FBI: Die wahre Geschichte einer legendären Organisation (German Edition)
Strategie von Strafermittlern und Agenten, die sich nach ihren Geheimoperationen über spektakuläre Verhaftungen und dicke Schlagzeilen freuen konnten. Dazu bedurfte es zweier wesentlicher Elemente: eines überzeugenden Strohmanns, den man als Informanten einsetzen konnte, und eines leichtgläubigen Verdächtigen als Zielobjekt. Kein Geschworenengericht in Los Angeles, Chicago oder Tuscaloosa ließ den Einwand der »Tatprovokation« eines Terrorverdächtigen zu, der vom FBI in Handschellen abgeführt worden war.
In den folgenden drei Jahren – so lange dauerte es, bis das FBI seinen ersten echten Al-Qaida-Agenten in den Vereinigten Staaten aufspürte – wurde die verdeckte Ermittlung zur Kernstrategie der Terrorbekämpfung in Amerika. Dies machte Mueller am 23. Juni 2006 öffentlich, als er die Verhaftung von sieben Männern in einem Slum in Miami bekanntgab, die der Verschwörung zum Bombenanschlag auf den Sears Tower in Chicago angeklagt wurden, des höchsten Gebäudes in den Vereinigten Staaten. Mueller bezeichnete die Männer als Mitglieder einer »in Amerika entstandenen Terrorzelle […], die ihre Anhänger selbst rekrutiert, selbst ausbildet und Anschläge auf eigene Faust ausführt. Möglicherweise stehen sie weder mit Al-Qaida noch mit einer anderen Terrorgruppe in Verbindung. Sie tauschen Ideen und Informationen in den Schattenbereichen des Internet aus. Ihre Anregungen beziehen sie von radikalen Webseiten, die zur Gewalt aufrufen. Sie finanzieren sich durch Kleinkriminalität, die nicht viel Aufmerksamkeit erregt. Sie folgen keinem Führer, sondern einer Ideologie. Kurzum, sie sind nicht zu erfassen.« [675]
Die Liberty City Seven, wie sie genannt wurden, ein Grüppchen nicht sonderlich intelligenter Kleinkrimineller, hätten mit ihren begrenzten Mitteln und Fähigkeiten allenfalls einen Anschlag auf einen Spirituosenladen verüben können. Ihre Verschwörung war eher Wunsch als Wirklichkeit, »more aspirational than operational«, wie es der stellvertretende FBI-Direktor John Pistole ausdrückte – ein in der Folge vielzitierter Satz. Erst nach drei Prozessen wurden fünf von ihnen verurteilt. Doch es kamen immer neue Fälle terroristischer Bedrohung aus dem Inland ans Licht. Ein verdeckter FBI-Ermittler in Illinois observierte einen zweiundzwanzigjährigen Ganoven, der für vier angeblich echte Handgranaten seine Stereolautsprecher verkauft hatte. Er sagte, er habe in der Weihnachtswoche 2006 Besucher eines Einkaufszentrums bei Chicago töten wollen. In einem anderen Fall beobachtete ein ehemaliger Green Beret in Ohio zwei aus Jordanien stammende amerikanische Staatsbürger, die Gewichte stemmten, Steroide schluckten und davon redeten, amerikanische Soldaten im Irak zu töten.
Mehr als die Hälfte der umfangreicheren Ermittlungen, die das FBI zwischen 2007 und 2009 gegen Terrorverdächtige führte, waren verdeckte Ermittlungen. Am 8. Mai 2007 veröffentlichte das Bureau eine spektakuläre Anklage gegen Verschwörer, die einen Anschlag mit schweren Waffen auf einen Militärstützpunkt in Fort Dix, New Jersey, geplant hatten. Die Anführer waren drei Haschisch rauchende Kleinkriminelle zwischen zwanzig und dreißig, allesamt illegale Einwanderer aus Albanien, und deren Schwager, ein palästinensischer Taxifahrer. Sie hatten sich in einer Schießanlage auf Video aufgenommen und dabei gerufen »Gott ist groß« und die Aufnahme in einem Videoladen auf eine DVD überspielen lassen. Das FBI, von dem Angestellten informiert, schleuste einen Informanten in die Gruppe ein, der anbot, ihnen Sturmgewehre und Granaten zu besorgen. Noch alarmierender war der Fall eines dreiundsechzigjährigen Verdächtigen, der früher am Kennedy-Flughafen in New York gearbeitet hatte. Er wurde am 3. Juni 2007 verhaftet und wegen Verschwörung zum Anschlag auf Kerosintanks und -leitungen in der Umgebung der Terminals angeklagt. Der Informant, ein rechtskräftig verurteilter Kokaindealer, nahm seine Zielperson auf Tonband auf. »Den John F. Kennedy-Flughafen zu sprengen, wow«, sagte der Verdächtige. »Sie lieben den JFK – genauso wie den Mann. Wenn du den hochgehen lässt, wird das ganze Land trauern. Es ist, als würde man den Menschen noch einmal töten.« [676]
Ein einunddreißigjähriger ehemaliger Mitarbeiter der Fernmeldeaufklärung der Marine wurde am 5. März 2008 aufgrund einer sieben Jahre zuvor verschickten E-Mail verurteilt. Der Angeklagte Paul Hall hatte den Namen Hassan Abu-Jihad angenommen, was
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