Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
Vom Netzwerk:
sind, so dünkt mich, trüber,
  Die Spinneweben haben sich vermehrt;
  Die Tinte starrt, vergilbt ist das Papier;
  Doch alles ist am Platz geblieben;
  Sogar die Feder liegt noch hier,
  Mit welcher Faust dem Teufel sich verschrieben.
  Ja! tiefer in dem Rohre stockt
  Ein Tröpflein Blut, wie ich's ihm abgelockt.
  Zu einem solchen einzigen Stück
  Wünscht' ich dem größten Sammler Glück.
  Auch hängt der alte Pelz am alten Haken,
  Erinnert mich an jene Schnaken,
  Wie ich den Knaben einst belehrt,
  Woran er noch vielleicht als Jüngling zehrt.
  Es kommt mir wahrlich das Gelüsten,
  Rauchwarme Hülle, dir vereint
  Mich als Dozent noch einmal zu erbrüsten,
  Wie man so völlig recht zu haben meint.
  Gelehrte wissen's zu erlangen,
  Dem Teufel ist es längst vergangen.
      CHOR DER INSEKTEN:
  Willkommen! willkommen,
  Du alter Patron!
  Wir schweben und summen
  Und kennen dich schon.
  Nur einzeln im stillen
  Du hast uns gepflanzt;
  Zu Tausenden kommen wir,
  Vater, getanzt.
  Der Schalk in dem Busen
  Verbirgt sich so sehr,
  Vom Pelze die Läuschen
  Enthüllen sich eh'r.
      MEPHISTOPHELES:
  Wie überraschend mich die junge Schöpfung freut!
  Man säe nur, man erntet mit der Zeit.
  Ich schüttle noch einmal den alten Flaus,
  Noch eines flattert hier und dort hinaus.—
  Hinauf! umher! in hunderttausend Ecken
  Eilt euch, ihr Liebchen, zu verstecken.
  Dort, wo die alten Schachteln stehn,
  Hier im bebräunten Pergamen,
  In staubigen Scherben alter Töpfe,
  Dem Hohlaug' jener Totenköpfe.
  In solchem Wust und Moderleben
  Muß es für ewig Grillen geben.
  Komm, decke mir die Schultern noch einmal!
  Heut bin ich wieder Prinzipal.
  Doch hilft es nichts, mich so zu nennen;
  Wo sind die Leute, die mich anerkennen?
      FAMULUS:
  Welch ein Tönen! welch ein Schauer!
  Treppe schwankt, es bebt die Mauer;
  Durch der Fenster buntes Zittern
  Seh' ich wetterleuchtend Wittern.
  Springt das Estrich, und von oben
  Rieselt Kalk und Schutt verschoben.
  Und die Türe, fest verriegelt,
  Ist durch Wunderkraft entsiegelt.—
  Dort! Wie fürchterlich! Ein Riese
  Steht in Faustens altem Vliese!
  Seinen Blicken, seinem Winken
  Möcht' ich in die Kniee sinken.
  Soll ich fliehen? Soll ich stehn?
  Ach, wie wird es mir ergehn!
      MEPHISTOPHELES:
  Heran, mein Freund!—Ihr heißet Nikodemus.
      FAMULUS:
  Hochwürdiger Herr! so ist mein Nam'—Oremus.
      MEPHISTOPHELES:
  Das lassen wir! +
      FAMULUS:
  Wie froh, daß Ihr mich kennt!
      MEPHISTOPHELES:
  Ich weiß es wohl, bejahrt und noch Student,
  Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann
  Studiert so fort, weil er nicht anders kann.
  So baut man sich ein mäßig Kartenhaus,
  Der größte Geist baut's doch nicht völlig aus.
  Doch Euer Meister, das ist ein Beschlagner:
  Wer kennt ihn nicht, den edlen Doktor Wagner,
  Den Ersten jetzt in der gelehrten Welt!
  Er ist's allein, der sie zusammenhält,
  Der Weisheit täglicher Vermehrer.
  Allwißbegierige Horcher, Hörer
  Versammeln sich um ihn zuhauf.
  Er leuchtet einzig vom Katheder;
  Die Schlüssel übt er wie Sankt Peter,
  Das Untre so das Obre schließt er auf.
  Wie er vor allen glüht und funkelt,
  Kein Ruf, kein Ruhm hält weiter stand;
  Selbst Faustus' Name wird verdunkelt,
  Er ist es, der allein erfand.
      FAMULUS:
  Verzeiht, hochwürdiger Herr! wenn ich Euch sage,
  Wenn ich zu widersprechen wage:
  Von allem dem ist nicht die Frage;
  Bescheidenheit ist sein beschieden Teil.
  Ins unbegreifliche Verschwinden
  Des hohen Manns weiß er sich nicht zu finden;
  Von dessen Wiederkunft erfleht er Trost und Heil.
  Das Zimmer, wie zu Doktor Faustus' Tagen,
  Noch unberührt seitdem er fern,
  Erwartet seinen alten Herrn.
  Kaum wag' ich's, mich hereinzuwagen.
  Was muß die Sternenstunde sein?—
  Gemäuer scheint mir zu erbangen;
  Türpfosten bebten, Riegel sprangen,
  Sonst kamt Ihr selber nicht herein.
      MEPHISTOPHELES:
  Wo hat der Mann sich hingetan?
  Führt mich zu ihm, bringt ihn heran!
      FAMULUS:
  Ach! sein Verbot ist gar zu scharf,
  Ich weiß nicht, ob ich's wagen darf.
  Monatelang, des großen Werkes willen,
  Lebt' er im allerstillsten Stillen.
  Der zarteste gelehrter Männer,
  Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner,
  Geschwärzt vom

Weitere Kostenlose Bücher