dachte Jade und versuchte, das Beben in ihrer Stimme zu unterdrücken. »Vertraut mir«, sagte sie. »Die Nordländer haben Zugang zum Palast. Ich bekomme Informationen – auch über die Lady und die Jäger. Was auch geschieht: Den Nordländern darf auf gar keinen Fall etwas passieren, sonst kann ich euch nicht helfen, haben wir uns verstanden?«
    Einen Augenblick war Stille, dann warf die Anführerin den Kopf zurück und lachte schallend. »Die Prinzessin übernimmt das Kommando, ja?«, rief sie spöttisch. »Also gut, einverstanden! Den zarten Pflänzchen aus dem Nordland wird kein Haar gekrümmt.«
    Jade hoffte, die anderen würden nicht bemerken, dass sie vor Erleichterung ganz blass wurde.
    »Ich bin Tanía!«, sagte die Frau und hielt ihr die Hand hin. »Also: ganz oder gar nicht, Jade Livonius.«
    »Ganz«, sagte Jade. Und als sie Tanías Hand ergriff und den Pakt um Fauns Leben besiegelte, fühlte sie sich, als hätte sie einen schmalen Berggrat betreten, der auf jeder Seite in den Abgrund führte.
    *
    In dieser Nacht folgte sie dem verhaltenen Raunen der Geister und zog sich in das kleine Südzimmer mit den goldbraunen Wänden zurück. Lange betrachtete sie die Spiegelscherbe und wendete sie hin und her, bevor sie sie in der Innentasche ihrer Jacke verstaute. Es tat gut zu wissen, dass das Echo ihr nicht mehr gefährlich werden konnte. Untergrund , dachte sie mit einer seltsam flirrenden Unruhe in ihrer Brust, die immer noch zwischen Triumph und Zweifel schwankte. Jetzt gehöre ich zu ihnen. Zu denen, die sich endlich wehren. Oder zu den Mördern.
    Sie dachte an Faun und abermals stiegen die Zweifel in ihr hoch. Es wird gut gehen, wiederholte sie in Gedanken wie eine Beschwörung. Ich kann ihn schützen. Ihm wird nichts geschehen.
    Es gab keine Verabredungen zwischen Faun und ihr, keine Gewissheiten, nur den Schatten, der nachts plötzlich vor ihr stand, und die gestohlenen Stunden vor Sonnenaufgang. Als sie in dieser Nacht aus einem wirren Traum von Feuer und glühenden Fußspuren im Schnee aufschreckte, hörte sie Fauns Atem neben sich. Mitternachtsaugen glänzten im Zwielicht des Frühmorgens und sanfte Finger spielten mit ihrem Haar.
    »Bei

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