FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
ausgewirkt.
Johnson war überzeugt, Nixon habe mit der südvietnamesischen Regierung ein geheimes Abkommen geschlossen, das zum Inhalt hatte: Keine Friedensverhandlungen mit Johnson und Humphrey. Wartet, bis ich gewählt bin. Mit mir bekommt ihr einen besseren Deal.
»Das also ist die Geschichte, Dick«, sagte Johnson in einem hitzigen Telefonat nach Nixons Wahl und beschuldigte ihn einer Handlung, die dem Landesverrat gleichkam. »Und es ist eine schmutzige Geschichte.«
Nixon bestritt sie bis an sein Lebensende. Doch in der Unterredung hatte er die Überzeugung gewonnen, dass der Präsident der Vereinigten Staaten ihn vom FBI hatte abhören lassen.
Johnson hatte nicht vor, an die Öffentlichkeit zu gehen. Schon allein die Tatsache, dass er das FBI veranlasst hatte, Nixons Wahlkampagne zu überwachen, wäre Sprengstoff genug gewesen. Die öffentliche Beschuldigung, Nixon habe die Friedensverhandlungen torpediert, wäre das politische Äquivalent eines Atomkriegs gewesen.
Johnson musste seinen Frieden mit Nixon machen. Am 12. Dezember lud er ihn zu einem zweistündigen Treffen ins Weiße Haus. In ihrer Bewunderung für J. Edgar Hoovers Arbeit fanden sie einen gemeinsamen Boden.
Im Oval Office griff Johnson zum Hörer und wählte Hoovers Nummer. Das kurze telefonische Dreiergespräch wurde nicht aufgezeichnet, doch Nixon erinnerte sich, dass der Präsident zu ihm sagte: »Wenn Edgar Hoover nicht gewesen wäre, hätte ich meinen Verpflichtungen als Oberkommandierender nicht nachkommen können. Punkt. Sie werden sich auf Edgar verlassen müssen, Dick – er ist ein Hort der Stärke in einer Stadt der Schwachen.« [438]
33
Die ultimative Waffe
Als Richard Nixon an die Macht kam, hatte er eine hochfliegende Vision vom Weltfrieden. Gelang ihm deren Umsetzung, würde er eine Nation, die mit sich selbst im Krieg lag, wieder versöhnen können, davon war er überzeugt. Im Fall des Scheiterns befürchtete er den Untergang der Vereinigten Staaten.
Er wollte einen Ausweg aus Vietnam finden. Er glaubte, er könne den Kalten Krieg mit Russland und China beenden. Seine Rechnung, welchen politischen Preis die Übereinkunft mit den Führern des Weltkommunismus kosten würde, war knallhart: »Die Gefahr eines Krieges sinkt, aber das Risiko, ohne einen Krieg durch Subversion und verdeckte Mittel zu Fall gebracht zu werden, steigt proportional.« [439]
Damit sich seine Hoffnungen für die Welt erfüllten, musste er in Amerika Geheimpolitik betreiben. In seine Pläne und Strategien, von Flächenbombardements bis zur diplomatischen Entspannungspolitik, waren nur wenige enge Berater eingeweiht. Trotzdem war ihm klar, dass eine absolute Geheimhaltung nahezu unmöglich war.
»Vor einem möchte ich Sie warnen«, hatte ihm Johnson im Dezember 1968 im Weißen Haus gesagt. »Die undichten Stellen können Ihr Ende sein.« Er riet Nixon, sich einzig und allein auf Hoover zu verlassen, um seine Geheimnisse zu bewahren und seine Macht zu sichern: »Sie werden sich ein ums andere Mal auf ihn verlassen, um die Sicherheit aufrechtzuerhalten. Er ist der Einzige, dem man voll und ganz vertrauen kann«. [440]
Aber Nixon traute niemandem voll und ganz – nicht einmal Hoover, einem Mann, den er »meinen engsten persönlichen Freund im öffentlichen Leben« nannte. [441]
Sie waren seit über zwanzig Jahren Kumpel, wie Nixon es formulierte. Hoover hatte dem unerfahrenen Kongressabgeordneten 1947 alles Wichtige beigebracht. Als Nixon in der politischen Strategie für den Krieg gegen den Kommunismus unterwiesen wurde, machte er seine erste Bekanntschaft mit der Macht. In den 1950er Jahren hatten sie in hunderten vertraulichen Gesprächen ihre Gedanken ausgetauscht. Hoover hatte den Kontakt zu Nixon nie abreißen lassen und Nixon auch während seines langen Exils fern von Washington politisch beraten. Hoover war mehr als nur eine Quelle für Geheiminformationen gewesen. Er war ein hochgeschätzter politischer Ratgeber. Und er hatte nie aufgehört, Nixons Angst vor politischem Umsturz zu schüren.
In den ersten beiden Jahren der neuen Regierung führten die beiden Männer persönlich oder übers Telefon mindestens 38 Gespräche miteinander, bevor Nixon im Weißen Haus seine versteckten Mikrophone installieren ließ. Alle paar Wochen, so erinnerte sich Nixon, »kam er allein zu mir« und sprach lang und breit über die Bedrohungen, mit denen Amerika konfrontiert war. »Vieles davon war äußerst wertvoll«, sagte Nixon. »Und es
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