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Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Faust: Der Tragödie zweiter Teil

Titel: Faust: Der Tragödie zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Wolfgang von Goethe
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der Entbundene
  Doch wie auf Fittichen
  über das Rauhste, wenn umsonst
  Der Gefangene sehnsuchtsvoll
  über die Zinne des Kerkers hin
  Armausbreitend sich abhärmt.
  Aber sie ergriff ein Gott,
  Die Entfernte;
  Und aus Ilios' Schutt
  Trug er hierher sie zurück
  In das alte, das neugeschmückte
  Vaterhaus,
  Nach unsäglichen
  Freuden und Qualen,
  Früher Jugendzeit
  Angefrischt zu gedenken.
      PANTHALIS:
  Verlasset nun des Gesanges freudumgebnen Pfad
  Und wendet nach der Türe Flügeln euren Blick!
  Was seh' ich, Schwestern? Kehret nicht die Königin
  Mit heftigen Schrittes Regung wieder zu uns her?
  Was ist es, große Königin, was konnte dir
  In deines Hauses Hallen, statt der Deinen Gruß,
  Erschütterndes begegnen? Du verbirgst es nicht;
  Denn Widerwillen seh' ich an der Stirne dir,
  Ein edles Zürnen, das mit überraschung kämpft.
      HELENA:
  Der Tochter Zeus' geziemet nicht gemeine Furcht,
  Und flüchtig-leise Schreckenshand berührt sie nicht;
  Doch das Entsetzen, das, dem Schoß der alten Nacht
  Von Urbeginn entsteigend, vielgestaltet noch
  Wie glühende Wolken aus des Berges Feuerschlund
  Herauf sich wälzt, erschüttert auch des Helden Brust.
  So haben heute grauenvoll die Stygischen
  Ins Haus den Eintritt mir bezeichnet, daß ich gern
  Von oft betretner, langersehnter Schwelle mich,
  Entlaßnem Gaste gleich, entfernend scheiden mag.
  Doch nein! gewichen bin ich her ans Licht, und sollt
  Ihr weiter nicht mich treiben, Mächte, wer ihr seid.
  Auf Weihe will ich sinnen, dann gereinigt mag
  Des Herdes Glut die Frau begrüßen wie den Herrn.
      CHORFÜHRERIN:
  Entdecke deinen Dienerinnen, edle Frau,
  Die dir verehrend beistehn, was begegnet ist.
      HELENA:
  Was ich gesehen, sollt ihr selbst mit Augen sehn,
  Wenn ihr Gebilde nicht die alte Nacht sogleich
  Zurückgeschlungen in ihrer Tiefe Wunderschoß.
  Doch daß ihr's wisset, sag' ich's euch mit Worten an:
  Als ich des Königshauses ernsten Binnenraum,
  Der nächsten Pflicht gedenkend, feierlich betrat,
  Erstaunt' ich ob der öden Gänge Schweigsamkeit,
  Nicht Schall der emsig Wandelnden begegnete
  Dem Ohr, nicht raschgeschäftiges Eiligtun dem Blick,
  Und keine Magd erschien mir, keine Schaffnerin,
  Die jeden Fremden freundlich sonst begrüßenden.
  Als aber ich dem Schoße des Herdes mich genaht,
  Da sah ich, bei verglommner Asche lauem Rest,
  Am Boden sitzen welch verhülltes großes Weib,
  Der Schlafenden nicht vergleichbar, wohl der Sinnenden.
  Mit Herrscherworten ruf' ich sie zur Arbeit auf,
  Die Schaffnerin mir vermutend, die indes vielleicht
  Des Gatten Vorsicht hinterlassend angestellt;
  Doch eingefaltet sitzt die Unbewegliche;
  Nur endlich rührt sie auf mein Dräun den rechten Arm,
  Als wiese sie von Herd und Halle mich hinweg.
  Ich wende zürnend mich ab von ihr und eile gleich
  Den Stufen zu, worauf empor der Thalamos
  Geschmückt sich hebt und nah daran das Schatzgemach;
  Allein das Wunder reißt sich schnell vom Boden auf,
  Gebietrisch mir den Weg vertretend, zeigt es sich
  In hagrer Größe, hohlen, blutig-trüben Blicks,
  Seltsamer Bildung, wie sie Aug' und Geist verwirrt.
  Doch red' ich in die Lüfte; denn das Wort bemüht
  Sich nur umsonst, Gestalten schöpferisch aufzubaun.
  Da seht sie selbst! sie wagt sogar sich ans Licht hervor!
  Hier sind wir Meister, bis der Herr und König kommt.
  Die grausen Nachtgeburten drängt der Schönheitsfreund
  Phöbus hinweg in Höhlen, oder bändigt sie.
      CHOR:
  Vieles erlebt' ich, obgleich die Locke
  Jugendlich wallet mir um die Schläfe!
  Schreckliches hab' ich vieles gesehen,
  Kriegrischen Jammer, Ilios' Nacht,
  Als es fiel.
  Durch das umwölkte, staubende Tosen
  Drängender Krieger hört' ich die Götter
  Fürchterlich rufen, hört' ich der Zwietracht
  Eherne Stimme schallen durchs Feld,
  Mauerwärts.
  Ach! sie standen noch, Ilios'
  Mauern, aber die Flammenglut
  Zog vom Nachbar zum Nachbar schon,
  Sich verbreitend von hier und dort
  Mit des eignen Sturmes Wehn
  über die nächtliche Stadt hin.
  Flüchtend sah ich durch Rauch und Glut
  Und der züngelnden Flamme Loh'n
  Gräßlich zürnender Götter Nahn,
  Schreitend Wundergestalten
  Riesengroß, durch düsteren
  Feuerumleuchteten Qualm hin.
  Sah ich's, oder

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