FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
in Nairobi für einen Durchbruch. Die von den Agenten gesammelten Informationen hatten bis zu 200 Hinweise gegen Al-Qaida geliefert. Er wollte, dass sich das FBI auf diese Aufgabe konzentrierte.
Am 4. Dezember 1998 lautete die Überschrift auf dem President’s Daily Brief, dem vertraulichsten Nachrichtendienstdokument in der Regierung der Vereinigten Staaten: »Bin Laden bereitet Entführung von US-Flugzeugen und andere Angriffe vor.« Es war ein Bericht aus zweiter Hand, den die CIA vom ägyptischen Geheimdienst erhalten hatte, aber niemand hatte je zuvor dergleichen gesehen. »Bin Laden könnte Pläne zur Entführung von US-Flugzeugen vor dem Beginn des Ramadan am 20. Dezember durchführen«, lautete die Warnung. »Zwei Mitglieder des Operationsteams waren kürzlich bei einem Versuchsdurchlauf in einem nicht näher bezeichneten New Yorker Flughafen den Sicherheitschecks entgangen.« Das mutmaßliche Motiv war die Befreiung der inhaftierten Attentäter der Anschläge auf das World Trade Center und die US-Botschaften in Afrika.
Richard Clarke, Clintons Topexperte für Terrorismus, sah Watson als seinen besten Verbündeten beim FBI. Als Leiter der Terrorabwehrgruppe beim Nationalen Sicherheitsrat wies er Watson an, die Polizei von New York City und die US-Bundesbehörde für die zivile Luftfahrt über die Drohung zu informieren. Die New Yorker Flughäfen trafen höchste Sicherheitsvorkehrungen.
Von diesem Tag an versuchte Watson, das gesamte FBI auf die Dringlichkeit von Clarkes Terrorabwehrkampagne aufmerksam zu machen. Er wies jede einzelne der 56 Außenstellen an, sich mit der Drohung auseinanderzusetzen. Aber viele, wenn nicht die meisten nahmen sie nicht zur Kenntnis. Er bestellte Agenten aus dem ganzen Land zu einer Konferenz mit Clarke ein. Er gab ihnen die volle Dosis: Clarkes Aktenmappe war mit Angriffsszenarien gefüllt, sein Standardvortrag handelte neben den traditionellen Terroranschlägen von Attacken mit Bakterien, Viren und Cyberkrieg.
Das Seminar ging als »Terrorismus für Dummies« in die Annalen des FBI ein.
»Das Problem besteht darin, den Leuten begreiflich zu machen, dass eine Bedrohung vorhanden ist«, erklärte Clarke. »Da herrschen Unglauben und Widerstand. Die meisten Leute kapieren es nicht. Firmenchefs wissen überhaupt nicht, wovon ich rede. Sie glauben, ich spreche von vierzehnjährigen Hackern, die in ihre Computersysteme eindringen. Ich rede von Leuten, die einer Stadt den Strom abdrehen, die Notrufsysteme lahmlegen, die Telefonnetze und das öffentliche Verkehrssystem ausschalten. Der Blackout in einer Stadt bedeutet, dass Menschen sterben. Der Blackout in vielen Städten bedeutet, dass viele Menschen sterben.« [627] Er hatte den Tod hunderttausender Amerikaner durch die Hand islamistischer Terroristen vor Augen.
Clarke bezweifelte, ob das FBI das Zeug hatte, das Land zu verteidigen. Dennoch traute er Dale Watson, der als Einziger den Kontakt zwischen dem FBI und den engsten Beratern des Präsidenten pflegte. Sie tauschten Berichte über jede vernünftigerweise denkbare Terrorbedrohung aus.
Die Alarmglocken schrillten in den Tagen und Nächten des Jahres 1999. Es hieß, Al-Qaida habe Untergrundzellen in den Vereinigten Staaten. Eine weitere Warnung lautete, Terroristen würden Attentate auf die Außenministerin, den Verteidigungsminister und den CIA-Direktor verüben. Eine dritte Meldung besagte, bin Laden versuche in den Besitz von Kernwaffen zu gelangen. Der Strom der Alarmsignale riss nicht ab. Niemand wusste, welche ernst zu nehmen waren und welche nicht.
Im April 1999 beschloss Freeh, es sei das Beste, Osama bin Laden auf die FBI-Liste der zehn meistgesuchten Verbrecher zu setzen. Das Bureau setzte eine Belohnung von 5 Millionen Dollar für Hinweise aus, die zu seiner Ergreifung führten.
Während des gesamten Jahres arbeiteten Amerikas Terrorabwehrchefs gemeinsam mit ihren Verbündeten in den Nachrichtendiensten in aller Welt an der Entführung und Auslieferung von mutmaßlichen Mitgliedern von Al-Qaida und dem Ägyptischen Islamischen Dschihad. Ausgeklügelte Pläne zur Ergreifung bin Ladens in Afghanistan wurden durch einen Militärputsch in Pakistan vereitelt. Achtundsiebzig Terrorverdächtige wurden insgeheim in Ländern wie Albanien, Bulgarien, Aserbeidschan und den Vereinigten Arabischen Emiraten gefangen gehalten. Sie alle wurden an ein Gefängnis in Kairo überstellt. Ende November verhaftete der jordanische Geheimdienst 16 Personen und beschuldigte sie,
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