FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Gewerkschaften in den Vereinigten Staaten. Danach reiste er, von Moskau finanziert, durchs Land und organisierte die Berg- und Minenarbeiter sowie die Arbeiter in der Automobilindustrie. Während er an die Spitze der Kommunistischen Partei Amerikas aufstieg, wurde er auf Schritt und Tritt durch das Bureau of Investigation verfolgt.
»In der Unterwelt ging die Kunde«
Nach außen hin demonstrierte Präsident Harding Frieden und Versöhnung. Im Herbst 1921 entsandte er eine amerikanische Abordnung, um die Sowjets bei der Bekämpfung einer schweren Hungersnot zu unterstützen. Obwohl über 450000 Tonnen Nahrungsmittel verteilt wurden, verhungerten mindestens fünf Millionen Russen. Mit der Unterzeichnung einer Proklamation beendete er Amerikas Krieg gegen Deutschland. Und er traf die schlagzeilenträchtige Entscheidung, Amerikas führendem Sozialisten Eugene Debs eine Weihnachtsbegnadigung zu gewähren, widerrief dessen zehnjährige Haftstrafe und lud ihn sogar ins Weiße Haus ein.
Doch dieses Weihnachten sorgte William J. Burns vom Bureau of Investigation mit einer verblüffenden Geschichte für die dickeren Schlagzeilen. Wie es schien, hatte Amerikas Oberschnüffler seinen größten Fall gelöst: Das Wall-Street-Attentat sei das Werk Lenins und der Komintern. Die Geschichte war verblüffend: Vier New Yorker Kommunisten hätten 30000 Dollar für den Job bekommen, übergeben durch den Vertreter der sowjetischen Regierung in New York. Aber die Quelle stellte sich als Schwindler heraus, der als professioneller Lockvogel für die Detektivagentur Burns in New York arbeitete. Er hatte behauptet, er habe auf dem Komintern-Kongress in Moskau mit Lenin geplaudert, wo der sowjetische Staatschef sich zufrieden über das Wall-Street-Attentat gezeigt und einen weiteren Terroranschlag auf die Vereinigten Staaten in Auftrag gegeben habe. Es war frei erfunden.
»Burns hinters Licht geführt«, lauteten die Schlagzeilen.
Burns schämte sich nicht einmal, dazu war er zu korrupt. Aber seine alten Laster holten ihn allmählich ein. Er hatte die schlechte Angewohnheit, seine Privatermittler auf die staatliche Gehaltsliste zu setzen. Der größte Ganove unter ihnen trieb beim Bureau of Investigation sein Unwesen: Im Laufe seiner langen Karriere war Gaston Bullock Means wegen Mordes, Diebstahls, Meineids, Urkundenfälschung und Spionage gegen die Vereinigten Staaten angeklagt worden. Trotzdem hatte Burns ihn als Agent für das Bureau of Investigation engagiert und ihn auch, als im Februar 1922 Einzelheiten über seine schmutzige Vergangenheit an die Öffentlichkeit gelangt waren, weiterhin als bezahlten Informanten beschäftigt. Means trieb seine Geschäfte im Justizministerium gemeinsam mit dem politischen Strippenzieher Jess Smith, Daughertys ältestem Freund aus Ohio und seinem Mitbewohner im Wardman Park Hotel in Washington. Jess Smith war der Mann im Justizministerium, wenn es etwas zu deichseln galt.
Die Prohibition, seit 1920 gesetzlich verankert, schuf eine korrupte politische Kultur in Amerika. Im ganzen Land lechzten die Bürger nach verbotenem Schnaps. Die Einnahmen aus dem Alkoholschmuggel förderten die Ausbreitung des organisierten Verbrechens. Alkoholschmuggler zahlten Schutzgelder an Polizisten auf Bundes-, einzelstaatlicher und lokaler Ebene. Die zwielichtigen Verbindungen zwischen Gesetzesbrechern und Gesetzeshütern verliefen von unten bis ganz hinauf in die Spitze. Jess Smith und Gaston Means hatten eine einträgliche Nebenbeschäftigung, sie verkauften von der Regierung konfiszierten Whiskey an Schnapsschmuggler.
»In der Unterwelt ging die Kunde, dass es im Justizministerium einen Mann gab, der ›Probleme regeln‹ konnte«, erinnerte sich Hoover in seinen von einem Ghostwriter verfassten Memoiren, die 1938 erschienen. Darin sind die Machenschaften dokumentiert, die er während der Harding-Jahre miterlebte. Die Masche der politischen Strippenzieher, wie Hoover es sich vorstellte, war unwiderstehlich: »Ich bin ein guter Freund des Präsidenten. Als hoher Beamter im Justizministerium kenne ich jeden im Kabinett […] Wenn Sie mir also den und den Preis pro Fass bezahlen, bekommen Sie so viel Whiskey, wie Sie wollen. Ich will ganz offen mit Ihnen sein, mit meinem Einfluss in Washington kann ich alles regeln […] außer Mord.« [88]
Selbst das Weiße Haus war zu einer Flüsterkneipe geworden. Alice Roosevelt Longworth, die Tochter des verstorbenen Präsidenten, verheiratet mit einem einflussreichen
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