FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Januar und Februar arbeitete Richard Clarke mit Dale Watson und dessen Kollegen an 29 Vorschlägen zur Ausweitung des Terrorabwehrprogramms der Vereinigten Staaten. Das Weiße Haus billigte jeden einzelnen und bat den Kongress um 9 Milliarden Dollar für die Umsetzung. Das bedeutete für das FBI die Schaffung gemeinsamer Antiterror-Einsatzgruppen in jeder der 56 Außenstellen, vermehrte Einstellung von Mitarbeitern mit arabischen Sprachkenntnissen und Berichte zu Abhöraktionen in Echtzeit, statt tausende Stunden Abhörtonbänder unbearbeitet liegen zu lassen.
Watson erweiterte diese Zielsetzungen zu einer gewaltigen Initiative, die er MAXCAP 2005 nannte. Das FBI sollte ein echter Nachrichtendienst werden. Jede Außenstelle sollte mit Personal ausgestattet, geschult und ausgerüstet werden, »um Terrorakte zu verhindern und wirksam darauf zu reagieren«. Das FBI sollte strategische, operative und taktische Informationen sammeln, analysieren und weiterleiten. Endlich würde es online gehen und ein Computersystem erhalten, um seine Agenten mit der Welt und miteinander zu vernetzen. So gewappnet, würde das FBI im Krieg gegen den Terror funktionierende Beziehungen zu anderen amerikanischen Geheimdiensten, ausländischen Spionagediensten, einzelstaatlichen und lokalen Polizeibehörden, militärischen und technologischen Vertragsfirmen, dem Justizministerium und dem Weißen Haus aufbauen. [630]
Watson beantragte beim Kongress 381 Millionen Dollar für die Einstellung und Ausbildung von 1900 Terrorabwehragenten, Analytikern und Linguisten. Er bekam Geld für 76 neue Leute. Seine Strategie stellte er sämtlichen Special Agents vor, die Außenstellen leiteten. Fast alle hielten seine Ausführungen für Phantasterei. Er wandte sich an die Ausbildungsabteilung, wo drei Tage des 16-Wochen-Kurses für neue Agenten der nationalen Sicherheit, der Terrorbekämpfung und der Spionageabwehr gewidmet waren. Es würde viel Zeit kosten, den herkömmlichen Lehrplan umzubauen, meinten die Ausbilder.
Im März und April, als sich die Amtszeit Clintons ihrem Ende näherte, ordnete Justizministerin Reno an, Freeh solle seine Versprechen im Bereich Terrorabwehr und Spionageabwehr nun zügig einlösen. »Führen Sie ein System ein, das die Verknüpfung und Weiterleitung von Informationen gewährleistet«, forderte sie. »Sorgen Sie für einen internen Datenfluss und geben Sie Daten dann geschützt an andere Behörden weiter.« Sie trug ihm auf, »nachrichtendienstliche Informationen, die derzeit gesammelt werden und in FBI-Akten enthalten sind«, zu verwerten und dieses Wissen für »die Identifizierung von und den Schutz gegen sich abzeichnende Bedrohungen der nationalen Sicherheit« zu nutzen. Reno sagte, sie habe diesbezüglich Druck gemacht, weil »ich immer wieder auf Hinweise stieß, von denen wir nicht wussten, dass wir sie hatten. Und wenn ich dann mit jemandem sprach, hieß es: ›Warten Sie nur, bis wir auf EDV umgestellt haben.‹« Das Mindeste, was sie erwartete, war eine gewisse Sicherheit, dass das FBI auf den Inhalt seiner eigenen Akten Zugriff hatte. [631]
Der Direktor schluckte seinen Stolz hinunter und beauftragte Bob Dies, Leiter des Bereichs Network Operations bei IBM, die FBI-Computer auf den neuesten Stand zu bringen. Der Experte prüfte die technische Ausstattung des Bureau eingehend. Der durchschnittliche amerikanische Teenager hatte mehr Rechnerleistung zur Verfügung als die meisten FBI-Agenten. Die Außenstellen arbeiteten mit einer digitalen Infrastruktur aus den 1970er Jahren. Sie konnten weder bei Google suchen noch E-Mails an Adressen außerhalb ihres Büros schicken. »Jungs, ihr hängt nicht einmal an der Herzlungenmaschine«, beschied Dies dem FBI-Chef. »Ihr seid tot.« [632]
Die Computersysteme des Bureau sollten überholt werden. Freeh und Dies überzeugten den Kongress, dem FBI ein Dreijahresbudget von 380 Millionen Dollar für die Einführung von Trilogy zu gewähren: neue Computer, Server und Software, damit Agenten Dokumente lesen, Hinweise analysieren und miteinander wie mit der Außenwelt kommunizieren konnten. Fünf Jahre, zehn Projektleiter und fünfzehn IT-Manager später musste das Trilogy-Programm überarbeitet, umgestaltet und neu aufgezogen werden, und die Software wurde ausgemustert. Rund die Hälfte der Mittel waren verschleudert worden.
Als Trilogy im Frühjahr und Sommer 2000 Gestalt annahm, bahnte sich der Zusammenbruch einer ganzen Abteilung des FBI an. Freeh hatte eine
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