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FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)

Titel: FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Weiner
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gebeten. Die Einladung traf mit einem verblüffenden Memo für den Präsidenten zusammen. Hoover behauptete, ein langjähriges Mitglied des Pressecorps im Weißen Haus, Henry Brandon, der für die Sunday Times in London aus Washington berichtete, stelle eine Bedrohung für die nationale Sicherheit dar.
    »Ich rief Mr Hoover an und fragte ihn: ›Worum geht es hier eigentlich?‹«, erinnerte sich Nixon. Er kannte Brandon als den prominentesten Auslandskorrespondenten in Washington, als einen gesellschaftlicher Aufsteiger und Freund des nationalen Sicherheitsberaters Henry Kissinger, der seine Sonntage gern in Brandons Swimmingpool verbrachte.
    Hoover sagte, der Reporter werde verdächtigt, für den britischen und den tschechischen Geheimdienst zu spionieren – und dass das FBI Brandon jahrelang abgehört habe, um Beweise dafür zu finden. Das säte einen Gedanken in Nixons Kopf, nämlich dass Reporter anzuzapfen eine Methode war, um die Lecks und ihre Quellen im Weißen Haus zu finden.
    Einige Tage später, am 1. Februar 1969, berief Henry Kissinger den Nationalen Sicherheitsrat zu einer streng geheimen Sitzung über den Nahen Osten mit Nixon ein. »Binnen Tagen«, erinnerte sich Nixon in seinen Memoiren, »sickerten Einzelheiten über die Beratungen an die Presse durch. Eisenhower, den ich persönlich über das Treffen unterrichtet hatte, betrachtete jedes Durchsickern von als geheim eingestuften Informationen, sei es in Kriegs- oder in Friedenszeiten, als Landesverrat.« [450]  
    Das sahen Nixon und Kissinger genauso. Beinahe wöchentlich erschienen auf den Titelseiten der Zeitungen Artikel über ihre politischen Strategien für die Sowjetunion und Südostasien, die direkt dem Sitzungsprotokoll des Sicherheitsrats entnommen schienen. Kissinger zählte in den ersten hundert Tagen der Nixon-Regierung 21 Zeitungsartikel über die geheimen außenpolitischen Strategien des Präsidenten, die auf undichte Stellen zurückzuführen waren. Als Nixon die Schlagzeilen sah, explodierte er: »Was ist das für eine verfluchte Geschichte? Finden Sie heraus, wer sie hat durchsickern lassen und feuern Sie ihn!« Kissinger lernte, seinen Boss zu imitieren. Manchmal übertraf er ihn sogar noch: »Wir müssen diese Leute zermalmen! Wir müssen sie vernichten!« [451]  
    Am 23. April verbrachte Nixon 20 Minuten am Telefon mit Hoover und brütete mit ihm einen Plan aus, um die Lecks zu stopfen. Zwei Tage darauf setzte sich der Präsident mit Hoover und Justizminister John Mitchell im Weißen Haus zusammen.
    Nixons eidesstattliche Aussage über das Treffen im Oval Office wegen der undichten Stellen war kurz und bündig: »Hoover informierte mich, dass […] man damit nur auf eine Art umgehen könne […] Er habe die Befugnis, Telefone abzuhören […] Abhören sei die ultimative Waffe.« [452]  
    »Ich teilte Mr Hoover mit, wir würden mit diesem Programm fortfahren«, erinnerte sich Nixon. »Ich bestellte Dr. Kissinger zu mir und sagte ihm, er sei dafür verantwortlich, seinen Stab zu überprüfen.« Kissinger kam der Aufforderung selbstverständlich nach. »Er war hier in diesem Raum mit J. Edgar Hoover, John Mitchell und Richard Nixon«, erzählte Kissingers Berater Peter Rodman. »Sie sagen: ›Zapfen wir ein paar Telefone an.‹ Und J. Edgar Hoover und John Mitchell meinen: ›Ja, klar, das können wir machen. Bobby Kennedy hat es ständig gemacht.‹« [453]  
    Kissinger sollte Verdächtige herausfischen. Wenn Hoover einverstanden war, sollten ihre Telefone angezapft werden. Die Verantwortung für das Ausfindigmachen und Stopfen der undichten Stellen sollte ausschließlich beim FBI liegen.
    Als Hoover am Morgen des 9. Mai den Hörer abhob, schallte ihm Henry Kissingers aufgebrachte Stimme entgegen. Er war wütend wegen einer Titelstory in der New York Times . Nixon hatte Kambodscha, ein neutrales Land, bombardieren lassen mit dem Ziel, dem Vietcong und nordvietnamesischen Versorgungsdepots einen Schlag zu versetzen. Die Bombardierung verletzte das Völkerrecht, aber der Artikel verletzte die Prinzipien der Geheimhaltung. Der Präsident sah darin einen Akt des Hochverrats – »eine undichte Stelle, die direkt verantwortlich war für den Tod tausender Amerikaner.« [454]   Er glaubte, die heimliche Bombardierung könne amerikanische Soldaten retten, die in Südvietnam kämpften. Kissinger war der Überbringer seines Zorns an Hoover, was sich auch Hoovers Gesprächsnotizen entnehmen lässt: »Nationale

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